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Kategorien: Digital Business Law Bites, Blog
Mit der Reihe "Digital Business Law Bites" geben wir einen kleinen Einblick in die Fülle unserer Erfahrungen und Klientenprojekte rund um digitale Geschäftsprozesse.
Bereits zum sechsten Mal in Folge belegte die Schweiz im diesjährigen Global Innovation Index der World Intellectual Property Organization den ersten Platz. Sie gehört mit jährlichen Investitionen von knapp 20 Milliarden Euro im R&D-Bereich zusammen mit Schweden, dem Vereinigten Königreich und den USA zu den innovativsten Wirtschaften der Welt. Ein grosser Anteil dieser Investitionen erfolgt im Bereich der ICT-Technologien wie bspw. den softwarebezogenen Analysemethoden. Die Patentierbarkeit solcher Methoden ist in der Schweiz jedoch umstritten, schliesst bspw. das Europäische Patentübereinkommen sog. Programme für Datenverarbeitungsanlagen und Businessmethoden explizit von seinem Anwendungsbereich aus. Analysemethoden sind dennoch auch in der Schweiz patentierfähig, sofern der Erfinder eine minimale Technizität aufzeigt und die Innovation in einer konkreten, anwendbaren technischen Lehre beschreibt.
Softwarebezogene Analysemethoden dienen zur Untersuchung eines bestimmten Problems oder Sachverhalts und werden weder manuell noch maschinell, sondern mithilfe von Computern bedient. Diese Methoden können entweder rein digital ausgestaltet oder als Software in Hardwareprodukten implementiert sein. Besonders begehrt sind momentan computerimplementierte Analysemethoden im Bereich von Risikomanagement und Big Data Analytics.
Das Schweizer Patentgesetz (PatG; SR 232.14) selbst macht weder eine Referenz zu Computerprogrammen und Geschäftsmethoden, noch stellt es explizit Voraussetzungen an die Technizität von Innovationen. Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ; SR 232.142.2) andererseits führt in Art. 52 Abs. 2 lit. c EPÜ sowohl Businessmethoden als auch Computerprogramme exemplarisch als «nicht erfinderisch» auf. Entgegen des ausdrücklichen Wortlautes des EPÜ erlauben aber sowohl das Europäische Patentamt als auch die beurteilenden Gerichte das Patentieren von Computerprogrammen und Businessmethoden, sofern die innovativen Verfahren und Erfindungsgegenstände über einen «zusätzlichen technischen Charakter» verfügen.
Was genau unter einem solch zusätzlichen technischen Charakter zu verstehen ist, hängt von einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls ab und kann an dieser Stelle nur summarisch umschrieben werden. Erwartet wird, dass eine Erfindung einen erweiterten technischen Beitrag leistet, welcher über die reine Anwendbarkeit auf einem technischen Gerät hinausgeht. Regelmässig ungenügend ist eine Erfindung dann, wenn sie zwar auf einem Computer einsetzbar ist, der Erfinder aber nicht aufzeigt, dass diese daneben noch eine weitere technische Leistung erbringen oder einen nachweisbaren technischen Effekt bewirken kann. Ein Musterbeispiel hierfür sind in Quellcode verfasste Softwarebefehle, welche zwar auf einem Computer einsetzbar sind, überdies aber keine technische Qualifikation bieten. Den patentrechtlichen Anforderungen genügen also nur Erfindungen, welche aufgrund ihrer Aufgabenstellung, in der Art und Weise ihrer Problemlösung oder in ihrer funktionalen Wirkungsweise einen zusätzlichen technischen Charakter aufweisen. Unbestritten ist die Patentierbarkeit von softwarebezogenen Erfindungen, welche über eine maschinelle Komponente verfügen, also bspw. mit einem Hardware-Gerät verbunden oder darin implementiert sind. Auch Verfahren und Mittel zur Steuerung von mechanischen Anlagen und Netzwerken sind regelmässig patentierbar, so etwa im Bereich der Weichenstellung von Bahnanlagen oder in der Kontrolle von Energieträgern. Schwierig bleibt die Bewertung einer rein computerimplementierten Erfindung, wenn die erfinderische Leistung im Transferieren oder Verarbeiten von Datensignalen liegt, ohne dass ein kontrollierender oder steuernder Einfluss auf die Daten ausgeübt wird. Dies im Gegensatz zur Manipulation von Datensignalen, welche regelmässig einen technischen Effekt bewirken und folglich ihre zusätzliche Technizität erkennbar zum Ausdruck bringen. Die in der Schweiz patenterteilende Behörde, das Institut für Geistiges Eigentum, erachtete bspw. ein Computersystem zur Verwaltung von digitalen Benutzungsrechten nicht als patentierbar, während sie ein Verfahren zur Kontrolle der Qualität von digitalen Farbbildaufzeichnungen zuliess.
Überdies ist es für jede Patentanmeldung erforderlich, die technische Lehre, welche zur Lösung eines bestimmten Problems verwendet wird, verständlich darzulegen. Die entsprechende technische Lehre darf nicht abstrakt umschrieben werden, da das Patentrecht keine abstrakten, generischen Verfahrensmethoden schützt. Experten aus dem Fachgebiet der beanspruchten Erfindung müssen imstande sein, eine Erfindung aufgrund des Beschriebs der technischen Lehre umzusetzen. Analysemethoden, welche ohne Nennung einer konkreten Anwendungsmöglichkeit nur ein Verfahren beschreiben, genügen diesen Anforderungen regelmässig nicht.
Das Schweizer Patentrecht orientiert sich folglich weitgehend an der europäischen Interpretation von softwarebezogenen Erfindungen. Die patenterteilende Behörde hat faktisch zwei weitere Schutzvoraussetzungen geschaffen, welche bei der Bewertung von computerimplementierten Erfindungen und Geschäftsmethoden zu berücksichtigen sind. Analysemethoden, welche zu ihrer Umsetzung Computer benötigen, sind entgegen des ausdrücklichen Wortlautes des Europäischen Patentübereinkommens also dennoch patentierbar, sofern sie 1) einen zusätzlichen technischen Charakter aufzeigen und 2) die zur Anwendung kommende technische Lehre konkrete Anwendungsmöglichkeiten benennt. Trotz erhöhter Hürden sind also auch softwarebezogene Analysemethoden dem Patentschutz zugänglich.
Autorin: Sarah Zurmühle