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9. Februar 2022

Ein Geschäftsmann schaut verwirrt auf ein imaginäres Flussdiagramm an der Wand vor ihm.

Eidgenössische Steuerverwaltung veröffentlichte am 11. Februar langerwartetes Kreisschreiben

Am 1. Februar 2022 trat das neue Kreisschreiben (KS) der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Nr. 5a in Kraft und ersetzte damit das seit 2004 geltende KS Nr. 5. Das neue Kreisschreiben behandelt – ebenso wie die Vorgängerin - die Steuerfolgen auf Bundesebene (Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben) zu Umstrukturierungstatbeständen von Personenunternehmen und juristischen Personen auf der Ebene der Unternehmen ebenso wie der Anteilsinhaber. Für die kantonalen Steuern ist das KS zwar nicht bindend, wird aber von den Kantonen ebenfalls grundsätzlich angewandt, wobei einzelne Kantone in ihrer Praxis teilweise vom KS abweichen. Anlass für eine umfassende Überarbeitung des Kreisschreibens gaben die seit dem Inkrafttreten eingetretenen Rechts- und Praxisänderungen. So enthält das neue KS neben allgemeinen redaktionellen Änderungen wie die Anpassung der Terminologie an das neue Rechnungslegungsrecht, vor allem gesetzliche Anpassungen zu diversen Bundesgesetzen sowie die Übernahme der aktuellen einschlägigen Rechtsprechung. Der Aufbau des KS wurde beibehalten.

Allgemeine Änderungen

Das neue KS berücksichtigt die Änderungen der Unternehmenssteuerreform II wie namentlich die Reduktion der qualifizierenden Beteiligungshöhe von 20 % auf 10 % beim Beteiligungsabzug und die Einführung der Kapitaleinlagereserven (KER). Weiter werden die im Rahmen der Steuerreform/AHV-Finanzierung (STAF bzw. Unternehmenssteuerreform III) eingeführten Instrumente wie bspw. der "Zuzugs-Step up" aufgenommen. Das Kreisschreiben stellt darüber hinaus klar, dass die Steuerneutralität einer Umstrukturierung bei der Emissions- und Umsatzabgabe die Übernahme der Gewinn- bzw. Einkommenssteuerwerte nicht voraussetzt und dass die zivilrechtliche Ausgestaltung der Umstrukturierung für steuerliche Zwecke unbeachtlich ist.

Die wesentlichsten Änderungen im neuen KS sind:

  • Zusätzliche Möglichkeit zur Spaltung einer Holdinggesellschaft. Eine Holdinggesellschaft, welche zu über 50 % der Stimmrechte an zwei oder mehr operativen Betrieben beteiligt ist, kann einen dieser Betriebe steuerneutral auf eine neue Holdinggesellschaft abspalten;
  • Reduktion der Beteiligungsquote. Neu wird im KS bestätigt, dass zur steuerneutralen Übertragung einer Beteiligung auf eine Tochtergesellschaft (Sub-Holding) eine 10 % Beteiligung (bisher 20 %) sowohl an der übertragenen Beteiligung als auch an der aufnehmenden Tochtergesellschaft ausreicht. Auch für die Zwecke der Ersatzbeschaffung einer Beteiligung reicht neu eine 10 % Beteiligung;
  • Teilweise Gewinnsteuerneutrale Umstrukturierung möglich. Werden im Rahmen einer Umstrukturierung stille Reserven auf einzelnen Aktiven nicht vollständig steuerneutral übertragen, indem die massgeblichen Gewinnsteuerwerte auf einen Wert unter dem Verkehrswert erhöht werden, wird nur die Differenz zwischen den Gewinnsteuerwerten vor und nach der Umstrukturierung grundsätzlich bei der übertragenden Gesellschaft mit der Gewinnsteuer erfasst. Die übertragenen stillen Reserven werden nicht besteuert;
  • Keine gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Stempelabgaben bei einer Sperrfristverletzung. Ebenfalls bestätigt das neue KS die Rechtsprechung, dass die Emissionsabgabe sowie die Umsatzabgabe keine Sperrfristen kennen und somit eine allfällige Sperrfristverletzung bei den Gewinnsteuern zu keinen Steuerfolgen bei der Emissionsabgabe bzw. der Umsatzabgabe führt, wobei bei der Emissionsabgabe die Möglichkeit einer Abgabeumgehung geprüft werden kann.

Daneben wurden diverse Detailanpassungen am KS vorgenommen, so dass eine Prüfung des neuen KS vor Planung und Durchführung einer Umstrukturierung auch für erfahrene Steuerberater und Steuerberaterinnen unerlässlich ist.

Auf die vorgenannten wesentlichen Änderungen sowie auf weitere Änderungen wird nachfolgend im Detail eingegangen.

Ausgewählte Änderungen im Detail

1. Zusammenschluss (Fusion)

a) Flexibilisierung der Regeln zur Verlustübernahme – wirtschaftliche Betrachtungsweise massgebend

Wie bisher können bei einer Fusion die unversteuerten stillen Reserven steuerneutral auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden, soweit kumulativ die Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht und die bisher für die Gewinnsteuer massgeblichen Werte übernommen werden. Die übernehmende Gesellschaft kann die bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns noch nicht berücksichtigten Vorjahresverluste der übertragenden Gesellschaft nach Artikel 67 Absatz 1 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) geltend machen. Neu ist eine vorhergehende Sanierung der übernommenen Gesellschaften explizit nicht mehr schädlich. Eine "Verdoppelung" von Wertberichtigung auf Beteiligung und Verlustübernahme ist zulässig.

