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Kategorie: Steuern
Bei Darlehen und Vorschüssen (nachfolgend "Darlehen"), welche innerhalb eines Konzerns oder zwischen einer Gesellschaft und einer dieser nahestehenden Person, z.B. einem Aktionär, gewährt werden, stellt sich stets die Frage, welche Verzinsung angemessen ist. Grundsätzlich akzeptieren die Schweizer Steuerbehörden die zwischen den nahestehenden Parteien vereinbarte Verzinsung, sofern sie marktkonform ist. Für Darlehensverhältnisse innerhalb der Schweiz oder für von Schweizer Gesellschaften an nahestehende Personen mit Sitz im Ausland gewährte Darlehen kann für Schweizer Steuerzwecke ausserdem auf die "Safe Haven Zinssätze" der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) abgestützt werden. Bei diesen veröffentlichten Zinssätzen wird Marktkonformität angenommen.
Die Rundschreiben der ESTV bestimmen für Darlehen, welche eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz ihren Aktionären oder nahestehenden Personen gewährt (Aktivdarlehen), Mindestzinssätze. Erhält hingegen eine solche Schweizer Gesellschaft ein Darlehen von ihren Aktionären oder ihr nahestehenden Personen (Passivdarlehen), sind Maximalzinssätze vorgesehen. Welcher Zinssatz anwendbar ist, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich um ein Aktiv- oder Passivdarlehen handelt und ob das Darlehen in Schweizer Franken oder einer Fremdwährung gewährt wird.
Neben diesen "Safe Haven" Zinssätzen ist es aber auch möglich, einen anderen Zinssatz anzuwenden, falls nachgewiesen werden kann, dass dieser Zinssatz marktkonform ist. Der Nachweis kann dabei z.B. mittels einer Studie oder anhand der konkreten Finanzierung eines Darlehens (z.B. bei Back-to-Back Darlehen) erbracht werden. Zur Prüfung, ob ein Darlehenszinssatz dem Drittvergleich standhält, stützen sich die Schweizer Steuerbehörden unter anderem auch auf die Verrechnungspreisrichtlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), insbesondere auf das darin enthaltene Kapitel X zu Finanztransaktionen.
Wichtig zu beachten ist, dass die von der ESTV veröffentlichten "Safe Haven" Zinssätze nur für die Steuerbehörden in der Schweiz bindend sind. Bei an Gesellschaften mit Sitz im Ausland gewährten Darlehen ist daher darauf zu achten, dass die Zinssätze auch von den Steuerbehörden im Ausland akzeptiert werden. Die meisten ausländischen Steuerbehörden stellen bei ihrer Beurteilung ebenfalls auf die vorgenannten Verrechnungspreisrichtlinien der OECD ab und akzeptieren den Zinsaufwand, falls dieser einem Drittvergleich standhält.
Weiter muss auch die Finanzierungssituation der Darlehensnehmerin beachtet werden. Dabei ist stets zu prüfen, ob auch ein unabhängiger Dritter der Darlehensnehmerin einen Kredit gewähren würde. Insbesondere darf die Darlehensnehmerin nicht unterfinanziert sein. Zur Feststellung, ob ein Unternehmen unterfinanziert ist, stützen sich die Schweizer und ausländischen Steuerbehörden auf sogenannte "Thin-Cap-Rules", mit welchen das Mindesteigenkapital eines Unternehmens berechnet wird. Wird aufgrund dieser schematisierten Berechnungsmethoden festgestellt, dass die Konzerngesellschaft, welche das Darlehen erhält, nicht über genügend Eigenkapital verfügt, wird ein Teil des gewährten Darlehens in Eigenkapital der Darlehensnehmerin umqualifiziert (verdecktes Eigenkapital). Dies hat zur Folge, dass Zinsen, welche auf diesem Teil des Darlehens bezahlt werden, steuerlich nicht zum Abzug zugelassen werden. Steuerlich wird dieser Teil der Zinsen wie eine Dividendenzahlung behandelt. Zudem lassen gewisse Staaten, wie z.B. Deutschland, Zinsaufwand nur in einem gewissen Verhältnis zum Reingewinn bzw. EBIT(DA) zu.
