VISCHER ist eine Schweizer Anwaltskanzlei, die sich der rechtlichen Lösung von Geschäfts-, Steuer- und Regulierungsfragen widmet.
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Kategorien: Arbeitsrecht, Banken- und Finanzmarktrecht, Data & Privacy, Investigations & eDiscovery, Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit
Datenschutz in US-Zivilprozessen
Das "Pre-Trial Discovery"-Verfahren ist ein Standardprozedere in US-Zivilrechtsstreitigkeiten: Die Parteien tauschen noch vor dem Prozess den Fall möglicherweise betreffende Daten und Unterlagen – also E-Mails, Dateien, Papierdokumente, Chats, Server-Logs etc. – miteinander aus. Immer wieder kommt es vor, dass hierzu auch Daten und Unterlagen aus der Schweiz geliefert werden müssen, sei es, weil eine Schweizer Gruppengesellschaft in den Streit involviert ist oder sie die Daten aufbewahrt oder weil ein Schweizer Unternehmen im US-Rechtsstreit direkt involviert ist.
In dieser Situation haben wir immer wieder Klienten, die uns fragen, ob sie Daten und Dokumente aus der Schweiz ihren US-Anwälten und der Gegenseite liefern dürften. Die kurze Antwort ist: Im Rahmen einer Pre-Trial-Discovery ist dies normalerweise möglich, sofern der Datenschutz und Geschäftsgeheimnisse Dritter beachtet werden. Wir haben die wichtigsten hierbei im Normalfall zu beachtenden Punkte zusammengestellt. Ähnliches gilt auch für Datenlieferungen im Rahmen der DSGVO.
Sind die folgenden Massnahmen ergriffen worden, erlaubt es das Schweizer Recht grundsätzlich, Daten und Dokumente für den US-Zivilprozess eines Unternehmens (und für andere Unternehmen) zusammenzutragen, zu speichern, zu sichten und herauszugeben:
Werden die vorstehenden Regeln nicht eingehalten, kann dies zivil-, straf- und aufsichtsrechtliche Konsequenzen haben. Betroffene Personen können Schadenersatz oder andere Ansprüche aufgrund der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte (Datenschutz) auf dem Weg eines Zivilprozesses geltend machen. Zusätzlich kann der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte einschreiten, wie er dies beispielsweise im Falle des Steuerstreits zwischen den USA und der Schweiz getan hat (vgl. seine Ausführungen zur Übermittlung von Bankmitarbeiterdaten aus dem Jahre 2013). In regulierten Branchen (z.B. Finanzindustrie) kann auch die Branchenaufsicht (z.B. FINMA) einschreiten. Werden Geheimhaltungspflichten verletzt, kann dies neben zivilrechtlichen Sanktionen auch zur Strafbarkeit der verantwortlichen Personen führen, sei es aus der Verletzung von Art. 162 StGB, sei es aufgrund der Verletzung des Berufsgeheimnisses (z.B. Art. 321 StGB, Art. 47 BankG) oder sei es aufgrund der Strafbestimmungen zu wirtschaftlichem Nachrichtendienst (Art. 273 StGB). Unter dem revidierten Datenschutzgesetz (revDSG, voraussichtlich ab 2023) wird das Berufsgeheimnis auf alle Berufe ausgedehnt (Art. 62 revDSG); auch die Bekanntgabe von Personendaten ins Ausland unter vorsätzlicher Missachtung der Vorgaben des revDSG zum Export mit bis zu CHF 250'000 bestraft werden (Art. 61 revDSG), ebenso die Auslagerung an einen Auftragsbearbeiter ohne den nötigen Vertrag (ebd.). Schliesslich ist Art. 271 StGB zu beachten: Wird diese Bestimmung vorsätzlich verletzt, drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Dazu kann es nicht nur dann kommen, wenn auf Schweizer Boden Beweise für ein ausländisches Verfahren unter Androhung von Sanktionen erhoben werden, sondern auch in anderen Fällen, in welchen eine Partei durch eine (auch freiwillige) Datenlieferung für ein ausländisches Verfahren den betroffenen Personen der Schutz des Schweizer Rechts entzieht; die jüngste bundesgerichtliche Rechtsprechung ist wohl so zu verstehen, dass hierzu eine datenschutzwidrige Datenlieferung oder die Verletzung einer vertraglichen Geheimhaltungspflicht bereits ausreichen kann; erlaubt ist nach Art. 271 StGB gemäss Bundesgericht nur die Lieferung von Daten, über welche das Unternehmen frei verfügen kann (vgl. Entscheid des Bundesgerichts vom 1. November 2021, 6B_216/2020). Bei Daten von Mitarbeitern ist zum Beispiel zu prüfen, ob die Offenlegung ihrer Personendaten diese einem Nachteil aussetzt.
Falls Sie mehr darüber erfahren wollen, wie Sie mit internen Untersuchungen und eDiscovery umgehen müssen, laden Sie sich unser Praxishandbuch zum Thema online herunter oder bestellen Sie sich ein gedrucktes Exemplar (kostenlos).
Autor: David Rosenthal
Team Head
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