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17. Mai 2018
Unsere Serie "Online Enforcement" (*) thematisiert Besonderheiten bei der Durchsetzung von Rechten im Internet.
Die geplante Revision des Urheberrechts soll Rechteinhabern griffigere Instrumente zur Bekämpfung der online Piraterie bieten. Dazu setzt das Gesetz bei den Hosting-Anbietern an und schafft eine gesetzliche Grundlage zur Bearbeitung von Personendaten durch Rechteinhaber.
Langer Weg zu neuem URG Nach über sechsjähriger Vorbereitung steht nun der bundesrätliche Entwurf zum neuen Schweizer Urheberrechtsgesetz (E-URG) vor der Debatte im Parlament. Ziel der Revision ist die Angleichung der gesetzlichen Grundlagen im Urheberrecht an das "Internetzeitalter". Rechteinhaber sollen insbesondere griffigere Instrumente zur Bekämpfung von online Urheberrechtsverletzungen erhalten. Der nun vorliegende Revisionsentwurf basiert auf dem Kompromiss der AGUR 12 (I und II), der bereits 2012 vom Bundesrat eingesetzten Arbeitsgruppe zum Urheberrecht und deren Nachfolgerin.
Private Datenbearbeitung zur Rechtsverfolgung Zentrale Stellung in der URG-Revision soll der Pirateriebekämpfung zukommen. Das Bundesgericht hat 2010 im Fall "Logistep" (BGE 136 II 508) festgehalten, dass keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Personendaten, inkl. IP-Adressen, durch Rechteinhaber bzw. in deren Auftrag besteht, auch nicht zum Zweck der Piraterie-Bekämpfung. Neu sollen Rechteinhaber bei Rechtsverletzungen Personendaten bearbeiten dürfen, soweit dies zum Zweck der Strafantragsstellung oder der Strafanzeigeerstattung notwendig ist und sie rechtmässig auf diese Daten zugreifen können. Sie dürfen die Daten auch für die adhäsionsweise Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen oder für deren Geltendmachung nach abgeschlossenem Strafverfahren verwenden (Art. 77i Abs. 1 E-URG). Dieses neue Instrument ist vor allem beim Austausch illegaler Angebote über Peer-to-Peer-Netzwerke relevant. Der Entwurf verlangt von den Rechteinhabern, dass sie den Zweck der Datenbearbeitung, die Art der bearbeiteten Daten und den Umfang der Datenbearbeitung offenlegen (Abs. 2). Zudem dürfen sie die so erhobenen Personendaten nicht mit anderen Daten verknüpfen, die zu anderen Zwecken gesammelt wurden (Abs. 3). Mit dieser Neuregelung adressiert der Entwurf auch internationale Kritik, z.B. von Seiten der USA. Wenn die Identifikation über IP-Adressen zur Rechtsdurchsetzung direkt gegenüber dem Täter möglich wird, reduziert sich der Bedarf nach hilfsweisem Vorgehen über Intermediäre wie Hosting- und Access-Provider.
Stay-Down Pflicht für Hosting-Anbieter Trotzdem sollen im neuen Schweizer URG auch Intermediäre in die Pflicht genommen werden, da diese "rasch und gezielt handeln" können. Die Beseitigung rechtsverletzender Inhalte durch die Hosting-Anbieter soll weiterhin über die bereits heute erfolgreiche Selbstregulierung (vgl. zum simsa "Code of Conduct Hosting" unseren Beitrag Nr. 2 in der Reihe "Online Enforcement") erfolgen. Der Revisionsentwurf verpflichtet Hosting-Anbieter, die eine besondere Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schaffen: Sobald sie über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurden, müssen sie auch dafür sorgen, dass einmal beseitigte urheberrechtsverletzende Inhalte nicht erneut zugänglich gemacht werden (sogenannter "Stay Down", Art. 39d E-URG; vgl. unseren Beitrag Nr. 2 in der Reihe "Online Enforcement"). Dabei greift die Pflicht nur für Anbieter, die "namentlich durch eine technische Funktionsweise oder durch eine wirtschaftliche Ausrichtung, die Rechtsverletzungen begünstigen" (Art. 39d Abs. 1 lit. c E-URG). Für Schweizer Hosting-Anbieter dürfte diese Regelung keine Auswirkungen haben: Seriöse Anbieter haben insbesondere über die Umsetzung des simsa "Code of Conduct Hosting" bereits Massnahmen zur Bekämpfung der online Piraterie ergriffen – nicht nur zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen. Gegen die im Ausland ansässigen Anbieter sind die Schweizer Regeln weiterhin nicht durchsetzbar.
Vorläufig keine Netzsperren und aufklärende Hinweise Nicht Teil des Kompromisspakets der AGUR 12 II – und darum ohne Berücksichtigung im aktuellen Revisionsentwurf – sind Pflichten zum Blocking durch Access Provider (sog. Netzsperren) und der Versand aufklärender Hinweise bei schwerwiegenden Urheberrechtsverletzungen über Peer-to-Peer-Netzwerke. Der Bundesrat hat erkannt, dass die dazu im Vorentwurf vorgesehenen Regelungen nicht mehrheitsfähig sind. Es bleibt abzuwarten, ob im Rahmen der parlamentarischen Beratung die Instrumente zur Bekämpfung der online Piraterie erweitert werden. Derzeit befasst sich die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates mit der Vorlage.
Bei Fragen zu diesem Blogbeitrag oder zur online Rechtsdurchsetzung steht Ihnen unser Immaterialgüterrechtsteam gerne zur Verfügung.
(*) Weitere Artikel der Serie:
Autorin: Delia Fehr-Bosshard
Kategorien: Immaterialgüterrecht, Blog
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