Bei Darlehen in Schweizer Franken gelten die von der ESTV in einem jährlichen Rundschreiben veröffentlichten Zinssätze für solche Vorschüsse oder Darlehen. Die folgenden Zinssätze beziehen sich auf das Jahr 2023.
Minimalzinssatz: Wird das Darlehen von einer Schweizer Gesellschaft an eine nahestehende Person oder Gesellschaft gewährt, wird gefordert, dass der Zinssatz mindestens die Selbstkosten der Darlehensgeberin, also z.B. den Zinssatz der Fremdfinanzierung, plus eine Marge abdeckt. Der Zinssatz muss aber mindestens 1.5 % betragen.
Marge und Mindestzinssatz für das Jahr 2023 gemäss "Safe Haven" Rules:
CHF Darlehen
Marge auf Selbstkosten
Mindestzinssatz
Bis und mit CHF 10 Mio.
0.5 %
1.5 %
Ab CHF 10 Mio.
0.25 %
Maximalzinssatz: Nimmt eine Schweizer Gesellschaft ein Darlehen von einer nahestehenden Person oder Gesellschaft auf, so unterscheidet sich die Höhe des steuerlich akzeptierten Maximalzinssatzes je nachdem, ob (i) es sich um einen Liegenschafts- oder einen Betriebskredit handelt und ob (ii) der Kredit an ein Handels- und Fabrikationsunternehmen oder an eine Holding- und Vermögensverwaltungsgesellschaft gewährt wird.
Falls es sich bei der Darlehensnehmerin um ein Handels- und Fabrikationsunternehmen handelt, gelten für das Jahr 2023 die folgenden "Safe Haven" Zinssätze für einen Betriebskredit:
Maximalzinssätze für an Handels- und Fabrikationsunternehmen gewährte Betriebskredite für das Jahr 2023 gemäss "Safe Haven" Rules:
CHF Darlehen*
"Safe Haven" Zinssatz
Marge zum Minimalzinssatz
Bis CHF 1 Mio.
3.75 %
2.25 %
Ab CHF 1 Mio.
0.75 %
* Für die Berechnung der vorgenannten Limiten sind die Kredite sämtlicher Beteiligten und nahestehender Personen zusammen zu zählen.
Für Darlehen in Fremdwährungen gelten die von der ESTV ebenfalls in einem jährlichen Rundschreiben veröffentlichten Zinssätze für solche Vorschüsse oder Darlehen.
Minimalzinssatz: Wird das Darlehen von einer Schweizer Gesellschaft an eine nahestehende Person oder Gesellschaft gewährt, so muss der Zinssatz mindestens die Selbstkosten des Darlehensgebers, d.h. den Zinssatz der Fremdfinanzierung, zuzüglich einer Marge decken. Der Zinssatz muss jedoch mindestens den von der ESTV veröffentlichten Mindestzinssätzen für Darlehen in Fremdwährung entsprechen. Für solche Darlehen sieht die ESTV jeweils unterschiedliche "Safe Haven" Zinssätze je nach Währung vor. Diese werden im Rundschreiben der ESTV jährlich publiziert. Liegt der gültige Zinssatz für eine Fremdwährung unter dem Minimalzinssatz für Schweizer Franken, ist der Minimalzinssatz für Schweizer Franken anzuwenden. Aus Sicht der Darlehensgeberin ist wiederum relevant, dass der Zinssatz die Selbstkosten der Fremdfinanzierung zuzüglich einer Marge abdeckt, aber mindestens den für die Fremdwährung bestimmten Minimalzins erreicht. Für Darlehen oder Vorschüsse in Euro beträgt der publizierte Minimalzins für das Jahr 2023, z.B. 3 %.
