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18. Juni 2020

Sozialversicherungspflicht für ausländische Arbeitnehmende

Überblick

Mit dem Zweck, doppelte Sozialabgaben bei Ausländer/innen zu vermeiden, hat die Schweiz zahlreiche bilaterale und multinationale Abkommen abgeschlossen. Dazu gehört insbesondere das Abkommen für Staatsangehörige von EU/EFTA Staaten, aber auch mit verschiedenen Drittstaaten hat die Schweiz diesbezügliche Vereinbarungen getroffen.

Staatsangehörige der EU/EFTA

Für Arbeitnehmende, die in der Schweiz oder im EU/EFTA Raum tätig und Staatsangehörige eines dieser Staaten sind, ist die Versicherungsunterstellung grundsätzlich im Abkommen mit der EU/EFTA geregelt. Das Abkommen mit der EU/EFTA ist jedoch auf einige kleinere Gebiete (z.B. die englischen Kanalinseln oder Monaco) nicht anwendbar. Diese Gebiete werden gleichbehandelt wie Nichtvertragsstaaten. Eine vollständige, regelmässig aktualisierte Übersicht findet sich in der Wegleitung zur Versicherungspflicht AHV/IV (WVP), Anhang 15, des Bundesamtes für Sozialversicherungen.

Wohnt und arbeitet der EU/EFTA Staatsangehörige in der Schweiz, so ist er in der schweizerischen Sozialversicherung versichert. Soweit so klar.

Was geschieht aber beispielsweise, wenn er oder sie nicht nur in der Schweiz, sondern zudem noch in einem oder mehreren EU/EFTA Staat/-en erwerbstätig ist? Grundsätzlich sind Arbeitnehmende, welche gleichzeitig in mehreren Staaten der EU/EFTA tätig sind, dem Sozialversicherungssystem des Wohnsitzstaates unterstellt, sofern sie dort zu einem wesentlichen Teil erwerbstätig sind (es gilt die sog. 25%-Regel). Anderenfalls unterstehen diese dem Sozialversicherungssystem jenes Staates, in welchem sich der Arbeitgebersitz befindet (Arbeitgeberprinzip). Falls der Arbeitnehmende mehrere Arbeitgeber mit Sitz in zwei verschiedenen Staaten hat und einer davon der Wohnsitzstaat ist, unterliegt die Person den Rechtsvorschriften desjenigen Staates, welcher nicht der Wohnsitzstaat ist. Selbstständigerwerbende sind dem Sozialversicherungssystem jenes Staates unterworfen, in welchem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet.

Somit ist beispielsweise ein Deutscher Staatsangehöriger, der in Zürich wohnt, dort zwei Tage in der Woche am Hauptsitz seines Schweizer Arbeitgebers tätig ist und drei Tage in der Niederlassung in Frankreich arbeitet, in der Schweiz sozialversichert. Es greift das Arbeitgeberprinzip.

Staatsangehörige anderer Vertragsstaaten

Mit zahlreichen Staaten ausserhalb der EU/EFTA hat die Schweiz bilaterale Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen. Es sind dies derzeit Australien, Bosnien und Herzegowina, China (ohne Hongkong, Macao und Taiwan), Chile, Indien, Israel, Japan, Kanada/Quebec, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Philippinen, Republik San Marino, Serbien, Südkorea, Türkei, Uruguay und USA.

Auch hier gilt: Wohnt und arbeitet der Arbeitnehmende mit einer Staatsangehörigkeit aus einem solchen Vertragsstaat in der Schweiz, so ist er in der Schweiz sozialversichert. Arbeitet er/sie in zwei verschiedenen Vertragsstaaten, ist der Arbeitnehmende in der Regel in beiden Staaten mit dem jeweiligen Einkommen versichert.

Im Gegensatz zum Arbeitnehmenden aus der EU/EFTA ist ein Arbeitnehmender aus einem Vertragsstaat bedingungslos auch dem Schweizer Sozialversicherungssystem unterstellt, wenn er oder sie neben der Schweiz noch in einem oder mehreren EU/EFTA Staat /-en arbeitet (ausgenommen sind Einkommen aus einer Tätigkeit in Deutschland, Dänemark, Irland, Schweden und der Slowakei).
Beispiel: Ein Japanischer Staatsangehöriger, der in Zürich wohnt, dort einen Tag in der Woche für seinen Schweizer Arbeitgeber tätig ist und je zwei Tage in Frankreich und Italien in verschiedenen Niederlassungen arbeitet, ist in der Schweiz versichert.

