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Kategorien: Arbeitsrecht, Blog
Viele Arbeitgeber lassen ihre Mitarbeitenden momentan von zu Hause aus arbeiten. Trotz oder gerade aufgrund der räumlichen Trennung der Mitarbeitenden kommt es auch im Homeoffice zu Konflikten zwischen Arbeitnehmern oder mit Vorgesetzten, bis hin zu eigentlichem Mobbing bzw. Bossing (im Falle von Mobbing durch den Vorgesetzten gegenüber Untergebenen): Plötzlich wird ein Mitarbeitender im E-Mail-Verteiler andauernd "aus Versehen" vergessen, nicht oder erst auf den letzten Drücker zum wichtigen Online-Meeting eingeladen oder eben an diesem vor den anderen Mitarbeitenden und/oder Kunden kritisiert. Ebenso führt die vermehrte Durchführung von solchen Online-Meetings und Videokonferenzen dazu, dass die Mitarbeitenden Dritten Einblick in ihre Privatsphäre und damit Angriffspotential geben. Nun können auch über die Einrichtung oder die angeblich unpassende (Alltags-)Kleidung eines Mitarbeitenden (im Gruppen-Chat) Bemerkungen gemacht werden. Kurz gesagt, Homeoffice kann sog. Cyber- oder Remote-Mobbing am Arbeitsplatz fördern. Diesem Phänomen müssen die Arbeitgeber nun mit geeigneten Massnahmen begegnen.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht qualifiziert ein systematisches, feindliches und über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll, als Mobbing. Wenn eben diese Verhaltensweisen in erster Linie über elektronische Kommunikationsmittel erfolgen, liegt sog. Cyber- oder Remote-Mobbing vor.
(Cyber-)Mobbing ist jedoch nur schwer zu erfassen und zu beweisen, weil es aus einer Vielzahl feindseliger Einzelhandlungen besteht, welche für sich allein betrachtet wohl noch als ertragbar erscheinen mögen. Entscheidend für die Frage, ob von Mobbing oder Bossing auszugehen ist, dürfte daher die Dauer/systematische Wiederholung einzelner – wenn auch teilweise fast unmerklich – schikanöser Handlungen sein, welche schliesslich zu einer Persönlichkeitsverletzung oder sogar einer Gesundheitsstörung führen. Zudem qualifizieren verschieden Handlungen oder Sachverhalte gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht als Mobbing. Mobbing liegt beispielsweise noch nicht vor bei einer schlechten Arbeitsatmosphäre oder bei Personalmangel, bei der Aufforderung zur Arbeitspflicht sowie der berechtigten Kritik am Arbeitnehmer.
Auch wenn Mobbing oder Bossing meist nur schwierig festzustellen ist, handelt es sich leider um ein weitverbreitetes Phänomen. Da der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, die Mitarbeitenden – u.a. durch geeignete Schutzmassnahmen – vor persönlichkeitsverletzenden Handlungen zu schützen (Art. 328 OR), muss er in diesem Zusammenhang und nun insbesondere auch betreffend Remote-Mobbing handeln. Gestützt auf diese Fürsorgepflicht hat der Arbeitgeber einerseits ein Arbeitsumfeld zu schaffen, indem für Mobbing möglichst kein Raum besteht. Dies kann durch den Erlass von entsprechenden Weisungen und Reglementen oder auch – was effektiver sein dürfte – durch die Gestaltung des Arbeitsalltages gemacht werden. Auch im Homeoffice sollten regelmässige Team- und Einzelbesprechungen stattfinden. Sollte der Vorgesetzte feststellen, dass Mitarbeitende geschnitten werden oder ähnliches, sollte er dies umgehend ansprechen und soweit möglich unterbinden. Ebenso sollten interne – oder auch externe – Anlaufstellen geschaffen werden, an welche sich Mitarbeitende bei Verdacht von Mobbing wenden können. Andererseits hat der Arbeitgeber im Falle eines gemeldeten oder selbst festgestellten Mobbings die Vorwürfe abzuklären und geeigneten Massnahmen zu treffen (wie auch in anderen Konfliktsituationen). In Frage kommen etwa interne oder externe Aussprachen und Schlichtungsbemühungen, das Aufstellen von Verhaltensregeln, Erteilen von Weisungen an den Mobbingtäter, interne Versetzungen oder ultimativ das Aussprechen von Kündigungen. Die Wahl der zu treffenden Massnahmen hängt von den Umständen des Einzelfalls und der Natur des Konflikts ab. Die entsprechenden Massnahmen und insbesondere Schlichtungsbemühungen sollten aber auf jeden Fall schriftlich dokumentiert werden.
Bei Entlassungen in Mobbingsituationen ist besondere Vorsicht geboten. Im schweizerischen Arbeitsrecht gilt zwar die sog. Kündigungsfreiheit: Der Arbeitgeber muss grundsätzlich weder einen bestimmten Kündigungsgrund geltend machen noch muss ein solcher vorliegen muss. Im Falle (des Verdachts) von Mobbing kann der Arbeitgeber aber nicht ohne Weiteres einer der Konfliktparteien kündigen. Eine solche Kündigung qualifiziert möglicherweise als missbräuchlich. Vielmehr hat der Arbeitgeber zunächst – wie vorstehend aufgezeigt - alle geeigneten und angemessenen Massnahmen zur Konfliktentschärfung zu ergreifen. Erst wenn diese keine Wirkung zeigen, ist die Entlassung einer der Konfliktparteien in Betracht zu ziehen. Diesfalls kann sogar eine Kündigung des Mobbingopfers gerechtfertigt bzw. nicht missbräuchlich sein (was allerdings nicht unumstritten ist). Bei Fragen zum Thema steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit zur Verfügung.
Autoren: Jeannine Dehmelt, Marc Ph. Prinz
Rechtsanwältin
Rechtsanwalt
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