Eine Übernahme der Vorjahresverluste war und ist ausgeschlossen, wenn eine Steuerumgehung vorliegt. Bisher war dies gemäss KS Nr. 5 immer der Fall bei einem sog. Mantelhandel, d.h. wenn die übertragende Gesellschaft wirtschaftlich liquidiert worden ist oder, wenn ein durch die Fusion übertragener Betrieb kurz nach der Fusion eingestellt wurde.

Die Einstellung eines durch die Fusion übertragenen Betriebs wird aufgrund bestehender Entscheide des Bundesgerichts (BGer) nicht mehr in jedem Fall als Steuerumgehung eingestuft. Neu ist eine Übernahme der Vorjahresverluste nur dann ausgeschlossen, wenn dynamisch betrachtet keine betriebswirtschaftlichen Gründe für eine Fusion gegeben sind. Die Terminologie einer "dynamischen Betrachtung" verweist auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung und bedeutet, dass auch betriebswirtschaftliche Gründe bzw. die Verwendungsabsicht der übernehmenden Gesellschaft in Bezug auf die übernommenen Vermögenswerte nach der Fusion berücksichtigt werden. Ein fehlender wirtschaftlicher Grund liegt demnach vor, wenn die übertragende oder die übernommene Gesellschaft inaktiv ist und ihre Wirtschaftsgüter daher nicht mehr nutzt und die andere aktive Gesellschaft keinerlei Nutzen an diesen Wirtschaftsgütern hat (fehlende Synergien). Kann die andere aktive Gesellschaft die übernommenen Wirtschaftsgüter, z.B. Patente oder Kundenlisten, jedoch wieder betrieblich nutzen, liegt keine Steuerumgehung vor und die Übernahme der Vorjahresverluste ist anzuerkennen.

b) Verrechnung von Nennwerterhöhungen mit Kapitaleinlagereserven bei der Einkommenssteuer möglich

Erfährt eine natürliche Person durch eine Umstrukturierung bei den von ihr gehaltenen Anteilen einen Nennwertzuwachs, so löst dieser wie bisher in entsprechendem Umfang Einkommens- und Verrechnungssteuerfolgen aus (Gratisnennwerterhöhung). Die Steuerfolgen eines Nennwertzuwachs oder von Ausgleichzahlungen können weiterhin mittels Verrechnung mit Nennwertverlusten verhindert werden. Im neuen KS wird ausserdem die Praxis der ESTV bestätigt, dass die Besteuerung einer Nennwerterhöhung ebenfalls mittels Verrechnung mit KER abgewendet werden kann. Ein Zuwachs der anteiligen KER ohne Zuwachs von Nennwert wird aufgrund fehlender Rechtsgrundlage beim Anteilsinhaber nicht besteuert.

2. Spaltung

a) Zwingende Übernahme von Vorjahresverlusten

Eine Änderung ergibt sich bezüglich der Übernahme von Vorjahresverlusten bei Spaltungen. Bei einer Spaltung müssen die bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns noch nicht berücksichtigten Vorjahresverluste, die auf den übertragenen Betrieb oder Teilbetrieb entfallen, auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden. Diese zwingende Vorschrift ersetzt die Kann-Regelung im alten KS. Bei einer Übertragung eines Betriebs ist neu nun immer eine detaillierte Aufgliederung über die mit dem Betrieb verhafteten Verluste vorzunehmen. Wie bereits erwähnt ist eine Übertragung der Vorjahresverluste jedoch ausgeschlossen, wenn eine Steuerumgehung vorliegt. Eine solche wird bei einer Spaltung insbesondere dann geprüft, wenn der übertragene Betrieb kurz nach der Spaltung eingestellt wird. Die zwingende Verlustaufteilung gilt auch bei einer Übertragung eines Betriebs bzw. Teilbetriebs auf eine Tochter- oder Konzerngesellschaft.

b) Zusätzliche Möglichkeit zur Spaltung einer Holding

Das Halten und Verwalten von Wertschriften, die lediglich der Anlage von eigenem Vermögen dienen, stellt auch bei einem grossen Vermögen wie bisher nie einen Betrieb dar (Vermögensverwaltungsgesellschaften). Im Gegensatz dazu kann das Halten und Verwalten von Beteiligungen als Betrieb qualifizieren. Eine steuerneutrale Holdingspaltung ist in den Fällen möglich, in denen, aus steuerlicher Sicht für die Zwecke der Umstrukturierung das Betriebserfordernis sowohl für die abgespaltene Holding Struktur als auch für die verbleibende Struktur, bestehend aus Holding und Tochtergesellschaft, erfüllt ist. Wie bisher kann das Betriebserfordernis auf der Stufe Holdinggesellschaft (sog. Holdingbetrieb) erfüllt werden. Neu kann das Betriebserfordernis unter Einhaltung des sog. Transparenzprinzips auch auf der Stufe der aktiven Gesellschaft, an welcher die Holdinggesellschaft beteiligt ist, erfüllt werden.

(i) Holdingbetrieb (bestehende Praxis)

Ein Holdingbetrieb liegt vor, wenn (i) es sich um hauptsächlich operative (aktive) Gesellschaften handelt, (ii) die Beteiligungen mindestens 20 % des Grund- oder Stammkapitals der anderen Gesellschaften ausmachen oder es auf andere Weise ermöglichen, eine massgebende Kontrolle zu haben, (iii) die nach der Spaltung bestehenden Holdinggesellschaften tatsächlich eine Holdingfunktion (mindestens je zwei Beteiligungen von 20 %) mit eigenem Personal oder über beauftragte Personen wahrnehmen und (iv) die Holdingtätigkeit nach der Spaltung fortgeführt wird.

Kategorie: Steuern

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