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22. November 2024 Straflose Selbstanzeigen und Geschäftsvermögen – Aufgepasst!

Im Vorfeld der Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit Bezug auf Finanzkonten rang sich manch einer dazu durch, seine bis anhin nicht deklarierten Vermögenswerte im Ausland gegenüber den Schweizer Steuerbehörden offenzulegen. Die meisten dieser straflosen Selbstanzeigen konnten verhältnismässig speditiv erledigt werden und viele Steuerpflichtige waren schliesslich erleichtert, endlich "reinen Tisch" gemacht zu haben.

Steuerbetrug und Steuerhinterziehung

Im Binnenverhältnis, d.h. innerhalb der Schweiz, gibt es hingegen keinen automatischen Informationsaustausch, d.h. die Steuerbehörden erhalten von den Banken keine Informationen über die Konti der Steuerpflichtigen oder der von ihnen kontrollierten Unternehmen. Ab und an kommt es daher noch immer vor, dass Unternehmer, seien es Einzelunternehmer oder Inhaber von hauptsächlich personenbezogenen Kapitalgesellschaften, nicht sämtliche Einkünfte und in der Folge auch nicht sämtliche Vermögenswerte deklarieren. Es gibt kaum eine Branche, die vor solchen Delikten gefeit ist: bargeldintensive Betriebe, alle Arten von Dienstleistern, Gewerbetreibende. Aber um es klar zu sagen: wer eine kaufmännische Buchhaltung führt und darin entweder nicht sämtliche Erträge, fiktive Rechnungen oder unter Umständen auch private Aufwendungen verbucht, macht sich strafbar, er erfüllt den Tatbestand des Steuerbetrugs und der Steuerhinterziehung.

Strafdrohung

Steuerbetrug wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe von maximal 360 Tagessätzen à maximal CHF 3'000 bestraft. Hinzu kommt eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung im bis zu Dreifachen des hinterzogenen Steuerbetrags. Ausserdem ist natürlich der hinterzogene Steuerbetrag samt Verzugszinsen zu entrichten. Im Weiteren droht, wird der Steuerbetrug bzw. die Hinterziehung im unternehmerischen Bereich begangen, eine Bestrafung nach dem Verwaltungsstrafrecht. Auch dieses sieht mehrjährige Freiheitsstrafen vor.

Straflose Selbstanzeige

Sowohl die kantonalen Steuergesetze, das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer als auch das Verwaltungsstrafrecht sehen indessen die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige vor; diese "kleine Steueramnestie" steht jedem und jeder natürlichen Person und auch jeder juristischen Person einmal im Leben zu. Der Steuerpflichtige tut daher gut daran, sich vor einer Selbstanzeige sorgfältig zu überlegen, welche Vermögenswerte und Einkünfte er gegenüber den Steuerbehörden bisher verheimlicht hat. Legt er ein bestimmtes Einkommen oder Vermögen offen, und fallen ihm zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere nach abgeschlossenem Nachsteuerverfahren, noch weitere nicht deklarierte Einkünfte oder Vermögenswerte ein, können diese nicht mehr vollständig straflos angezeigt werden. Mehr noch: unter Umständen verliert dadurch gar eine zunächst als straflos beurteilte Selbstanzeige ihre strafbefreiende Wirkung. Auf die weiteren Voraussetzungen der straflosen Selbstanzeige wird im Rahmen dieses Blogs nicht weiter eingegangen, dies würde den Rahmen dieses Formats sprengen.

Sorgfältige Planung und Abklärung der Verhältnisse

Besonders im unternehmerischen Bereich ist sodann wichtig, sich bei der Ausarbeitung einer Selbstanzeige über alle betroffenen Steuerarten klar zu werden: wurden Erträge nicht deklariert, sondern bspw. "am Unternehmen vorbei" direkt auf ein ebenfalls nicht deklariertes Privatkonto vereinnahmt, führt dies nicht nur zu Einkommenssteuerfolgen beim Aktionär, sondern wurde mit Sicherheit auch die Mehrwertsteuer nicht korrekt abgerechnet. Ausserdem stellt der "Verzicht" des Unternehmens, falls es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, auf den betreffenden Ertrag eine der Verrechnungssteuer unterliegende verdeckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft an ihren Aktionär dar. Dementsprechend sollte sich die Selbstanzeige unbedingt auch auf die Mehrwertsteuer und die Verrechnungssteuer beziehen. Während für den Vollzug der direkten Steuern und somit auch für die diesbezügliche Selbstanzeige die kantonalen Steuerbehörden zuständig sind, ist eine Selbstanzeige wegen Hinterziehung der Mehrwertsteuer und/oder der Verrechnungssteuer an die Eidgenössische Steuerverwaltung zu richten. Verfügt der Steuerpflichtige über Anknüpfungspunkte zu mehreren Kantonen, z.B. ein Spezialsteuerdomizil des Geschäftsorts oder einer ausserkantonalen Liegenschaft, oder über Betriebsstätten, ist die Selbstanzeige in jedem der betroffenen Kantone einzureichen. Hat der Steuerpflichtige während der massgeblichen Nachsteuerperiode (i.d.R. 10 Jahre) seinen Wohnsitz oder Sitz gewechselt, ist die Selbstanzeige ebenfalls in jedem der betroffenen Kantone einzureichen.

