VISCHER ist eine Schweizer Anwaltskanzlei, die sich der rechtlichen Lösung von Geschäfts-, Steuer- und Regulierungsfragen widmet.
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Kategorien: Digital Business Law Bites, Blog
Mit der Reihe "Digital Business Law Bites" geben wir einen kleinen Einblick in die Fülle unserer Erfahrungen und Klientenprojekte rund um digitale Geschäftsprozesse.
Die Bedeutung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ("AGB") hat insbesondere im eCommerce in den letzten Jahren stark zugenommen. Werden die von Gesetz und Rechtsprechung festgelegten Anforderungen eingehalten, können AGB auch im eCommerce-Bereich relativ problemlos zum Vertragsbestandteil erhoben werden. Dabei muss der AGB-Verwender die Kenntnisnahme der AGB dem Durchschnittskunden in zumutbarer Weise ermöglichen. Bei Onlineportalen bedeutet dies, dass die Zustimmung zu den AGB durch Setzen eines Häkchens zwar üblich, aber nicht zwingend erforderlich ist. Immerhin sieht das Schweizer Recht aber selbst bei einem wirksamen Einbezug der AGB verschiedene Kontrollmechanismen vor, welche die Anwendbarkeit einzelner AGB-Klauseln auch im Bereich des eCommerce einschränken oder sogar ausschliessen.
AGB sind vorformulierte, standardisierte Vertragsbedingungen, welche von einer Vertragspartei für eine unbestimmte Anzahl künftiger Verträge einseitig festgelegt werden. Die AGB müssen für den Durchschnittskunden lediglich leicht zugänglich, verständlich und gut lesbar sein. In der Praxis werden im Onlineverkehr häufig Links erstellt, über deren Verknüpfung der Kunde zu den AGB gelangt. Dies ist grundsätzlich unproblematisch, sofern die Verlinkung auf den Volltext der AGB deutlich gestaltet wird und der Durchschnittsadressat den Link als Hinweis auf verwendete AGB verstehen darf.
Für die Kenntnisnahme der AGB in zumutbarer Weise spielt neben der Bezeichnung des Links auch dessen räumliche Platzierung auf dem Onlineportal eine Rolle. Der Hinweis auf die AGB darf weder versteckt noch so platziert werden, dass deren Erkennbarkeit für den Kunden erschwert ist. Keine zumutbare Kenntnisnahme liegt bei sehr umfassenden AGB (mehrere Dutzend Seiten) vor oder wenn innerhalb der AGB auf zahlreiche weitere AGB verwiesen wird.
In der Praxis üblich, aber entgegen einer verbreiteten Meinung nicht erforderlich, ist eine ausdrückliche Bestätigung der Geltung der AGB. Die Zustimmung erfolgt beispielsweise durch Setzen eines Häkchens im Zusammenhang mit einer gängigen Formulierung wie "Hiermit bestätige ich, die AGB gelesen zu haben und mit deren Geltung einverstanden zu sein".
Unter Einhaltung der oben erwähnten Grundsätze können AGB auch dann zum Vertragsinhalt werden, wenn der Kunde deren Kenntnisnahme nicht ausdrücklich bestätigt. Er muss nicht einmal den genauen Inhalt gelesen bzw dessen Tragweite verstanden haben. Denn verlangt wird lediglich die Möglichkeit der Kenntnisnahme in zumutbarer Weise. Ist dies gegeben, erklärt sich der Kunde bereits durch schlüssiges Handeln, also mit dem Abschluss des Onlinevertrags, mit den AGB einverstanden.
Dies bringt den Anbieter in die vorteilhafte Lage, Rechte und Pflichten zu seinen Gunsten zu gestalten und sich damit einen Rechtsvorteil zu verschaffen. Denn regelmässig – insbesondere im eCommerce – können AGB nicht verhandelt werden. Der Kunde hat lediglich die Option, die AGB zu akzeptieren und den Vertrag abzuschliessen oder vom Vertragsschluss abzusehen.
Selbst wenn die AGB durch Übereinstimmen der Parteien gedeckt und Vertragsbestandteil geworden sind, hat dies nicht deren automatische Anwendung zur Folge. Die Wirksamkeit von AGB wird durch Gesetz und die Rechtsprechung begrenzt.
Macht der Anbieter auf seiner Website eine den AGB widersprechende Zusage, geht diese individuelle Abrede einer gegenteiligen Bestimmung in den AGB vor, sofern sie für den Kunden vorteilhafter ist. Denn nach Treu und Glauben darf davon ausgegangen werden, dass der Kunde die für ihn vorteilhaftere Regelung akzeptiert hat.
Beinhalten die AGB eine ungewöhnliche Klausel, mit welcher der Kunde nicht rechnen musste, ist diese im Falle einer Globalannahme der AGB nicht bindend, es sei denn, der Kunde wurde gesondert auf deren Vorhandensein aufmerksam gemacht, wie beispielsweise durch optische Hervorhebung (sog. Ungewöhnlichkeitsregel). Eine Klausel ist als umso ungewöhnlicher zu qualifizieren, je stärker sie die Rechtsstellung des Vertragspartners beeinträchtigt. In der Praxis wird regelmässig eine vom Gesetz abweichende Gerichtsstandsklausel als ungewöhnlich eingestuft.
Nach der Unklarheitenregel wird eine unklare AGB-Klausel zu Lasten desjenigen ausgelegt, der sie formuliert hat. Im Falle von Interpretationsspielräumen findet die für die Vertragsgegenseite vorteilhaftere Auslegung Anwendung.
Bezüglich der Verwendung missbräuchlicher AGB, siehe Art. 8 UWG. AGB-Klauseln, die gegen Art. 8 UWG verstossen, sind nichtig.
Autorin: Dania Salvisberg-Schneider