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30 juin 2025 Zentralisierung von Sportrechten Teil 2: Chancen, Risiken und regulatorische Hürden

Im Teil 1 zu diesem Beitrag, der das Vorgehen bei einer beabsichtigten Bündelung von Sportrechten darstellt, haben wir eine erste Auslegeordnung vorgenommen und geklärt, welche Sportrechte für eine Zentralisierung überhaupt vernünftigerweise in Frage kommen. Im nächsten Schritt muss sich eine Sportorganisation auch die Frage stellen, ob das Zentralisierungsvorhaben einen entsprechenden sportlichen, strategischen und wirtschaftlichen Mehrwert bringt. Zudem gilt es, den regulatorischen Rahmen zu berücksichtigen.
 

 

Weshalb eine Zentralisierung von Sportrechten Sinn machen kann

Nebst der Auslegeordnung vorhandener Rechte ist als weiterer Ausgangspunkt in strategischer Hinsicht zu klären, ob eine Zentralisierung tatsächlich einen wirtschaftlichen Mehrwert für die eigene Sportart bringt. Hier handelt es sich zunächst nur um eine geschäftliche Evaluierung des Potenzials eines solchen Zentralisierungsvorhabens auf der Metaebene. Diese erfolgt oft noch bevor eine Sportorganisation im Detail prüft, welche Rechte sie tatsächlich zentralisieren will, damit sie später darauf basierend die wahrscheinlichen wirtschaftlichen Szenarien und Business Cases berechnen kann. Solche Überlegungen sind jedoch entscheidend, auch um die spätere Argumentationslinie bei den zahlreichen von einem solchen Zentralisierungsvorhaben betroffenen Anspruchsgruppen und deren Rechte vorzubereiten und um ein Verständnis als Ausgangspunkt für die zahlreichen notwendigen Vertragsverhandlungen mit diesen zu schaffen. Bei einer solchen Analyse fallen beispielsweise die folgenden Punkte in Betracht:

1. Das zentralisierte Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile

Eine Zentralisierung kann zu einer deutlichen Verbesserung der Kundenfreundlichkeit führen, und das sowohl aus B2B-Sicht gegenüber den Rechteverwertern (wie Sponsoren, Werbetreibenden oder Broadcastern), als auch aus B2C-Sicht gegenüber Endkunden (also den Zuschauern einer Sportveranstaltung). Gegenüber den Rechteverwertern zeigt sich das vor allem darin, dass sie sich nur an eine zentrale Stelle wenden können und nicht verstreute Rechte in unterschiedlichen Märkten mit unterschiedlichen Rechtepaketen zu unterschiedlichen Konditionen einkaufen müssen.

Solange Sportrechte verstreut bei unterschiedlichsten Rechteinhabern zur Vermarktung oder anderen Nutzung liegen, kann ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber solchen Sportarten oder Unterhaltungsplattformen bestehen, die einheitlich organisiert sind. Das wiederum kann zu Verkaufsverlusten führen, da die Rechteverwerter den Aufwand von Verhandlungen mit unterschiedlichsten Rechteinhabern scheuen, um letztlich gegenüber ihren eigenen Kunden ein einheitliches Produkt zu bieten, das die Rechteinhaber auch für wirksame Branding- und Kommunikationsmassnahmen nutzen können. Eine solche Dynamik bei verstreut liegenden Sportrechten kann allen Anspruchsgruppen und der betreffenden Sportart insgesamt schaden, da ihnen potenzielle Einnahmen entgehen. Umgekehrt kann eine Zentralisierung gerade aufgrund dieser Effekte zu insgesamt gesteigerten Einnahmen führen. So ist es beispielsweise kein Geheimnis, dass exklusive Sportinhalte mitunter die besten Renditen von aufgewendeten Werbekosten abwerfen, da es sich bei Sportveranstaltungen um eines der letzten Unterhaltungsformate handelt, das die Konsumenten noch tatsächlich live verfolgen.

