
Schweizer Banken und Effektenhändler (nachfolgend gemeinsam Banken genannt) müssen bei gewissen Verträgen dafür sorgen, dass ihre Gegenparteien einen allfälligen von der FINMA angeordneten Aufschub der Vertragsbeendigung im Voraus vertraglich anerkennen. Damit soll sichergestellt werden, dass Insolvenzmassnahmen der FINMA international durchsetzbar sind. (Lesen Sie hierzu unseren Artikel.)
Die per 1. April 2017 in Kraft getretene Teilrevision der Bankeninsolvenzverordnung-FINMA (BIV-FINMA) beseitigt bisher bestehende Unklarheiten. Zum Hintergrund der Regelung lesen Sie unseren Blog-Beitrag zum Anhörungsentwurf.
Welche Beendigungsrechte sind betroffen?
Aufgrund der in der Anhörung eingereichten Stellungnahmen hat die FINMA im Anhörungsbericht noch einmal festgehalten, dass die FINMA einen Aufschub nur im Hinblick auf Beendigungsrechte anordnen kann, welche (direkt oder indirekt) an eine Insolvenzmassnahme der FINMA anknüpfen. Nur für diese Beendigungsrechte muss der Aufschub vertraglich anerkannt werden. Die Vertragsanpassungspflicht gilt somit weder für befristete oder sofort erfüllbare Verträge, die kein Beendigungsrecht vorsehen, noch für Verträge, die ein jederzeitiges oder ein an andere subjektive Elemente anknüpfendes Beendigungsrecht vorsehen.
Für welche Art von Verträgen muss der Aufschub vertraglich anerkannt werden?
Erfasst sind insbesondere Einzel- und Rahmenverträge über:
- Derivattransaktionen,
- Effektenleihe und
- Pensionsgeschäfte.
Erfasst sind zudem Kreditvereinbarungen im Interbankengeschäft, d.h. wenn eine Bank einen Kredit von einer anderen Bank erhält. Nicht erfasst sind Kreditvereinbarungen, wenn eine Bank lediglich eine Unterbeteiligung an einer Kreditfinanzierung eines Unternehmens von der kreditgebenden Bank erwirbt.
Im Vergleich zum Anhörungsentwurf wurde präzisiert, dass die Vertragsanpassungspflicht auch dann gilt, wenn die Schweizer Bank die Erfüllung solcher Verträge für eine ausländische Gruppengesellschaft sicherstellt. Begründet wird dies damit, dass in solchen Fällen eine Anordnung einer Insolvenzmassnahme der FINMA zu einem unmittelbaren Anspruch gegen eine Schweizer Bank führt und die FINMA somit einen Aufschub anordnen kann.
Nicht erfasst sind insbesondere folgende Verträge:
- Verträge mit Finanzmarktinfrastrukturen, wie zentralen Gegenparteien,
- Verträge von Gruppengesellschaften, die nicht im Finanzbereich tätig sind,
- Verträge mit natürlichen Personen und
- Verträge betreffend die Platzierung von Finanzinstrumenten im Markt (d.h. insbesondere Subscription Underwriting Agreements).
Zu beachten ist, dass die Eingrenzung der Vertragsanpassungspflicht auf einen bestimmten Kreis von Verträgen keine Einschränkung der Aufschubskompetenz der FINMA zur Folge hat. Von einem möglichen Aufschub der Vertragsbeendigung ist somit ein grösserer Kreis von Verträgen betroffen.
Es besteht Handlungsbedarf
Die relativ langen Übergangsfristen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Banken die Umsetzung rasch angehen sollten.
Der neue Art. 61a BIV-FINMA sieht folgende Übergangsfristen vor:
- Die Pflicht gilt für Verträge, die mit Banken und Effektenhändlern später als 12 Monate nach Inkrafttreten der revidierten BIV-FINMA abgeschlossen oder geändert werden.
- Verträge mit allen anderen Gegenparteien müssen den Anforderungen dann entsprechen, wenn sie später als 18 Monate nach Inkrafttreten der revidierten BIV-FINMA abgeschlossen oder geändert werden.
Im Anhörungsbericht hat die FINMA festgehalten, dass sie der Auffassung ist, dass z.B. eine relevante Änderung eines ISDA Master Agreements bereits dann vorliegt, wenn eine neue Einzeltransaktion unter dem ISDA Master Agreement abgeschlossen wird. Da nicht vorhersehbar ist, wann eine neue Transaktion abgeschlossen werden soll, und solche Transaktionen nicht selten sehr kurzfristig abgeschlossen werden sollen, empfehlen wir, dass die Banken bereits jetzt mit der Anpassung der ISDA Master Agreements und vergleichbarer Verträge beginnen.
Autorin: Jana Essebier