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Am 1. Januar 2024 treten drei teilrevidierte Ausführungsverordnungen zum Schweizerischen Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) in Kraft. Diese Bestimmungen stehen im Zusammenhang mit der 5G-Technologie: Erklärtes Ziel ist es, Überwachungslücken mit der Einführung neuer Auskunfts- und Überwachungstypen zu verhindern. Dieses (erste) Revisionspaket wirft einige grundsätzliche Fragen auf. Welche Anbieter von den Neuerungen betroffen sind, bleibt noch weitgehend unklar.
Der Schweizerische Bundesrat hat die Revision des Überwachungsrechts zuletzt in zwei Teile aufgeteilt:
Der Schweizer Wirtschaftsverband der ICT- und Online-Branche (Swico) und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) haben diese Zweiteilung der Revision im Rahmen der Vernehmlassung kritisiert. Sie machten geltend, die aktuellen Änderungen würden Pflichten festlegen, ohne konkret zu bestimmen, wer diesen Pflichten unterliegen wird. Dem Anliegen, das erste Änderungspaket zurückzuziehen und einen neuen Vorschlag zu erarbeiten, der auch das zweite Paket umfasst, wurde jedoch nicht entsprochen.
Das erste Revisionspaket hat zum Ziel, dem Schweizer Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr ("Dienst ÜPF") ein gleichbleibendes Niveau der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs zu gewährleisten. Dazu werden zusätzliche Auskunfts- und Überwachungstypen eingeführt. Konkret beinhaltet das Revisionspaket:
Zu den wichtigsten Änderungen dieses ersten Revisionspakets siehe auch unseren Beitrag "Modernisierung des Überwachungsrechts auf Verordnungsstufe (Teil 1)" vom 18. Februar 2022.
Die Vernehmlassung betreffend das erste Revisionspaket dauerte vom 16. Februar bis zum 23. Mai 2022. Beim Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bzw. beim federführenden Dienst ÜPF gingen insgesamt 70 Vernehmlassungsantworten ein. Während die Kantone und die Strafverfolgungsbehörden die Vorlage grundsätzlich begrüssten, haben sie Telekommunikationsanbieterinnen und andere betroffene Anbieterinnen sowie Branchenverbände teilweise scharf kritisiert.
Es wurde kritisiert, dass nicht nur Bestimmungen im Zusammenhang mit der 5G-Technologie geändert werden, sondern auch andere, die eine Ausweitung der allgemeinen Überwachung darstellen und Mehraufwand für die MWP und Abstriche bei der Privatsphäre der Nutzer bedeuten. Die Kritik betraf insbesondere die Höhe der Entschädigung der MWP, die zur Identifikation der Teilnehmenden notwendigen Daten, die automatisierte Erteilung von Auskünften, die Positionsbestimmung und die kürzeren Bearbeitungsfristen.
Das EJPD hat letztlich nur einen Teil dieser Kritik berücksichtigt.
Folgende Punkte, die in der Vernehmlassung aufgebracht wurden, flossen in die Überarbeitung der Vorlage ein:
Folgende Punkte, die in der Vernehmlassung aufgebracht wurden, wurden nicht berücksichtigt:
Das Anliegen von Strafverfolgungsbehörden, mit neuen technologischen Entwicklungen wie namentlich der 5G-Technologie Schritt zu halten, ist nachvollziehbar.
Es überzeugt allerdings rechtssetzungstechnisch nicht, zunächst Pflichten festzulegen, ohne zu definieren, wer diesen Pflichten konkret unterliegt. Ist der Betroffenenkreis nicht hinreichend spezifiziert, kann nicht von einer rechtsgenügenden Konsultation (im Rahmen der Vernehmlassung) gesprochen werden. Wer von den einzelnen Neuerungen konkret betroffen ist, bleibt weitgehend unklar, bis die MWP im zweiten Paket neu definiert werden.
Mit den neuen Bestimmungen werden den MWP zahlreiche neue Pflichten auferlegt und den Strafverfolgungsbehörden im Gegenzug neue Instrumente in die Hand gegeben. Es ist fraglich, ob das eigentliche Revisionsziel – die Anpassung der Verordnungen an die 5G-Technologie – eingehalten oder nicht doch darüber hinausgeschossen wurde. Die Einführung neuer Pflichten auf dem Verordnungsweg wirft zudem grundrechtliche Fragen auf.
Es ist unbestritten, dass die in den Verordnungen vorgesehene höhere Dichte an zu liefernden Auskünften und die dafür zu schaffenden Ressourcen zu Mehraufwand seitens der mitwirkungspflichtigen Unternehmen führen werden. Das EJPD ist jedoch der berechtigten Forderung nach einer höheren Entschädigung nicht nachgekommen. Dies ist nicht nachvollziehbar, da es letztlich um nichts anderes geht als um Hilfestellung privater Anbieterinnen im Rahmen der Erfüllung staatlicher Aufgaben (siehe dazu auch das Postulat Nr. 19.4031 von Nationalrat Albert Vitali/Marcel Dobler vom 16. September 2019 und der gestützt darauf verfasste Bericht des Schweizerischen Bundesrats vom 18. Oktober 2023). Zwischen 2019 und 2022 hat sich die Anzahl Auskünfte gemäss einschlägiger Statistik des Dienstes ÜPF (https://www.li.admin.ch/de/stats) mehr als verdoppelt. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend anhalten und auch die Komplexität der Fälle weiter steigen wird.
Es ist positiv zu bewerten, dass einige kontroverse Bestimmungen in das zweite Revisionspaket verschoben wurden. Dadurch können die neuen Pflichten gleichzeitig mit der Definition der MWP eingeführt werden. Auch die Präzisierung im Wortlaut einzelner Bestimmungen der Verordnungen und die Verlängerung der Übergangsfrist sind zu begrüssen.
Unternehmen, die nach geltendem Recht als Anbieter von Fernmeldediensten oder abgeleiteten Kommunikationsdiensten qualifizieren, sollten sich mit den Änderungen des Überwachungsrechts vertraut machen und die weiteren Entwicklungen im Zusammenhang mit dem zweiten Revisionspaket verfolgen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre eine baldige Klärung der Mitwirkungspflichtigen wünschenswert.
Autor: Jonas D. Gassmann
Rechtsanwalt
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