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3. Dezember 2021 Was Drohnenbetreiber von heute über die Drohnenregulierung von morgen wissen müssen

Die Übernahme der EU-Drohnenregulierung in das Schweizer Recht ist ins Stocken geraten. Wir zeigen nachfolgend auf, wie es dazu kam, und was dies für Schweizer Drohnenbetreiber bedeutet. Das wichtigste vorweg: Da trotz der Verzögerungen eine relativ baldige Übernahme der entsprechenden EU-Verordnungen in das Schweizer Recht wahrscheinlich ist, sollten sich hiesige Drohnenbetreiber besser heute als morgen mit den neuen Regeln vertraut machen.

Ausgangslage

Die Verordnung (EU) 2018/1139 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2018 (die "EASA-Grundverordnung") hat der EU die Kompetenz verliehen, unbemannte Luftfahrzeugsysteme (unmanned aircraft systems) ("UAS"), d.h., Luftfahrzeuge, die ohne einen an Bord befindlichen Piloten autonom oder ferngesteuert betrieben werden oder dafür konstruiert sind (einschliesslich unbemannte Flugzeuge, Hubschrauber, Segelflugzeuge und Motorsegler), umfassend zu regulieren. Gestützt auf die Ermächtigungen in Art. 57 und 58 der EASA-Grundverordnung hat die EU-Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 vom 24. Mai 2019 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge (die "EU-Verordnung 2019/947") und die Delegierte Verordnung (EU) 2019/945 vom 12. März 2019 über unbemannte Luftfahrzeugsysteme und Drittlandbetreiber unbemannter Luftfahrzeugsysteme (die "EU-Verordnung 2019/945") erlassen. Die EU-Verordnung 2019/947 ist seit dem 31. Dezember 2020 in der EU anwendbar und sollte ursprünglich mit Wirkung per Anfang 2021 in das Schweizer Recht übernommen werden.

Sie verpflichtet UAS-Betreiber unter anderem, sich als solche zu registrieren, ein Onlinetraining zu absolvieren und eine Onlineprüfung abzulegen. Weitere bedeutsame Einschränkungen im Vergleich zur bisherigen – liberalen – Schweizer Drohnenregulierung sind die beim UAS-Betrieb in der offenen Kategorie geltende maximale Flughöhe von 120 m über Grund und höchstzulässige Startmasse von weniger als 25 kg (siehe zum Ganzen unseren Blog-Beitrag vom 24. Februar 2020). Es ist vor diesem Hintergrund nicht weiter verwunderlich, dass die geplante Übernahme der EU-Verordnung 2019/947 in das Schweizer Recht nicht nur auf Gegenliebe gestossen ist.

Verzögerungen bei der Übernahme der EU-Drohnenregulierung

Die EU-Verordnung 2019/947 teilt den Betrieb von UAS risikobasiert in drei Hauptkategorien ("offen", "speziell" und "zulassungspflichtig") und weitere Unterkategorien ein, macht aber grundsätzlich keinen Unterschied zwischen dem Betrieb von "Drohnen" und traditionellen "Modellflugzeugen" – beide gelten als UAS. Immerhin kann die zuständige Behörde unter gewissen Voraussetzungen auf Antrag eines Flugmodell-Vereins eine Genehmigung für den UAS-Betrieb im Rahmen des Flugmodell-Vereins erteilen (Art. 16 der EU-Verordnung 2019/947).

Dennoch reichte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats am 30. Juni 2020 die Motion 20.3916 betreffend die Ausnahme des Modellflugs von der EU-Drohnenregelung (die "Motion") ein. Demnach sollte der Bundesrat beauftragt werden, bei der Übernahme der EU-Verordnung 2019/947 den traditionellen Modellflug auszunehmen und unter nationalem Recht zu belassen. Begründet wurde die Motion unter anderem damit, dass ein faktischer Vereinszwang für grosse Teile des Modellflugs in der Schweiz nicht angebracht sei. Zudem seien Schäden oder Verletzungen zum Nachteil Dritter äusserst selten und die Schweizer Modellflugvorschriften seien bewährt, einfach und praxisorientiert. Der Nationalrat und der Ständerat haben die Motion am 10. September bzw. 8. Dezember 2020 angenommen.

Konsequenzen und nächste Schritte

Vor diesem Hintergrund kann die EU-Verordnung 2019/947 vorläufig nicht in das Schweizer Recht übernommen werden. Folglich gilt sowohl für den Betrieb von "Drohnen" als auch für traditionelle "Modellflugzeuge" weiterhin das bestehende Schweizer Recht.

