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11. April 2017 Steuern und Sozialabgaben beim Online-Verkauf

Digital Business Law Bites # 30

Mit der Reihe "Digital Business Law Bites" geben wir einen kleinen Einblick in die Fülle unserer Erfahrungen und Klientenprojekte rund um digitale Geschäftsprozesse.

Der Verkauf von Gegenständen übers Internet ­gehört heute zum Alltag. Nicht nur Unternehmen verkaufen ihre Ware über Online-Portale, sondern auch Privatpersonen nutzen die Möglichkeit, Gegenstände übers Internet zu veräussern – angefangen von Alltags- und Einrichtungsgegenständen, die nicht mehr benötigt werden, bis hin zum Handel mit Waren aller Art wie z. B. Kunstgegenständen, Konzerttickets, aber auch selbst hergestellten ­Waren.

Ab wann unterliegen solche Verkäufe der Mehrwertsteuer bzw. ab wann der Einkommenssteuer aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und wann sind sie Gegenstand der Sozialversicherung?

Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die gesetzlichen Regelungen in der Schweiz und es wird nur kurz auf allfällige Abgabepflichten im Ausland eingegangen.

Unternehmerische Tätigkeit

Die schweizerische Steuergesetzgebung verlangt für das Vorliegen einer Mehrwertsteuerpflicht wie auch einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, welche Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben nach sich zieht, vor allem ein planmässiges auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Vorgehen und einen Auftritt nach aussen.

Wer somit sein altes Auto oder andere persönliche Gebrauchsgegenstände, welche er nicht mehr benötigt, übers Internet verkauft, wird nicht abgabepflichtig – weder im Hinblick auf die Mehrwertsteuer noch auf die Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben.

Selbst wenn einmalig ein Gegenstand von hohem Wert, z. B. ein geerbtes Kunstgemälde im Wert von  200 000 CHF, verkauft wird, löst dies grundsätzlich keine Steuer- oder Sozialversicherungspflicht aus. Kritisch wird es, wenn Verkäufe regelmässig stattfinden und dafür auch Waren eingekauft werden. Dabei ist nicht erforderlich, dass ein solcher Handel über längere Zeit aufrechterhalten wird, auch ein kurzzeitiger intensiver Handel mit Waren kann eine  Steuerpflicht auslösen. Ebenfalls keine Rolle spielt, ob der Verkäufer diese Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausübt.

Wer somit Waren übers Internet – z. B. über eBay oder Ricardo – systematisch zusammensucht und sie danach wieder veräussert, riskiert einkommenssteuer- wie auch mehrwertsteuerpflichtig zu werden und Sozialversicherungsabgaben leisten zu müssen.

Auch wer regelmässig selbst Waren herstellt – z. B. Töpferwaren, Taschen etc. – und danach übers Internet veräussert, um damit einen Gewinn zu erzielen, riskiert steuer- und sozialversicherungsabgabepflichtig zu werden.

Im Folgenden werden einige für die Mehrwertsteuer bzw. die Einkommenssteuer und Sozialversicherung relevanten Regelungen dargestellt.

Mehrwertsteuerpflicht

In der Schweiz
Sobald eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt und der jährliche Umsatz – der Erlös aus den Verkäufen – mindestens 100 000 CHF beträgt, besteht eine Pflicht, sich im Schweizer Mehrwertsteuer­register eintragen zu lassen und Mehrwertsteuer auf den Umsätzen abzurechnen.

Zur Berechnung der Grenze von 100 000 CHF macht es keinen Unterschied, ob der Gegenstand an einen Empfänger mit (Wohn-)Sitz im In- oder im Ausland verkauft wird. Mehrwertsteuerlich relevant ist, dass der Gegenstand dem Käufer in der Schweiz übergeben wird (Fall, dass der Käufer den Gegenstand beim Verkäufer abholt, sog. «Abhollieferung») bzw. von der Schweiz aus versandt wird (Fall, dass der Verkäufer den Gegenstand dem Käufer sendet, sog. «Versendungslieferung»).