Marge und Mindestzinssatz für das Jahr 2023 gemäss "Safe Haven" Rules für in Euro gewährte Darlehen ohne Fremdwährungsrisiko (z.B. Darlehensgeberin hat Euro als Funktionalwährung):
Fremdwährungsdarlehen
3 %
0.25 %*
*Falls ein Fremdwährungsrisiko besteht, beträgt die Mindestmarge immer mindestens 0.5 %
Maximalzinssatz: Nimmt eine Schweizer Gesellschaft ein Fremdwährungsdarlehen von einer nahestehenden Person oder Gesellschaft auf, so bestimmt sich die Höhe des Maximalzinssatzes aufgrund des für die Währung definierten Minimalzinssatzes und der zulässigen Marge zum Minimalzinssatz. Die zulässige Marge ist identisch mit der Marge, welche für Darlehen in Schweizer Franken gilt. Nimmt ein Schweizer Unternehmen einen Kredit in Fremdwährung auf, so ist zudem gegenüber den Schweizer Steuerbehörden zu begründen, weshalb keine Verpflichtung in tiefer verzinsliche Schweizer Franken eingegangen wurde.
Maximalzinssätze für an Handels- und Fabrikationsunternehmen gewährte Betriebskredite in Euro für das Jahr 2023 gemäss "Safe Haven" Rules:
Fremdwährungsdarlehen*
5.25 %
*Für die Berechnung der vorgenannten Limiten sind die Kredite sämtlicher Beteiligten und nahestehender Personen zusammen zu zählen.
Wie bereits erwähnt, sind die "Safe Haven" Zinssätze nur für die Schweizer Steuerbehörden verbindlich. Handelt es sich bei der Darlehensnehmerin um ein Unternehmen mit Sitz im EU-Raum, ist ausserdem zu beachten, dass die Anwendung von einseitigen "Safe Haven" Zinssätzen unter den sogenannten "Hallmark" E.1. der Offenlegungsvorschriften der Europäischen Union fallen kann (Meldepflicht für gewisse grenzüberschreitende Gestaltungen bzw. DAC 6). Schweizer Gesellschaften, welche die Schweizer "Safe Haven" Zinssätze auf Transaktionen mit Konzerngesellschaften mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat anwenden, sollten sich daher bewusst sein, dass diese Transaktionen in der EU meldepflichtig sein könnten.
Die jährlich publizierten "Safe Haven" Zinssätze sind für Schweizer Gesellschaften, die Darlehen an nahestehende Personen gewähren oder von diesen Darlehen erhalten, eine willkommene administrative Entlastung. Die "Safe Haven" Zinssätze sind jedoch nur für die Steuerbehörden in der Schweiz verbindlich. Sobald Darlehen an Gesellschaften mit Sitz im Ausland gewährt werden, sind die ausländischen Steuergesetze zu beachten und die Konsultation eines lokalen Steuerberaters ist in Betracht zu ziehen.
Im Einzelfall, z.B. bei von Unternehmen mit Sitz im Ausland gewährten Darlehen deren Zinssatz die "Safe Haven" Rates übersteigt oder um der individuellen Finanzierungssituation gerecht zu werden, ist der marktkonforme Zinssatz aufgrund der konkreten Verhältnisse zu bestimmen. Die Schweizer Steuerbehörden akzeptieren Zinssätze, welche die "Safe Haven" Zinssätze über- oder unterschreiten, sofern nachgewiesen werden kann, dass diese dem Drittvergleich standhalten. Aus unserer Erfahrung lohnt es sich in solchen Situationen mit der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung Kontakt aufzunehmen und den zulässigen Zinssatz bzw. dessen Berechnung in einem Steuerruling schriftlich festzuhalten. Dabei können auch gleich Fragen betreffend die Berechnung des steuerlich notwendigen Eigenkapitals geklärt werden.
Da die Zinssätze in den Rundschreiben der ESTV sich jährlich ändern, empfehlen wir, in konzerninternen Darlehensverträgen eine Klausel einzubauen, wonach der vereinbarte Zinssatz jährlich angepasst werden kann. Wenn Verträge eine solche Klausel vorsehen, ist sicherzustellen, dass die verwendeten Zinssätze auch tatsächlich jährlich überprüft werden.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung von Finanzierungsverträgen, Bestimmung der steuerlich zulässigen Zinsen und bei der Bestätigung der Steuerfolgen einer geplanten Finanzierung mittels Einholen von Steuerrulings.
Autor: Adrian Briner
dipl. Wirtschaftsprüfer, dipl. Steuerexperte
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