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30. September 2022

Neues Aktienrecht: Vertretung der Aktionäre im neuen Schweizer Gesellschaftsrecht (Nr. 13)

Das neue Aktienrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, bringt viele Neuerungen. In unserer aktuellen Blog-Serie stellen wir diese im Einzelnen vor.

Einführung

Das Stimmrecht ist eines der grundlegenden Rechte, die mit der Stellung als Aktionär einer Aktiengesellschaft einhergehen. Am 1. Januar 2023 treten unter anderem die Art. 689 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) in Kraft, welche das Recht eines jeden Aktionärs auf Teilnahme an der Generalversammlung, bzw. genauer gesagt, auf Vertretung im Falle seiner Abwesenheit regeln.

Neue Bestimmungen über die Vertretung der Aktionäre

Im Rahmen der Generalversammlung kann ein Aktionär wählen, ob er persönlich teilnehmen oder sich durch einen von ihm gewählten Dritten vertreten lassen will (Art. 689 Abs. 1 OR und 689b Abs. 1 nOR). Dieser Grundsatz bleibt unverändert.

Das derzeitige System der Vertretung der Aktionäre in der Generalversammlung wurde als nicht zufriedenstellend erachtet, da es oft nicht den wahren Willen der Aktionäre widerspiegelte. Fehlten Weisungen, was in der Praxis häufig der Fall war, folgte der Stimmrechtsvertreter den Empfehlungen des Verwaltungsrats.

Das neue Gesetz legt die Art und Weise der Ernennung sowie Kategorien von zulässigen Stimmrechtsvertretern fest. Es gibt fünf Kategorien von Stimmrechtsvertretern: unabhängige Stimmrechtsvertreter, Depotvertreter, einen Organstimmrechtsvertreter sowie die Vertretung durch einen anderen Aktionär oder einen Dritten. Das Gesetz sieht auch die Ernennung eines gemeinsamen Vertreters im Falle von Miteigentum an den Aktien sowie die Vertretung durch einen Nutzniesser vor (vgl. Art. 690 OR). Da die beiden letztgenannten Formen der Vertretung unverändert bleiben, werden sie in diesem Blogbeitrag nicht behandelt. Unter den verschiedenen Stimmrechtsvertretern steht der unabhängige Stimmrechtsvertreter im Zentrum der neuen Bestimmungen.

Das neue Gesetz unterscheidet zudem zwischen an der Börse kotierten und nicht an der Börse kotierten Gesellschaften.

Ein Teil der Neuerungen wurde bereits durch die COVID-19 Gesetzgebung und die entsprechenden Verordnungen eingeführt, die den Einsatz eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters bei sämtlichen Gesellschaften ermöglicht haben, während das Konzept zuvor in der Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) detailliert geregelt war. Die während der Pandemie eingeführten Vorschriften sollten jedoch nicht mit den neuen Bestimmungen des Aktienrechts verwechselt werden, da es zahlreiche Unterschiede gibt.

Schliesslich möchten wir daran erinnern, dass das neue Aktienrecht die Möglichkeit der Abhaltung einer virtuellen Generalversammlung bzw. der elektronischen Abstimmung vorsieht (Art. 701c nOR und 701d nOR; siehe unseren Blog: "Neues Aktienrecht: Die Generalversammlung unter dem neuen Aktienrecht – was ändert sich?" vom 7. März 2022).

Die Stimmrechtsvertretung im Allgemeinen

In Bezug auf die Vertretung von Aktionären wird im Obligationenrecht deutlicher zwischen nicht börsenkotierten und börsenkotierten Aktiengesellschaften unterschieden werden.

Während Art. 689b nOR Modalitäten regelt, die grundsätzlich für alle Aktiengesellschaften gelten, wird in den nachfolgenden Bestimmungen zwischen kotierten und nicht kotierten Gesellschaften differenziert.

