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9. April 2024 Teil 13: KI im Personalwesen

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) ist ein noch relativ junges technisches Phänomen, welches bereits jetzt alle Bereiche des Wirtschaftslebens grundlegend beeinflusst. Dies gilt auch für den Personalbereich (HR) – diverse Unternehmen nutzen KI bereits in diesem Bereich. Dies ist Teil 13 unserer KI-Serie.

Einsatzmöglichkeiten von KI im Personalwesen

KI hat im Personalwesen bereits einen gewissen Einfluss und kann die Art und Weise verändern, wie HR-Experten ihre Arbeit gestalten. Insbesondere in den folgenden Bereichen ist es denkbar, KI einzusetzen:

Recruiting und Talentakquise:

  • Generative KI kann bessere Stellenbeschreibungen erstellen, die alle erforderlichen Fähigkeiten klar definieren.
  • Automatisches Screening von Lebensläufen anhand dieser Spezifikationen, um Auswahllisten zu erstellen, die von Menschen geprüft werden;
  • Durchführung von Vorgesprächen, z. B. durch kurze Fragebögen, um Informationen zu sammeln, die dann von menschlichen Interviewern verwendet werden können;
  • Erstellung relevanter, personalisierter und unvoreingenommener Fragen für die Interviewer;
  • Analyse von Interviews (Textform, Aufzeichnungen oder Videos), um den Kontext für Einstellungsentscheidungen zu erweitern;
  • Senden von personalisierten Antworten an Bewerber während des gesamten Bewerbungsprozesses.

Personalentwicklung und Schulung:

  • KI kann personalisierte Schulungspläne erstellen und Lerninhalte an die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen;
  • Automatisierte Lernpfade und Empfehlungen für Weiterbildungen basierend auf den Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeitenden.

Mitarbeiterengagement und -bindung:

  • KI kann Mitarbeiterfeedback analysieren und Trends erkennen, um Verbesserungsbereiche zu identifizieren;
  • Personalisierte Empfehlungen für Karriereentwicklung und Weiterbildung.

Performance Management:

  • KI-basierte Tools können die Leistung der Mitarbeitenden überwachen und automatisch Benachrichtigungen für Leistungsüberprüfungen generieren.

Verwaltung von Mitarbeiterdaten:

  • Automatisierte Datenerfassung und -verarbeitung, z. B. bei der Einstellung oder Beförderung von Mitarbeitenden.
     

Vorteile des Einsatzes von KI im Personalwesen

Der Einsatz von KI im Personalwesen (HR) bietet eine Vielzahl von Vorteilen:

Effizienzsteigerung:

  • KI kann repetitive Aufgaben automatisieren, z. B. das Screening von Lebensläufen oder die Verwaltung von Mitarbeiterdaten. Dadurch haben HR-Experten mehr Zeit für strategische Aufgaben.

Bessere Entscheidungsgrundlagen:

  • KI analysiert große Datenmengen und identifiziert Muster. Dies ermöglicht fundierte Entscheidungen bei der Einstellung, Beförderung und Leistungsbeurteilung.

Personalisierung:

  • KI kann personalisierte Schulungspläne erstellen und Mitarbeitenden individuelle Weiterbildungsempfehlungen geben;
  • Personalisierte Karriereentwicklungsvorschläge basierend auf individuellen Fähigkeiten und Interessen.

Objektivität und Gleichbehandlung:

  • KI trifft Entscheidungen auf der Grundlage von Daten und Algorithmen, ohne menschliche Vorurteile.
  • KI kann das Risiko von Diskriminierung reduzieren und die Chancengleichheit fördern.

Talentakquise und -bindung:

  • KI hilft bei der Identifizierung von Talenten, die zu den Unternehmenszielen passen;
  • Verbessertes Mitarbeiterengagement durch personalisierte Ansätze.

Zeitersparnis:

  • Automatisierung von Prozessen wie Terminvereinbarungen, Onboarding und Offboarding.

Verbesserte Mitarbeitererfahrung:

  • KI-basierte Chatbots können Mitarbeitenden bei Fragen und Anliegen rund um die Uhr helfen.

