
Warum konnte Neymar im letzten Sommer entgegen dem Willen des FC Barcelona für 222 Mio. Euro zu Paris Saint-Germain wechseln, und so aus einem laufenden Arbeitsvertrag ausscheiden? Die Möglichkeiten der Vereine, solche Exzesse zu verhindern sind sehr beschränkt und das Financial Fair Play der UEFA bisher ziemlich zahnlos.
Ab durch die Decke
Der Spielermarkt des europäischen Profifussballs ist mittlerweile wegen der britischen TV-Gelder und ausländischem Investorenkapital derart aufgeblasen, dass Ablösesummen im zweistelligen Millionenbereich an der Tagesordnung liegen und oftmals kaum mehr als eine Randnotiz wert sind. Die letztjährigen Transfers des brasilianischen Superstars Neymar und des französischen Megatalents Kylian Mbappé für insgesamt mehr als 400 Mio. Euro zu Paris St. Germain haben jedoch sogar in der grotesken Scheinwelt des europäischen Spitzenfussballs den bisher bekannten Rahmen bei Weitem gesprengt und wohl oder übel ein neues Zeitalter auf dem Transfermarkt eingeläutet.
Was ist eine Ablösesumme?
Fussballprofis stehen in aller Regel in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit ihrem aktuellen Klub. Soll ein Spieler mit einem laufenden Arbeitsvertrag zu einem neuen Verein wechseln, so muss der neue dem alten Klub hierfür eine Ablösesumme bezahlen. Bei der Ablösesumme handelt es sich daher um nichts anderes als um eine Entschädigung für eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages mit dem alten Verein, damit der Spieler frei ist, mit seinem neuen Verein eine arbeitsrechtliche Beziehung einzugehen. Dabei nimmt die Restdauer des laufenden Arbeitspapieres in der Regel wesentlichen Einfluss auf die Höhe der zu bezahlenden Ablösesumme.
Seit dem Bosman-Urteil des EuGH 1995, welches festgelegt hat, dass Fussballprofis nach Ende des Arbeitsvertrages ablösefrei wechseln dürfen, ist es Usus geworden, dass Spieler jeweils vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages den Verein wechseln. Denn nur so hat ein Verein die Möglichkeit, eine Ablösesumme zu verlangen und finanziell vom Spielerwechsel zu profitieren. Für einen Spieler kann es dagegen sehr attraktiv sein, das Vertragsende abzuwarten und erst danach den Verein zu wechseln. Damit hat er die Möglichkeit zumindest einen Teil der potentiellen Ablösesumme selbst als Handgeld zu kassieren. So ist es auch zu erklären, dass Vereine die Verträge von wechselwilligen Spielern vorzeitig zu deutlich besseren Konditionen verlängern, um wenigstens noch eine Ablösesumme zu kassieren.
Feste Ablösesummen
Grundsätzlich ist die Höhe der Ablösesumme Verhandlungssache zwischen den Vereinen. Immer wieder ist jedoch von fixen Ablösesummen zu lesen, für welche ein Spieler seinen Verein verlassen darf, so wie vor einem Jahr beim Wechsel von Neymar vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain. Dabei handelt es sich um eine bei Vertragsschluss zwischen Verein und Spieler ausgehandelte feste Ablösesumme. In diesem Fall steht es jedem anderen Verein zu, den Spieler für die fix festgelegte Ablösesumme aus dem laufenden Arbeitsvertrag herauszukaufen, vorausgesetzt er kann sich mit dem Spieler auf einen neuen Arbeitsvertrag einigen. Mit der Installation einer fixen Ablösesumme gibt ein Verein daher seine Verhandlungsmacht aus der Hand und ermöglicht, dass die Transferverhandlungen ausschliesslich zwischen Spieler und interessiertem Verein stattfinden können. In diesem Sinne stellt der Einbau einer fixen Ablösesumme in das Vertragswerkt oftmals ein im Rahmen der Vertragsverhandlungen eingeräumtes Zugeständnis an den Spieler dar, damit dieser auch bei einem noch laufenden Arbeitspapier autonom über seine Zukunft und einen allfälligen Vereinswechsel entscheiden kann.
Beschränkung der Ablösesummen?
Aufgrund der in den letzten Jahren stetig in die Höhe schnellenden Ablösesummen sind diejenigen Stimmen lauter geworden, welche ein Ende oder zumindest eine Beschränkung des Transferwahnsinns fordern. Die meisten europäischen Rechtsordnungen, so auch die schweizerische, bieten hierfür jedoch keine entsprechende Möglichkeit. Die Vereine können sich auf den Rechtsgrundsatz der Vertragsfreiheit berufen und daher bleibt die Höhe der Ablösesumme Verhandlungssache, in welche sich der Gesetzgeber grundsätzlich nicht einmischt.