Staatsangehörige von Nicht-Vertragsstaaten

Arbeitnehmende, welche weder Staatsangehörige eines EU/EFTA Staates noch eines anderen Vertragsstaates sind und in einem Vertragsstaat arbeiten und wohnen, sind in jenem Staat sozialversichert.

Nimmt ein Angehöriger eines Nichtvertragsstaates eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz auf, so wird seine Versicherungsunterstellung geprüft. Grundsätzlich sind alle in der Schweiz tätigen Arbeitnehmenden in der Schweiz versichert.

Ausnahme: Die Entsendung

Eine Entsendung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmender für eine bestimmte Zeit im Auftrag und auf Rechnung seines Arbeitgebers in einem anderen Staat arbeitet. Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und entsandtem Arbeitnehmenden bleibt während der Dauer der Entsendung bestehen.

Sämtliche Abkommen sehen vor, dass von einem Schweizer Arbeitgeber auf bestimmte Zeit in einen Vertragsstaat entsandte Arbeitnehmende unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit der Schweizer AHV/IV/EO und ALV unterstellt bleiben.

Arbeitgebende, die Abeitnehmende in einen Vertragsstaat entsenden, müssen bei ihrer Ausgleichskasse eine Entsendungsbescheinigung einholen (sogenannte Bescheinigung A1 für Staatsangehörige der EU, Bescheinigung E101 für Staatsangehörige der EFTA und Certificate of Coverage für Angehörige der Vertragsstaaten). Umgekehrt empfiehlt es sich, dass Arbeitgebende ihre entsandten Arbeitnehmenden darauf aufmerksam machen, dass sie sicherstellen, dass sie über die entsprechenden Papiere verfügen.

Insbesondere Entsandten nach Österreich und Frankreich wird empfohlen, Ihre Bescheinigung A1 immer bei sich zu tragen, da Kontrollen häufig sind und ein Fehlen der Bescheinigung mit Busse bestraft werden kann.

Spezialfall in Abrechnung: ANOBAG

Ist ein Arbeitgeber in der Schweiz nicht beitragspflichtig, weil er beispielsweise in der Schweiz keine Betriebsstätte hat oder dieser Sitz in einem ausländischen Staat hat, so wird der Arbeitnehmende zum sogenannten ANOBAG (Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber).

Zweck dieser Regelung ist, dass den Schweizer Sozialversicherungsbehörden ein Beitragsschuldner in der Schweiz zur Verfügung steht. Im Rahmen der EU/EFTA-Abkommen muss der Arbeitnehmende ausdrücklich zustimmen, dass er die Beiträge übernimmt (sog. Vereinbarung nach Art. 21 Abs. 2 VO (EG) Nr. 9871/09). Ausserhalb der EU/EFTA-Abkommen (Staaten mit bilateralen Sozialversicherungsabkommen oder Nichtvertragsstaaten) ist hingegen der Arbeitnehmende automatisch und ohne ausdrückliche Zustimmung verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Zu diesem Zweck meldet er sich bei der AHV-Ausgleichskasse seines Wohnortes, oder – falls er keinen Wohnsitz in der Schweiz hat – bei der AHV-Ausgleichskasse am Arbeitsort.

Dem ANOBAG-Status ist im Arbeitsvertrag entsprechend Rechnung zu tragen. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmenden nicht nur den Nettolohn, sondern auch die entsprechenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge der Sozialversicherung überweisen.

Aufgrund der unzähligen Nationalitäten, Wohn- und Arbeitsorte im In- und Ausland ergeben sich zahlreiche individuelle Situationen und Verhältnisse. Daher gilt es, bei jedem ausländischen Mitarbeitenden, egal welcher Herkunft, sorgfältig individuell sicherzustellen, dass er sozialversicherungsrechtlich korrekt versichert ist.

Für Fragen steht Ihnen unser Immigrationteam gerne zur Verfügung.

Autor: Urs Haegi

Kategorien: Immigration, Blog

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