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Grundsätzliches zum Schlichtungsverfahren Nach dem Grundsatz "erst schlichten, dann richten" geht einer gerichtlichen Auseinandersetzung in der Regel ein Schlichtungsverfahren voraus. Die Schlichtungsbehörde versucht, den Streit mit einer einvernehmlichen Lösung zu beenden und die Parteien zu versöhnen. Erst wenn der Schlichtungsversuch erfolglos verläuft, erhält die klagende Partei die Klagebewilligung und damit die Möglichkeit, ans Gericht zu gelangen.
Die Verhandlung vor der Schlichtungsbehörde dient der formlosen Diskussion des Streitgegenstandes. Die Aussagen der Parteien werden nicht protokolliert. Trotz des formlosen Ablaufs des Verfahrens sollten die Parteien einige Merkpunkte beachten, um diesen ersten Schritt bei der Einleitung bzw. Abwehr einer Klage erfolgreich zu meistern.
Wer muss an der Schlichtungsverhandlung teilnehmen? Ziel des Gesetzgebers war es, im Rahmen der Schlichtung jene Personen an den Tisch zu bringen, die auch tatsächlich entscheiden können. Die Parteien sind deshalb grundsätzlich verpflichtet, an der Schlichtungsverhandlung persönlich zu erscheinen. Erscheint die klagende Partei trotz entsprechender Verpflichtung unentschuldigt nicht persönlich, gilt das Schlichtungsgesuch als zurückgezogen. Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. Dies kann für den Kläger insbesondere dann schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn sein Anspruch einer materiellen Verwirkungsfrist unterliegt. Zu denken ist hier beispielsweise an eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (Art. 336b OR).
Grundsätzlich hat auch die beklagte Partei persönlich zur Verhandlung zu erscheinen. Tut sie es nicht, erweckt dies zwar keinen guten Eindruck, bringt aber ansonsten in der Regel keine negativen Konsequenzen für die Beklagte mit sich. Es wird verfahren, wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre. In Ausnahmefällen und nur, wenn dies vorab angedroht wurde, kann aufgrund des Nichterscheinens eine Busse ausgesprochen werden.
Die Pflicht zum persönlichen Erscheinen gilt auch für juristische Personen. Bei diesen wird verlangt, dass eine Organperson erscheint, die zur Klärung des Prozessgegenstands beitragen und gegebenenfalls rechtsgültig einen Vergleich abschliessen kann. Ist die Organperson nicht einzelzeichnungsberechtigt, ist eine rechtsgenügende Vollmacht vorzulegen. Neben Organpersonen können auch Personen erscheinen, die mit einer kaufmännischen Handlungsvollmacht ausgestattet und ausdrücklich zur Prozessführung befugt sind. In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30'000 genügt es, wenn der Arbeitgeber eine angestellte Person delegiert, solange diese Person schriftlich zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt ist.
Um die Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu erfüllen, genügt es nicht, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, selbst wenn dieser ordnungsgemäss bevollmächtigt ist.
Wie ausführlich muss ein schriftliches Schlichtungsbegehren sein? Im Schlichtungsgesuch sind die Gegenpartei, das Rechtsbegehren und der Streitgegenstand zu bezeichnen (Art. 202 Abs. 2 ZPO). Es genügt, der Schlichtungsbehörde einen kurzen Überblick über den Streit und die eigene Forderung zu verschaffen.
Die Aussagen der Parteien im Schlichtungsverfahren werden nicht protokolliert. Sie dürfen in einem späteren gerichtlichen Verfahren auch nicht verwendet werden (Art. 205 Abs. 1 ZPO). Dies gilt allerdings nur für die mündlichen Aussagen der Parteien an der Verhandlung. Das schriftliche Schlichtungsgesuch kann durchaus in einem späteren Gerichtsverfahren verwendet werden. Man sollte daher im Zweifelsfall lieber nicht zu viel schreiben und sich nicht auf Positionen festlegen, die man noch nicht im Detail durchdacht hat.
Die Parteien, das Rechtsbegehren und der Streitgegenstand werden bei erfolglosem Verlauf des Schlichtungsverfahrens durch die Klagebewilligung fixiert. Nach Ausstellung der Klagebewilligung ist eine Klageänderung ohne Zustimmung der Gegenpartei nur noch zulässig, wenn der neue Anspruch der gleichen Verfahrensart unterliegt und in einem sachlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Anspruch steht. Der Kläger sollte sich also bereits im Schlichtungsverfahren gut überlegen, was er gestützt auf welchen Lebenssachverhalt geltend machen will und wen er mit seiner Klage ins Recht fassen will.
Soll ich mich von meinem Rechtsanwalt begleiten lassen? Die Parteien können sich an der Schlichtungsverhandlung von einem Rechtsbeistand oder von einer Vertrauensperson begleiten lassen. Sofern die Parteien sich zutrauen, ihren Standpunkt selbst vorzutragen und Verhandlungen mit der Gegenseite zu führen, ist die Begleitung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. Ist aber die Gegenpartei anwaltlich vertreten, macht es in der Regel Sinn, sich auch von einem Rechtsanwalt begleiten zu lassen, um ein Kräftegleichgewicht herzustellen und sich gegebenenfalls intern beraten zu können.
Die Schlichtungsbehörde wird in der Regel darüber orientiert, ob die Parteien eine Begleitperson zur Verhandlung mitbringen. Im Zweifelsfall kann man vor der Verhandlung telefonisch bei der Schlichtungsbehörde nachfragen, ob die Gegenseite anwaltlich vertreten sein wird.
Checkliste Die nachfolgende Checkliste soll den Parteien als Orientierungshilfe dienen, wenn sie sich dazu entschliessen, sich dem Schlichtungsverfahren ohne anwaltliche Unterstützung zu stellen.
Unser Prozessführungsteam beantwortet Ihnen gerne allfällige Fragen.
Autoren: Roxane Schmidgall, Tina B. Jäger