Einzig die Fussballverbände auf nationaler oder kontinentaler Ebene, sowie die FIFA hätten die Möglichkeit in ihren Regularien Mechanismen zur Beschränkung von Ablösesummen einzubauen. Lediglich die UEFA hat aber bisher versucht, von ihren Möglichkeiten Gebrauch zu machen.
Financial Fair Play
Die UEFA hat durch die Implementierung des Financial Fairplay (FFP) 2015 versucht, den Auswüchsen auf dem europäischen Transfermarkt Einhalt zu gebieten. Das FFP ist ein Reglement der UEFA zur Klublizenzierung für die Teilnahme an den europäischen Klubwettbewerben. Geregelt sind im FFP unter anderem die rechtlichen und finanziellen Kriterien, welche die Klubs für die Teilnahme erfüllen müssen. Die UEFA möchte insbesondere mit den finanziellen Kriterien im FFP eine steigende Verschuldung der europäischen Fussballvereine verhindern.
Das Financial Fair Play funktioniert wie folgt: Im Verlauf der jeweils vergangenen drei Jahre werden die relevanten Bilanzwerte der Vereine geprüft. In diesem Bemessungzeitraum müssen die relevanten Einnahmen die relevanten Ausgaben mindestens ausgleichen. Ist dies nicht der Fall, wird auch das vorhergehende Jahr miteinbezogen, um festzustellen, ob zumindest eine positive Entwicklung erkennbar ist.
Übersteigen die relevanten Ausgaben die relevanten Einnahmen, kann die Differenz (zurzeit nicht mehr als 45 Millionen Euro) durch private Geldgeber oder Investoren ausgeglichen werden. Geschieht dies nicht, verstösst der Verein gegen das FFP. Übersteigt das Defizit den Betrag von max. 45 Millionen Euro, verstösst der Verein ebenfalls gegen das FFP. Ende dieses Jahres soll neu verhandelt werden, wie hoch dieser Fehlbetrag maximal sein darf. Das Ziel ist es, diesen auf Null zu senken.
Verstösst ein Klub gegen das FFP, kann dieser durch die UEFA sanktioniert werden. Die Vereine haben mit der UEFA vereinbart, die Sanktionen zu akzeptieren. Sanktionen beinhalten unter anderem Ermahnungen, Verweise, Geldstrafen, Punkteabzüge in UEFA Wettbewerben, Transfersperren, Ausschluss aus UEFA Wettbewerben und Aberkennung von Titeln.
In der Praxis hat sich das FFP bisher als ziemlich zahnloses Instrument herausgestellt, welches vor allen Dingen kleinere Vereine bestraft, während wirksame Sanktionen (wie bspw. der einjährige Ausschluss aus der Champions League) gegen die hauptverantwortlichen Spitzenvereine bislang ausgeblieben sind.
Zulässigkeit von Konkurrenzverboten
Vor diesem Hintergrund könnten Vereine gewillt sein, ihren Spielern vertragliche Konkurrenzverbote aufzuerlegen, damit diese nicht zu einem Konkurrenten wechseln. Dies ist unter der Schweizerischen Rechtsordnung jedoch unzulässig: Zum einen haben Fussballer weder Einblick in den Kundenkreis noch in das Fabrik- und Geschäftsgeheimnis ihres Arbeitgebers. Daher ist eine grundlegende Voraussetzung für ein gültiges Konkurrenzverbot nach Art. 340 OR zum vornhinein nicht gegeben. Zum anderen haben Profisportler (im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen) einen grundsätzlichen Anspruch, von ihrem Arbeitgeber beschäftigt zu werden, da der Marktwert solcher Arbeitnehmer im Falle einer längeren Untätigkeit rapide sinken würde und ihr wirtschaftliches Fortkommen in besonderem Masse gefährdet wäre. Dieser Beschäftigungsanspruch würde durch ein vertraglich verankertes Konkurrenzverbot nach Ablauf der Vertragslaufzeit umgangen werden. Aus demselben Grund ist im Übrigen auch die Freistellung eines Profi-Fussballers problematisch.
Bei Fragen zum e-Sport steht das Sportrecht Team von VISCHER gerne bereit.
Autoren: Rafael Dössegger, Moritz Jäggy