Zudem ist die Sportart durch die Einheitlichkeit der Gestaltung und Umsetzung der Wettkämpfe, Ligen und sonstigen Sportveranstaltungen oder der Vermarktung auch für die Zuschauer verständlicher: Die Präsentation und Qualität der Sportveranstaltungen und deren Vermarktung ist kontinuierlicher, und die Sportart kann einfacher eine eigene, verständliche Marke aufbauen, plattformübergreifend den Zuschauern Geschichten der Akteure erzählen, den Spannungsbogen über alle unter eine Sportart fallenden Sportveranstaltungen ziehen und damit mehr Aufmerksamkeit der Zuschauer im Wettbewerb mit anderen Unterhaltungsangeboten erzielen.

2. Wer den Sport organisieren kann, hat auch mehr Flexibilität und Potenzial bei der Vermarktung

Normalerweise verfügen die übergeordneten Sportorganisationen (wie die internationalen Sportverbände) über die Befugnis und die Möglichkeit, ihren Sport zu strukturieren, also zum Beispiel Änderungen von Wettkampfregeln zur Steigerung der Attraktivität vorzunehmen, die Spielzeiten anzusetzen oder insgesamt den Wettkampfkalender zu definieren. Wenn Sportrechte bei einer zentralen Stelle liegen, die zugleich Regelgeber ihrer Sportart ist, ergibt sich die Möglichkeit, die Strukturierung des Sports so zu gestalten, um auf die Bedürfnisse der Hauptgeldgeber (insbesondere der Erwerber von Medienrechten, der Sponsoren, Werbetreibenden und Zuschauer) gezielter, effektiver und flexibler zu reagieren. Wenn Sportrechte verstreut sind, kann die übergeordnete Sportorganisation oft kaum auf die Strukturierung ihrer Sportart derart effektiv Einfluss nehmen, dass dies letztlich für alle Märkte einen Mehrwert bietet, da diese unter Umständen unterschiedliche Verpflichtungen mit ihren Geldgebern eingegangen sind. Eine übergeordnete Sportorganisation kann hingegen durch die gezielte Strukturierung mehr kommerzielle Möglichkeiten zur Vermarktung schaffen und diese auch entsprechend den Bedürfnissen der Käufer anbieten, zum Beispiel indem unterschiedliche Wettkampfformate oder einzelne Disziplinen einer Sportart so, wie es wirtschaftlich am sinnvollsten ist, flexibel gebündelt und verwertet werden.

3. Zentralisierung kann zur einheitlichen Nutzung der Sportrechte führen

Eine Zentralisierung kann Sportrechte vereinheitlichen oder so gestalten, dass über die ganze Sportart oder eine ganze Liga die Sportrechte einheitlich verteilt und überall gleich (oder zumindest ähnlich) genutzt werden können. Dies hat den Vorteil, dass alle an den Sportrechten einer Sportart oder Sportliga beteiligten Akteure sodann über gleiche Bedingungen verfügen. So bedingen sich Inhaber von Medienrechten bei der Vermarktung und Einräumung solcher Rechte an Dritte regelmässig bestimmte Rechte aus, die der Inhaber dann trotz der Vermarktung weiterhin nutzen kann (sogenannte "Vorbehaltsrechte" oder "Reserved Rights").

Wenn also eine Sportorganisation trotz der Einräumung von Medienrechten an einen (Host) Broadcaster beispielsweise für sich selbst oder für ihre Sportveranstalter, Sponsoren oder Athleten Rechte zur Nutzung des produzierten Signals (zum Beispiel Near-Live oder nachverwertend) ausbedingt und die Nutzung bei allen internationalen Austragungsorten identisch ist, so besteht weltweite Klarheit über die Nutzung solcher Reserved Rights. Wenn also die Reserved Rights weltweit einheitlich ausgestaltet sind, also wenn Akteure wie Sportveranstalter, Sponsoren oder Athleten Reserved Rights erhalten (was die Nutzung von Bildern aus dem TV-Signal nach einer bestimmten Embargofrist auf ihren eigenen Plattformen mit einer bestimmten Maximaldauer ermöglicht), obwohl die Sportorganisation für ein Territorium die Medienrechte einem Broadcaster eingeräumt hat, so stellen sich keine Fragen oder unnötige Komplikationen mit Bezug auf Geoblocking. Wenn demgegenüber einzelne Akteure in gewissen Territorien eben nicht über solche Reserved Rights verfügen und in anderen schon, ergeben sich teilweise unüberwindbare Hürden zur Nutzung dieser Reserved Rights (zum Beispiel, wenn gewisse Social-Media-Plattformen Geoblocking gar nicht erlauben).