In der Regel beträgt der Schweizer Mehrwertsteuersatz 8 % und wird auf dem Erlös aus denjenigen Verkäufen erhoben, bei welchen die Ware nicht ­direkt ins Ausland geliefert wird. Keine Mehrwertsteuer muss folglich auf denjenigen Verkäufen abgerechnet werden, bei welchen der Verkäufer den Gegenstand an den im Ausland ansässigen Käufer sendet.

Zusammenfassend heisst dies für den Verkäufer, dass er in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig wird, sobald er einen Jahresumsatz von mindestens 100 000 CHF aus Verkäufen erzielt, er aber unter Umständen die Mehrwertsteuer auf einem geringeren Umsatz abrechnen muss, da er auf den Verkäufen, bei denen er den Kaufgegenstand direkt an den Käufer ins Ausland versendet, keine Mehrwertsteuer abliefern muss.

Im Ausland
Je nach den gesetzlichen Bestimmungen, die im Ansässigkeitsstaat des Käufers gelten, muss sich der Verkäufer auch in diesem Land (Ausland) als mehrwertsteuerpflichtig registrieren lassen und Mehrwertsteuer entrichten, wenn er Gegenstände  an Abnehmer in diesem Staat verkauft. Es ist dabei zu beachten, dass zahlreiche Länder keine oder  eine Umsatzgrenze von weniger als 100 000 CHF vorsehen.

Wer somit einen internationalen Warenhandel übers Internet aufbauen will, tut gut daran, sich im Vorfeld über eine allfällige Mehrwertsteuerpflicht in den Ländern zu informieren, in welchen potenzielle Käufer ansässig sind.

Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben

In der Schweiz
Im Bereich der Einkommenssteuer und der Sozialversicherungsabgaben besteht keine Untergrenze, sodass, anders als bei der Mehrwertsteuer, der Verkäufer auch dann abgabepflichtig werden kann, wenn sich die jährlichen Erlöse aus den Verkäufen auf unter 100 000 CHF belaufen.
Ist der Verkauf der Waren übers Internet als unternehmerisch und damit als selbstständige Erwerbs­tätigkeit zu qualifizieren, unterliegt der Erlös aus den Verkäufen abzüglich der damit zusammenhängenden Aufwendungen (z. B. Anschaffungskosten der Waren, Transportkosten, Auktionsgebühren etc.) der Einkommenssteuer wie auch den Sozialversicherungsabgaben.

Anders als bei der Mehrwertsteuer fallen Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben somit nicht auf dem Umsatz aus den Verkäufen, sondern ‹nur› auf dem entsprechenden Gewinn an. Es unterliegt aber der Gewinn aus allen Verkäufen – unabhängig davon, wo der Käufer ansässig ist und wohin die Ware geliefert wird – der Besteuerung bzw. den Sozialversicherungsabgaben.

Im Ausland
Einkommenssteuer und Sozialversicherungsabgaben sind in der Regel in dem Staat zu leisten, in welchem die entsprechende Tätigkeit ausgeübt wird. Solange somit eine in der Schweiz wohnhafte Person ihren Internethandel von der Schweiz aus ausübt, entsteht weder eine Einkommenssteuer- noch eine Sozialversicherungsabgabepflicht im Ausland, selbst wenn die Waren an Empfänger im Ausland geliefert werden.

Fazit

Der Verkauf von Waren übers Internet ist attraktiv, weil er mit einem verhältnismässig geringen Aufwand betrieben und eine grosse Anzahl von potenziellen Käufern erreicht werden kann.

Sobald jedoch nicht nur persönliche Gegenstände, die nicht mehr benötigt werden, verkauft werden, sondern ein eigentlicher Handel betrieben wird, indem systematisch Waren eingekauft und verkauft oder selbst gefertigte Waren angeboten werden, besteht das Risiko – unter Umständen in mehreren Ländern – mehrwertsteuerpflichtig sowie im Land, in welchem die Tätigkeit ausgeübt wird, einkommenssteuer- und sozialversicherungsabgabepflichtig zu werden.

Wer somit beabsichtigt, das Internet in dieser Weise als Verkaufsplattform zu nutzen, ist gut beraten, die rechtliche Situation im Vorfeld gründlich abzuklären, um allfällige Nacherhebungsverfahren und Bussen zu verhindern.

Autorin: Beatrice Leistner