Stammt ein bisher nicht deklarierter Vermögenswert, etwa der Saldo eines Bankkontos, aus nicht deklarierten bzw. nicht verbuchten Einkünften einer unternehmerischen Tätigkeit, reicht es nicht aus, einfach das Bankkonto offen zu legen. Erkundigen sich die Steuerbehörden nämlich nach der Herkunft des betreffenden Vermögenswerts, was sie fast immer tun, und stellt sich dann heraus, dass es sich um nicht deklarierte Erträge eines Unternehmens handelt, so werden die zuständigen Steuerbehörden unweigerlich ein Steuerstrafverfahren gegen das Unternehmen, dessen Organe, ggf. auch den Steuerpflichtigen selber, und allenfalls Teilnehmer bzw. Vertreter eröffnen und überdies entsprechende Mitteilungen an andere zuständige Steuerbehörden, bspw. die Eidgenössische Steuerverwaltung, machen, welche dann ihrerseits Steuerstrafverfahren mit Bezug auf die in ihrem Kompetenzbereich liegenden Steuerarten eröffnen müssen. Somit ist es wichtig, sämtliche erforderlichen Selbstanzeigen zur gleichen Zeit einzureichen.

Zu beachten ist sodann, dass die Selbstanzeige eines Steuerpflichtigen nicht automatisch auch die Straffreiheit von Teilnehmern wie Anstiftern, Gehilfen oder Mittätern zur Folge hat: diese müssen sich ebenfalls von sich aus anzeigen. Umgekehrt führt die straflose Selbstanzeige eines Gehilfen oder sonstigen Teilnehmers nicht zur Straflosigkeit des Täters, d.h. des Steuerpflichtigen selber; dieser muss sich ebenfalls selber anzeigen. Zeigen die Organe einer juristischen Person eine Steuerhinterziehung für die juristische Person selber an, so entfaltet die Selbstanzeige aber immerhin sowohl für die juristische Person selber als auch für die aktuellen und selbst für ausgeschiedene Organe strafbefreiende Wirkung (vorausgesetzt, die übrigen Voraussetzungen sind erfüllt). Auch ausgeschiedene Organe können eine Selbstanzeige sowohl für sich selber als auch für die übrigen aktuellen und ausgeschiedenen Organe einreichen.

Soll im Geschäftsvermögensbereich somit eine Selbstanzeige eingereicht werden, was nota bene immer zu empfehlen ist, wenn sich herausstellt, dass die Bücher bzw. das ausgewiesene Ergebnis nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, muss sorgfältig geprüft werden, welche Steuerarten betroffen sind, welche Personen (natürliche und ggf. juristische Person) von der Straflosigkeit mitumfasst werden, und welche nicht. Je nach betroffenen Steuerarten muss die Selbstanzeige, um wirklich strafbefreiend zu wirken, bei sämtlichen zuständigen Steuerbehörden eingereicht werden. Sodann empfiehlt es sich, die Einreichung der Selbstanzeige mehrerer Teilnehmer zu koordinieren und dann gleichzeitig einzureichen, um zu vermeiden, dass ggf. eine Selbstanzeige eines Täters oder Teilnehmers zur Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens gegen einen anderen Teilnehmer führt. Dies wäre der weiteren gemeinsamen Geschäftstätigkeit wenig förderlich.

Weitere Straftatbestände

Wurden im bzw. zwecks eines Steuerbetrugs Urkundendelikte begangen, bspw. gefälschte Belege verwendet, so konsumiert der Tatbestand des Steuerbetrugs üblicherweise solche weiteren Straftatbestände. Somit bleiben auch diese straflos. Dies gilt allerdings nicht für sämtliche Rechtsbereiche: führte die Nichtdeklaration von Einkünften oder Vermögenswerten etwa dazu, dass eine natürliche Person zu Unrecht Sozialleistungen beziehen konnte, so sehen die diesbezüglichen Gesetze keine Straflosigkeit vor. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass im Fall, da eine straflose Selbstanzeige aus eigenem Antrieb erfolgt, zumindest ein Strafmilderungsgrund anerkannt wird.

Autor: Christoph Niederer

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