4. Zentralisierung kann die Kommerzialisierungsmöglichkeiten und die Nutzung für den Sport erweitern

Zuletzt sei noch auf den Trend hingewiesen, dass immer mehr Sportarten zentrale digitale Plattformen bauen, die den Fans mittels verschiedener Applikationen weltweit gebündelte und personalisierte Zusatzinformationen zu den Sportveranstaltungen liefern und die den Sportorganisationen neue wertvolle Möglichkeiten zur Nutzung und Analyse von allerlei Leistungsdaten (zum Zweck der Verbesserung der eigenen Leistung oder für das Scouting) bieten. Das betrifft unter anderem sowohl die Bereiche Marketing/Fan Engagement wie über Zuschauerstatistiken, Ticketing etc. als auch den Bereich Sports Perfomance, wobei dem Spitzensport mittels solcher Plattform hilfreiche Daten geliefert werden können. Solche zentralen digitalen Plattformen über einen ganzen Sport beziehungsweise dessen Liga oder Wettkampfserie hinweg ist jedoch nur möglich, wenn die dafür erforderlichen Sportrechte an zentraler Stelle liegen. Zudem ermöglichen solche digitalen Plattformen regelmässig auch den Aufbau eines (intelligenten) Archivs, was eine spätere Lizenzierung von Sportrechten ermöglicht; zum Beispiel für Werbetreibende (z.B. Raiffeisen will Action-Bilder von Marco Odermatts Sprung am Hundschopf für einen Werbespot) oder zur Umsetzung von Filmprojekten und Dokumentationen wie die Netflix-Serie "Drive to Survive" über die Formel 1.

Gerade wenn eine Sportorganisation die Herrschaft über die aus einem TV-Signal gezogenen Daten (z.B. Statistiken, sportliche Analysen) behalten oder dieses TV-Signal für sportliche oder andere Zwecke (beispielsweise im Zusammenhang mit Applikationen) nutzen will, so wäre ein solches Unterfangen Sportarten- oder Liga-übergreifend wohl nur über eine Zentralisierung zu bewerkstelligen. Zudem muss eine Sportorganisation hier darauf achten, dass sie bei der vertraglichen Einräumung von Medienrechten an Broadcaster oder andere Verwerter sich ebendiese Nutzungsmöglichkeiten ausbedingt (z.B. mittels Carve-Out).

Wie steht es um die Risiken und Gefahren eines Zentralisierungsvorhabens?

Im Gegensatz zu den oben angeführten Punkten, die für eine Zentralisierung sprechen können, muss sich eine Sportorganisation allerdings immer auch die Frage stellen, welche Risiken mit einer solchen Zentralisierung verbunden sind. Nebst rechtlichen Risiken ist dabei auch einzuschätzen, wie gross der Aufwand ausfallen wird, ob die aktuellen Rechteinhaber voraussichtlich ebenfalls von einem solchen Vorhaben überzeugt sind und von welchen Seiten Gegenwind kommen kann, der letztlich den Versuch zur Umsetzung einer Zentralisierung verunmöglichen oder nur mit unangemessenem und unverhältnismässigem Aufwand ermöglichen könnte.

