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3. Juli 2025 Ausländischer Insolvenzverwalter: Befugnis zum Arrest?

Update Letter Nr. 165

Ein ausländischer Konkursverwalter kann in der Schweiz nicht uneingeschränkt tätig werden. Anerkennungsverfahren gemäss IPRG stehen im Raum. Darüber hinaus sind Staatsverträge von Schweizer Kantonen mit dem Königreich Bayern und der Krone Württemberg aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts nach wie vor in Kraft. 

Für die Einleitung von Arrestverfahren gilt Folgendes:

1.
Ein ausländischer Konkursverwalter ist in der Schweiz einzig berechtigt, die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets sowie den Erlass sichernder Massnahmen zu beantragen (Art. 166 Abs. 1 und 168 IPRG) und – nach erfolgter Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz – gestützt auf Art. 171 IPRG Anfechtungsansprüche gemäss Art. 285 ff. SchKG (oder andere Ansprüche) einzuklagen, sofern das schweizerische Konkursamt und die kollozierten Gläubiger darauf verzichtet haben.

2.
Ein ausländischer Konkursverwalter ist nicht befugt, in der Schweiz Betreibungshandlungen vorzunehmen, u.a. auch nicht eine Klage gegen einen angeblichen Schuldner des Konkursiten zu erheben. Ob dem ausländischen Konkursverwalter die Prozessführungsbefugnis zukommt, ist sowohl für die Prozessführung vor Gerichten als auch für jene vor anderen staatlichen Behörden – wie den Vollstreckungsbehörden – massgebend.

3. 
Dem ausländischen Konkursverwalter fehlt damit grundsätzlich die Prozessführungsbefugnis für die Einleitung von Arrestverfahren, soweit Art. 166 ff. IPRG zur Anwendung gelangen. Wird in diesem Verfahren auf Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets aber auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens gemäss Art. 174a Abs. 4 IPRG verzichtet, kann der ausländische Konkursverwalter unter Beachtung des schweizerischen Rechts sämtliche Befugnisse ausüben, die ihm nach dem Recht des Staates der Konkurseröffnung zustehen, insbesondere ein Arrestverfahren einleiten.

4.
Mit dem Antrag auf Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets durch den ausländischen Konkursverwalter kann das Gericht, welches mit diesem Antrag befasst ist, sichernde Massnahmen gemäss Art. 168 IPRG, z.B. die Anordnung eines Güterverzeichnisses gemäss Art. 162 ff. SchKG oder Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch gemäss Art. 961 ZGB, anordnen. Wird auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens verzichtet, kann der ausländische Konkursverwalter die durch solche Massnahmen gesicherten Vermögenswerte des Schuldners durch einen Arrest ablösen. Wird das Hilfskonkursverfahren durchgeführt, fallen die gesicherten Vermögenswerte in die Hilfskonkursmasse.

5.
Dem ausländischen Konkursverwalter steht die Prozessführungsbefugnis aber zu und er kann Arrestverfahren ohne ein vorhergehendes Anerkennungsverfahren einleiten, falls Art. 166 ff. IPRG nicht zur Anwendung gelangen, weil eine staatsvertragliche Regelung vorgeht (Art. 1 Abs. 2 IPRG). Dies betrifft Verfahren im Anwendungsbereich der Staatsverträge von verschiedenen Schweizer Kantonen mit der Krone Württemberg und dem Königreich Bayern. Diese Staatsverträge sind nach wie vor in Kraft (BGE 150 III 268; vgl. zu den Vorbehalten bzgl. Pfandrechten und Grundstücken die Kommentierung im BSK zu Art. 30a SchKG).

 

Zitiervorschlag: Felix C. Meier-Dieterle, www.arrestpraxis.ch - update 165 / 03.07.2025

 

Autor: Felix C. Meier-Dieterle

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