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19. November 2024 Revision der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO): Hintergrund und Überblick

Seit dem 1. Januar 2011 ist die erste gesamtschweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft. Nun, genau 14 Jahre später, erfährt sie ihre erste grössere Revision, welche am 1. Januar 2025 in Kraft tritt.

In einer aus zehn Beiträgen bestehenden Blogreihe beleuchtet das Prozessführungsteam von VISCHER die wesentlichen Änderungen und erklärt Wissenswertes rund um die neuen Regelungen der ZPO. Dieser erste Beitrag gibt Ihnen einen kurzen Überblick über den Hintergrund, die Themenbereiche und die Ziele der bevorstehende ZPO-Revision. Die revidierte Zivilprozessordnung kann hier eingesehen werden.

Die ZPO hat sich über die Jahre hinweg als zuverlässiges und praxistaugliches Instrument erwiesen, das den Zugang zum Zivilrecht in der Schweiz erheblich vereinheitlicht hat. Die erste Revision zielt nun darauf ab, diese Stärken weiter auszubauen und insbesondere auf die Herausforderungen der globalisierten und digitalisierten Welt einzugehen. Der Gesetzgeber hat sich zum Ziel gesetzt, die Praktikabilität der Verfahrensordnung weiter zu verbessern, die Effizienz der Verfahren zu erhöhen, den Zugang zur Justiz zu erleichtern und die Kosten für die Parteien zu senken. Insbesondere die Verbesserung der internationalen Handelsgerichtsbarkeit und die Einführung moderner digitaler Verfahrensmittel stehen dabei im Fokus.

Ob und inwieweit diese Pläne umgesetzt wurden, und welche Änderungen besonders relevant sind, erfahren Sie in den folgenden Beiträgen:

  • Verbesserung der internationalen Handelsgerichtsbarkeit: Einführung der Möglichkeit für die Kantone, ein internationales Handelsgericht zu schaffen.
  • Einführung des In-house Counsel Privilege: Unternehmensinterne Rechtsdienste können sich künftig auf ein Mitwirkungsverweigerungsrecht berufen.
  • Verhandlungen per Video- und Tonübertragung: Neu können Verhandlungen auch mittels elektronischer Mittel wie Video- oder Tonübertragung durchgeführt werden.
  • Abbau von Kostenschranken: Die Gerichtskostenvorschüsse werden halbiert, und das Inkassorisiko liegt künftig nicht mehr bei den Parteien.
  • Neustrukturierung der Novenschranke: Der Zeitpunkt, bis zu dem neue Tatsachen und Beweismittel in ein Verfahren eingebracht werden können, wurde neu geregelt.
  • Höherer Beweiswert von Privatgutachten: Diese gelten nun als Urkunden und haben damit mehr Gewicht im Prozess.
  • Ausbau des Schlichtungsverfahrens: Dieses Verfahren wurde gestärkt und effizienter gestaltet.
  • Erleichterung der Verfahrenskoordination: Die Möglichkeit der Klagenhäufung und die Koordination mehrerer Verfahren wurden vereinfacht.
  • Entschärfung formeller Strenge: Eingaben bei unzuständigen Gerichten werden nun an das richtige Gericht weitergeleitet, ohne dass dies zu Nachteilen für die Parteien führt.

Nach der Intention des Gesetzgebers stellt die Revision einen wichtigen Schritt dar, um die schweizerische Zivilprozessordnung an die Herausforderungen der modernen Zeit anzupassen. Sie soll auch die Rechtssicherheit stärken, die Hürden für den Zugang zur Justiz senken und eine effizientere Abwicklung von Zivilprozessen fördern. Allerdings konnte der Gesetzgeber seine Ziele nicht in allen Bereichen vollständig erreichen. Während viele Neuerungen klare Verbesserungen und Vereinfachungen bewirken werden, werfen einige Änderungen neue Fragen auf; insbesondere betreffend ihre konkrete Umsetzung und die langfristigen Auswirkungen. Ein Grossteil dieser Fragen wird letztlich durch die Gerichte zu klären sein.

In den zehn Beiträgen dieser VISCHER-Blogreihe werden wir die einzelnen Änderungen im Detail beleuchten und kritisch auf ihre prognostizierten praktischen Auswirkungen eingehen. Dies insbesondere dort, wo Interpretationsbedarf besteht oder neue Herausforderungen entstehen werden.

Das Prozessführungsteam von VISCHER steht Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.

Autoren: Raphael Butz und Quirn Meier

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