Der Aufwand eines solchen Vorhabens ist in jedem Fall nicht zu unterschätzen. Insbesondere müssen zu Beginn die verschiedensten Akteure, die teils selbst über in Frage kommende Rechte verfügen (wie zum Beispiel die untergeordneten Sportorganisationen und deren Organe, Sportveranstalter, Broadcaster, Sponsoren oder Agenturen in verschiedensten Ländern), überzeugt werden, wobei jeder dieser Akteure in den nachfolgenden Vertragsverhandlungen zur Herbeiführung einer solchen Zentralisierung basierend auf deren Interessenlage im Vergleich zum Status Quo bessergestellt werden muss (andernfalls kann ein solches Vorhaben rasch an Interesse verlieren). Wichtig ist dabei für eine Sportorganisation, die Rechte zentralisieren will, zu eruieren, welche die im Ökosystem einer Sportart oder -liga über solche Rechte verfügenden Akteure besonders entscheidend sind. Wenn diese Rechte gesichert sind oder diese Schlüsselakteure zumindest hinter einem solchen Vorhaben stehen, fallen auch die weiteren Verhandlungen leichter.

Die besondere Stellung von Sportorganisationen: Regulatorische Einschränkungen

Bei der Prüfung im Rahmen der Ausgangslage, ob eine Zentralisierung von Sportrechten Sinn macht, sind neben den vorstehenden Überlegungen auch regulatorische Vorgaben zu beachten.

Im Vordergrund stehen dabei kartellrechtliche Überlegungen, weil übergeordnete Sportorganisationen mit zentralisierten Sportrechten schnell als einziger Anbieter dieser Rechte in ihrer Sportart am Markt für solche Rechte teilnehmen. Die kartellrechtlichen Bestimmungen gelten für jeden wirtschaftlichen Wettbewerb, wobei der Sport nicht vom Anwendungsbereich ausgenommen ist und auch beispielsweise internationale Sportverbände als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts gelten. Zudem fallen internationale Sportverbände oftmals auch unter das Wettbewerbsrecht der EU oder anderer Regionen der Welt, da sie unter anderem in der Vermarktung grenzüberschreitend handeln.

Dabei können vielerlei kartellrechtlich relevante Sachverhalte vorliegen: Die Verwertung von Medien- und Sponsoringrechten geht beispielsweise beinahe ausnahmslos mit Exklusivitätsvereinbarungen (mit Bezug auf Territorien und Medien) einher (wobei solche Exklusivitätsvereinbarung nicht per se widerrechtlich sind, die Gültigkeit solcher Vereinbarungen ist jedoch im Einzelfall zu klären). Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass durch die zentralisierte Vermarktung Preise vereinheitlich werden können (wobei sie bei fragmentiertem Angebot untergeordneter Sportorganisationen jeweils unterschiedlich waren) oder dass die Zentralisierung von Rechten bei einer einzigen übergeordneten Sportorganisation eine kartellrechtlich relevante marktbeherrschende Stellung bedeuten kann. Gleichzeitig hat sich eine europäische Praxis und Rechtsprechung etabliert, die aufgrund der besonderen Merkmale des Sports gewisse Wettbewerbsbeschränkungen zulässt, sofern sie zur Erreichung von legitimen, sportlichen Zielen unerlässlich sind.

Es empfiehlt sich in jedem Fall, zu Beginn eines Zentralisierungsvorhabens eine entsprechende wettbewerbsrechtliche Abklärung durchzuführen und diese zu dokumentieren. Dies ist insofern entscheidend, als dass die betreffenden Sportorganisationen und beteiligten Personen nicht nur sanktioniert werden können, sondern dass auch die im Rahmen einer Zentralisierung geschlossenen Verträge bei kartellrechtswidrigen Inhalten ganz oder teilweise nichtig werden können. Im Rahmen einer solchen Abklärung sollten auch weitere regulatorische Vorgaben berücksichtigt werden, zumal insbesondere auch medienrechtliche Einschränkungen für ein Zentralisierungsvorhaben relevant sein können, zudem sind persönlichkeitsrechtliche Schranken zu beachten und solche, die von übergeordneten Sportregularien vorgeschrieben sind.

In einem der nächsten Beiträge gehen wir darauf ein, wie der Prozess eines Zentralisierungsvorhabens weiter voranzutreiben ist und welche konkreten Schritte eine damit befasste Sportorganisation dabei anzudenken und umzusetzen hat.

Autoren: Moritz Jäggy, Sven Hintermann

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