Die Verzögerung bei der Übernahme der EU-Verordnung 2019/947 hat aber auch Folgen für die Übernahme der EU-Verordnung 2019/945. Die EU sieht diese beiden Verordnungen offenbar als Paket, weshalb die Übernahme der EU-Verordnung 2019/945 nur möglich sein soll, wenn auch die EU-Verordnung 2019/947 übernommen wird. Die Erstere regelt insbesondere die Anforderungen an die Konstruktion und Herstellung von UAS, die für den Betrieb gemäss den in der EU-Verordnung 2019/947 festgelegten Vorschriften bestimmt sind, und ist mit Blick auf einen gleichwertigen Zugang zum EU-Markt für die Schweizer Drohnenindustrie (einschliessen den zahlreichen Drohnen-Startups) von erheblichem Interesse.

Der Bundesrat befindet sich derzeit im Austausch mit der EU-Kommission über die Umsetzung der Motion. Eine Übernahme der EU-Verordnung 2019/947 in das Schweizer Recht erscheint jedoch wahrscheinlich, weshalb es auch für hiesige UAS-Betreiber ratsam ist, sich schon heute mit den neuen (EU-)Regeln auseinanderzusetzen.

Mit Blick auf eine mögliche zeitnahe Übernahme der EU-Verordnung 2019/947 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im August 2021 mit UAS.gate eine Plattform lanciert, welche auf freiwilliger Basis eine Registrierung als UAS-Betreiber ermöglicht. Zudem können UAS-Betreiber einen Onlinelehrgang absolvieren und eine Onlineprüfung ablegen. Weil die Schweiz die EU-Verordnung 2019/947 wie erwähnt noch nicht übernommen hat, gilt sie gegenüber der EU derzeit aber noch als Drittstaat. Entsprechend wird eine in der Schweiz freiwillig vorgenommene Registrierung in der EU ebenso wenig anerkannt wie ein auf UAS.gate absolviertes Onlinetraining oder eine auf dieser Plattform abgelegte Onlineprüfung; diejenige Person, die ein UAS im Ausland betreiben will, muss sich grundsätzlich in dem EU-Staat registrieren, in welchen die erste Operation stattfinden soll.

U-Space nimmt Fahrt auf

Zu keinen nennenswerten Verzögerungen kommt es hingegen im Zusammenhang mit dem Schweizer U-Space (siehe zum Ganzen unseren Blog-Beitrag vom 24. Februar 2020) – im Gegenteil: Mittlerweile hat jeder UAS-Betreiber Zugriff auf eine Smartphone- und Web-App, die der Planung und Durchführung von UAS-Operationen dient. Diese Skyguide U-Space-App stellt beispielsweise auf einer interaktiven Karte wichtige allgemeine und ortsspezifische Einschränkungen und Beschränkungen für den UAS-Betrieb dar, ermöglicht die Aufgabe und Anpassung von Flugplänen und warnt den UAS-Betreiber in Echtzeit, wenn sich die Flugbahn von anderen UAS oder bemannten Flugobjekten mit dem Einsatzgebiet des eigenen UAS kreuzen könnte. Soll das UAS unter den U-Space Facility Maps (UFM) um die Flugplätze Zürich, Genf, Lugano oder Dübendorf betrieben werden, wird sogar direkt über die Skyguide U-Space App automatisch eine Genehmigung der Skyguide angefordert.

Auch auf europäischer Ebene nimmt U-Space Fahrt auf: Im April dieses Jahres hat die EU drei Verordnungen zur Etablierung eines EU-weiten U-Space veröffentlicht, nämlich, (i) die Durchführungsverordnung (EU) 2021/664 vom 22. April 2021 der Kommission über einen Rechtsrahmen für den U-Space, (ii) die Durchführungsverordnung (EU) 2021/665 der Kommission vom 22. April 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/373 der Kommission hinsichtlich der Anforderungen an Anbieter, die Flugverkehrsmanagementdienste/Flugsicherungsdienste und sonstige Netzfunktionen des Flugverkehrsmanagements in dem im kontrollierten Luftraum ausgewiesen U-Space-Luftraum erbringen und (iii) die Durchführungsverordnung (EU) 2021/666 der Kommission vom 22. April 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 923/2012 hinsichtlich der Anforderungen an den Flugbetrieb der bemannten Luftfahrt im U-Space-Luftraum. Dieses regulatorische Paket gilt ab dem 26. Januar 2023. Weil UAS-Operationen in Zukunft vermehrt auch grenzüberschreitend erfolgen werden, ist zu begrüssen, dass die Schweiz sich an der Erarbeitung der erwähnten EU-Verordnungen aktiv beteiligen konnte und die Skyguide Wert darauf legt, dass der Schweizer U-Space mit dem demjenigen der EU kompatibel ist.

Das VISCHER-Team Transport/Luftfahrt wird Sie über Entwicklungen in diesem Bereich weiter auf dem Laufenden halten und unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung der neuen Drohnenregulierung.

Autoren: Flavio Langenegger, Urs Haegi, Peter Kühn

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