Leistungsmanagement:

  • KI kann die Leistung der Mitarbeitenden überwachen und frühzeitig auf Probleme hinweisen.

Insgesamt kann der Einsatz von KI dazu beitragen, HR-Abteilungen effektiver und datengesteuert zu gestalten, was letztlich zu einem besseren Arbeitsumfeld für alle führen kann.
 

Nachteile und Risiken des Einsatzes von KI im Personalwesen

Der Einsatz von KI im Personalwesen birgt unter anderem die folgenden Risiken und potentiellen Nachteile:

Menschliche Entfremdung und mangelnde Transparenz:

  • Wenn KI-Systeme zu stark eingesetzt werden, kann dies zu einer Entfremdung zwischen Mitarbeitenden und der HR-Abteilung führen. Persönliche Interaktionen könnten reduziert werden, was sich negativ auf das Mitarbeiterengagement auswirken kann.
  • KI kann menschliche Interaktion nicht ersetzen. In Bereichen wie dem Recruiting ist der persönliche Kontakt zwischen Bewerberinnen und Bewerbern sowie den Personalverantwortlichen entscheidend.
  • Viele KI-Modelle sind sogenannte “Black Boxes”. Das bedeutet, dass ihre Entscheidungsfindung für Menschen schwer nachvollziehbar ist. Im Personalbereich ist Transparenz jedoch wichtig, um Vertrauen aufzubauen und faire Entscheidungen zu gewährleisten.

Bias und Diskriminierung:

  • KI-Algorithmen lernen aus historischen Daten und können unbewusste Vorurteile übernehmen. Wenn diese Daten diskriminierend sind, kann die KI ebenfalls diskriminierende Entscheidungen treffen;
  • Es ist wichtig, KI-Modelle regelmäßig zu überprüfen und zu verbessern, um solche Vorurteile zu minimieren.

Datenschutz und Sicherheit:

  • Die Verwendung von KI erfordert den Zugriff und die Verarbeitung grosser Mengen personenbezogener Daten. Das birgt auch ein Risiko von Datenlecks oder unbefugtem Zugriff. Es ist entscheidend, sicherzustellen, dass diese Daten angemessen geschützt sind, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden.

Fehlende menschliche Intuition:

  • KI kann Daten analysieren, aber sie verfügt nicht über menschliche Intuition oder emotionale Intelligenz. In komplexen Situationen kann der menschliche Faktor unersetzlich sein.

Technische Fehler und Ausfälle:

  • KI-Systeme sind anfällig für technische Fehler oder Ausfälle. Ein fehlerhaftes System kann zu falschen Entscheidungen führen.

Widerstand gegen Veränderungen:

  • Mitarbeitende könnten Widerstand gegen die Einführung von KI zeigen, insbesondere wenn sie befürchten, dass ihre Arbeitsplätze durch Automatisierung gefährdet sind.

Kosten und Implementierungsaufwand:

  • Die Implementierung von KI-Systemen erfordert Investitionen in Technologie, Schulung und Anpassung der Arbeitsabläufe.

Es ist wichtig, diese Nachteile zu berücksichtigen und den Einsatz von KI im Personalwesen sorgfältig zu planen sowie transparente, datenschutzkonforme Prozesse zu implementieren, um die Vorteile optimal zu nutzen und gleichzeitig mögliche Risiken zu minimieren.
 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Obwohl die breite Anwendung von KI ein relativ junges Phänomen ist, unterliegt der Einsatz von KI gerade im HR-Bereich schon heute rechtlichen Vorgaben (weiterführend: Teil 3: KI: 11 Grundsätze - und eine Weisung für Mitarbeitende - Vischer). Insbesondere der Datenschutz spielt eine entscheidende Rolle beim Einsatz von künstlicher Intelligenz – das Datenschutzrecht ist auf KI-gestützte Behandlungen von Personendaten anwendbar (zum Datenschutz im HR-Kontext siehe auch hier: Neues Datenschutzgesetz: Was muss ich als HR-Verantwortliche(r) wissen? - Vischer ). Hier sind einige wichtige Aspekte:

Information:

  • Beschäftigte oder Bewerberinnen und Bewerber müssen gegebenenfalls vor der Verarbeitung ihrer Daten durch KI-Tools ausreichend informiert werden. Unternehmen sollten transparent sein und klar kommunizieren, wie KI im Personalbereich eingesetzt wird.

