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4. November 2019 Steuerliche Fallstricke bei der flexiblen Pensionierung

Die flexible Pensionierung findet wachsenden Zuspruch und soll, so zumindest der Plan des gescheiterten Reformprojekts "Altersvorsorge 2020", künftig noch attraktiver werden. Entsprechende Möglichkeiten gibt es bereits im geltenden Recht, allerdings mit Einschränkungen, die, was das Ganze verkompliziert, bei den einzelnen Vorsorgeformen unterschiedlich sind. Was sozialversicherungsrechtlich zulässig ist, wird zudem nicht zwingend auch steuerlich anerkannt. Gerade bei einer Teilpensionierung lohnt es sich daher, diese unter Einbezug der steuerlichen Aspekte frühzeitig zu planen und gegebenenfalls einen Steuervorabbescheid einzuholen.

Vorzeitige oder aufgeschobene Pensionierung

Bei der AHV und der beruflichen Vorsorge erfolgt die ordentliche Pensionierung mit Erreichen des Referenzalters von 64 Jahren bei Frauen und 65 Jahren bei Männern. Auch bei der Säule 3a erfolgt der ordentliche Leistungsbezug zu diesem Zeitpunkt. Die Pensionierung kann aber auf Verlangen des Versicherten vorverlegt werden. Bei der AHV kann sie wahlweise ein oder zwei Jahre vor dem Referenzalter erfolgen. Bei der beruflichen Vorsorge ist sie ab dem vollendeten 58. Altersjahr möglich, sofern das Vorsorgereglement dies vorsieht. Bei der Säule 3a ist ein Leistungsbezug frühestens fünf Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter möglich. Die Pensionierung kann aber auch aufgeschoben werden, wenn die Erwerbstätigkeit über das Referenzalter hinaus fortgesetzt wird. Bei der AHV kann sie mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre bis zur Beendigung der Erwerbstätigkeit aufgeschoben werden. Analog kann bei der beruflichen Vorsorge das Vorsorgereglement vorsehen, dass die Pensionierung auf Verlangen bis zum Ende der Erwerbstätigkeit, höchstens jedoch bis zur Vollendung des 70. Altersjahrs weitergeführt wird. Auch bei der Säule 3a kann bei fortgesetzter Erwerbstätigkeit der Leistungsbezug um höchstens fünf Jahre aufgeschoben werden.

Teilpensionierung

Die Teilpensionierung ist gesetzlich nicht vorgesehen, wird aber bei der beruflichen Vorsorge gestützt auf Art. 13 des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) als zulässig erachtet. Bei der AHV und der Säule 3a gibt es diese Möglichkeit hingegen nicht. Die Teilpensionierung hat bei der beruflichen Vorsorge zur Folge, dass das Vorsorgekapital anteilig zur Reduktion des Arbeitspensums entweder als Altersrente oder als Kapitalleistung ausbezahlt oder auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen wird. Voraussetzung für die Teilpensionierung ist wiederum, dass das Vorsorgereglement diese vorsieht.

Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung gilt zwar der Grundsatz, was vorsorgerechtlich zulässig ist, ist auch steuerlich anzuerkennen, es sei denn, es liege eine Steuerumgehung vor. In der Verwaltungspraxis wird die steuerliche Anerkennung einer Teilpensionierung neben der Gesetzes- und Reglementskonformität von folgenden, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen abhängig gemacht:

  • Der Beschäftigungsgrad wird massgeblich und dauerhaft reduziert.
  • Mit der Reduktion des Beschäftigungsgrads geht eine entsprechende Reduktion des Lohns einher.
  • Der Bezug von Altersleistungen erfolgt im Umfang der Reduktion des Beschäftigungsgrads.

Was als qualifizierende Lohnreduktion gilt, ist kantonal unterschiedlich. Im Kanton Zürich muss die Lohnreduktion mindestens 30% betragen. Die Verminderung des Lohns muss aber auf jeden Fall dauerhaft und nicht nur vorübergehend sein. Daneben gelten Teilpensionierungen, die lediglich dem ratenweisen Bezug von Kapitalleistungen dienen, aus steuerlicher Sicht als missbräuchlich. Unter diesem Gesichtspunkt werden insgesamt zwei Kapitalbezüge als unbedenklich erachtet. Im Kanton Zürich sind höchstens drei Schritte zulässig. Von einer missbräuchlichen Teilpensionierung ist auch auszugehen, wenn die einzelnen Schritte kurz aufeinanderfolgen. Nicht zulässig ist somit beispielsweise eine Teilpensionierung im Herbst 2019 gefolgt von einer Vollpensionierung im Frühling 2020, wenn es für die zwei Pensionierungsschritte keinen anderen Grund gibt, als die Steuerprogression bei den Kapitalleistungen zu brechen.

Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts müssen unrechtmässig, das heisst unter Verletzung von Gesetz oder Vorsorgereglement, bezogene Kapitalleistungen aus der beruflichen Vorsorge als gewöhnliches Einkommen im Jahr der Auszahlung besteuert werden (1). Es ist dem Steuerpflichtigen jedoch die Möglichkeit einzuräumen, die unzulässigerweise bezogene Kapitalleistung zurückzuerstatten und damit die Besteuerung mit dem übrigen Einkommen zum ordentlichen Einkommenssteuertarif zu verhindern. Offen ist, ob bei einer gesetzes- und reglementskonformen Kapitalleistung, die aber als Steuerumgehung qualifiziert, ebenfalls eine Rückerstattung möglich sein soll.

Zu beachten ist ausserdem, dass bei Einkäufen in die berufliche Vorsorge, die in kurzer Abfolge in Kapitalform bezogen werden, das heisst im Fall von gezielt vorübergehenden und steuerlich motivierten Geldverschiebungen in die 2. Säule, gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Steuerumgehung anzunehmen und der steuerliche Abzug des Einkaufs zu verneinen ist (2). Es muss mindestens die in Art. 79b Abs. 3 BVG geregelte Sperrfrist von drei Jahren zwischen Einkauf und Bezug eingehalten werden. Dabei ist eine konsolidierte Betrachtung über alle Vorsorgeeinrichtungen des Versicherten hinweg anzustellen (3).

Schrittweise Bezüge von Leistungen aus der Säule 3a

Bei der Säule 3a ist die Auszahlung eines Vorsorgekontos nur gesamthaft in einem Schritt möglich. Daher ist es sinnvoll, mehrere Säule 3a Konten anzulegen, um die Möglichkeit zu schaffen, die Bezüge auf mehrere Jahre aufzuteilen und auf diese Weise die Progression zu brechen. Ein kürzlich ergangener Entscheid des Kantonsgerichts Waadt bestätigt, dass der gestaffelte Bezug auch dann zulässig ist, wenn die Auszahlungen wegen fortgesetzter Erwerbstätigkeit erst nach dem ordentlichen Rentenalter erfolgen (4).

Bei Fragen und für weiterführende Hinweise steht das Steuerteam gerne zur Verfügung.

(1) BGer vom 7. Juni 2011 (2C_156/2010), E. 4.3. 
(2) Vgl. statt vieler BGer vom 12. März 2010 (2C_658/2009, 2C_659/2009).
(3) Vgl. BGer vom 15. Januar 2015 (2C_488/2014, 2C_489/2014).
(4) Vgl. Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Waadt vom 3. April 2019 (FI.2018.0049).

Autor: Patrik Fisch

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