Transparenz:

  • KI-Modelle sind oft komplexe Systeme, deren Entscheidungsfindung für Menschen schwer nachvollziehbar ist. Dennoch ist Transparenz wichtig, um das Vertrauen der Beschäftigten zu gewinnen. Unternehmen sollten unter Umständen offenlegen, wie KI im HR-Bereich eingesetzt wird und welche Datenquellen verwendet werden.

Automatisierte Entscheidungen:

  • Die Vollautomatisierung von Entscheidungen im Arbeitsverhältnis ist begrenzt. Insbesondere bei der Auswahl oder Bewertung von Mitarbeitenden sind automatisierte Einzelentscheidungen, die erhebliche beeinträchtigende Wirkungen haben, nicht unproblematisch und unterliegen höheren Anforderungen an die Transparenz. Bei wichtigen automatisierten Einzelentscheiden ist menschliches Gehör zwingend. Ferner wird noch darüber diskutiert, wie damit umzugehen ist, wenn eine KI einen Entscheid nur vorbereitet.

Datenschutz-Folgenabschätzung:

  • Bei bestimmten KI-Anwendungen im HR-Bereich ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung erforderlich. Diese Prüfung bewertet mögliche Risiken der Datenverarbeitung für die betroffene Person.

Datensicherheit:

  • Der Einsatz von KI erfordert die Verarbeitung großer Mengen personenbezogener Daten. Unternehmen müssen sicherstellen, dass diese Daten sicher gespeichert und vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Das gilt auch, wenn Provider eingesetzt werden – für diese braucht es angemessene Verträge. Datenschutzverletzungen können erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben.

Rechte der Betroffenen:

  • Beschäftigte und Bewerberinnen und Bewerber haben das Recht auf Auskunft über die Verarbeitung ihrer Daten, das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung oder Anonymisierung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass diese Rechte respektiert werden.

Vermeidung von Diskriminierung:

  • KI-Modelle können unbewusste Voreingenommenheiten aufweisen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass KI-Systeme keine diskriminierenden Entscheidungen treffen, die auf Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen geschützten Merkmalen basieren.

Zusammenfassend ist der Datenschutz im HR-Bereich von entscheidender Bedeutung, um faire, transparente und datenschutzkonforme Prozesse sicherzustellen.

Neben Datenschutzrecht könnte auch die EU-KI-Verordnung (AI Act) Auswirkungen auf die Schweiz haben. Der AI Act ist anwendbar, wenn ein AI-System innerhalb der EU eingesetzt oder dessen Output in der EU "verwendet" wird. Dies trifft zum Beispiel zu, wenn eine in der Schweiz von einem KI-basierten System getroffene Prognose, Empfehlung oder Entscheidung innerhalb der EU "verwendet" wird. Systeme, welche zur Bewertung von Arbeitnehmern und Bewerbenden eingesetzt werden, gelten normalerweise als „Hoch-Risiko“-KI-Systeme und unterstehen daher zusätzlichen Anforderungen. Das Bewerber-Screening geht zum Beispiel nach AI Act nicht einfach so. In diesem Fall wird freilich bei einem Unternehmen in der Schweiz der Output regelmässig nicht in der EU verwendet. Weiterführende Informationen zum AI Act finden Sie hier: Teil 7: Der EU AI Act - und was er für die meisten Unternehmen bedeutet - Vischer

In der Schweiz evaluiert die Bundesverwaltung bis Ende 2024 verschiedene Ansätze für die Regulierung von KI. Der Bundesrat soll dann darüber entscheiden und gegebenenfalls einen entsprechenden Regulierungsauftrag erteilen.

Marc Prinz

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über den verantwortungsvollen Einsatz von KI im Unternehmen:

Wir unterstützen Sie bei allen Fragen zu Recht und Ethik beim Einsatz von künstlicher Intelligenz. Wir reden nicht nur über KI, sondern setzen sie auch selbst ein. Weitere Hilfsmittel und Publikationen von uns zum Thema finden Sie hier.

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