In Bezug auf den unabhängigen Stimmrechtsvertreter wurden einige neue Grundsätze aus der VegüV übernommen. Insbesondere sieht das neue Recht vor, dass die Unabhängigkeit des Stimmrechtsvertreters nach denselben Kriterien zu beurteilen ist wie die Unabhängigkeit der Revisionsstelle bei der ordentlichen Revision (vgl. Art. 728 OR, analog anwendbar über Art. 689b Abs. 4 nOR): Seine Unabhängigkeit darf weder tatsächlich noch dem Anschein nach eingeschränkt sein.

Der unabhängige Stimmrechtsvertreter kann eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft sein (Art. 689b Abs. 5 nOR). Er hat die Rechte des Aktionärs nach den ihm erteilten Weisungen auszuüben (vgl. Bestimmungen des Auftrags, Art. 398 OR ff.). Fehlt es an Weisungen, muss er sich im Gegensatz zum heutigen System der Stimme enthalten (Art. 689b Abs. 3 nOR; siehe unten "Umsetzung").

Der Verwaltungsrat, welcher für die Einberufung und die Abhaltung der Generalversammlung verantwortlich ist, ist auch dafür zuständig, Formulare zu erstellen, die die Erteilung von Vollmachten und Weisungen an den unabhängigen Stimmrechtsvertreter vorsehen, (Art. 689b Abs. 3 nOR; siehe unten "Umsetzung").

Aktionäre müssen die Möglichkeit haben, individuelle Weisungen zu jedem in der Einberufung gestellten Antrag zu Verhandlungsgegenständen und allgemeine Weisungen zu jedem nicht angekündigten Verhandlungsgegenstand zu erteilen (Art. 689c Abs. 4 nOR).

Die Möglichkeit, dass sich ein Aktionär durch einen Organstimmrechts- oder Depotvertreter vertreten lässt, bleibt für nichtkotierte Gesellschaften bestehen (Art. 689b Abs. 2 nOR). Für börsenkotierte Gesellschaften bleibt diese Form der Vertretung unzulässig, wie dies bereits Art. 11 VegüV vorsieht.

Der Stimmrechtsvertreter in nichtkotierten Aktiengesellschaften

Unter den zulässigen statutarischen Beschränkungen behält das neue Recht die Möglichkeit für nichtkotierte Gesellschaften bei, in den Statuten vorzusehen, dass ein Aktionär nur durch einen anderen Aktionär der Gesellschaft vertreten werden kann (Art. 689d Abs. 1 nOR).

Sofern eine solche Beschränkung in den Statuten vorgesehen ist, ist der Verwaltungsrat jedoch verpflichtet, auf Verlangen eines Aktionärs einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter zu ernennen (Art. 689d Abs. 2 nOR). Ziel ist es, Aktionären die Möglichkeit zu garantieren, sich von einer neutralen Person vertreten zu lassen. Dies kann besonders in Aktiengesellschaften mit wenigen Aktionären wichtig sein, wo etwaige Konflikte und Spannungen zu heiklen Situationen führen könnten.

Der Verwaltungsrat muss den übrigen Aktionären Name bzw. Firma und Adresse des unabhängigen Stimmrechtsvertreters mindestens 10 Tage vor der Generalversammlung bekannt geben (Art. 689d Abs. 3 nOR). Grundsätzlich sollte diese Information auch in der Einladung zur Versammlung enthalten sein (Art. 700 Abs. 2 Ziff. 5 OR). Verletzt der Verwaltungsrat diese Pflicht, kann sich der Aktionär in der Generalversammlung durch von ihm bestimmten Dritten vertreten lassen.

Die Statuten können eine Frist, innerhalb welcher ein Aktionär die Ernennung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verlangen kann (z.B. innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres), bestimmen sowie andere Eigenschaften des Stimmrechtsvertreters oder Modalitäten seiner Ernennung vorsehen (Art. 689d Abs. 3 lit. b OR). Wenn die Möglichkeit eines Aktionärs, einen solchen Antrag zu stellen, eingeschränkt oder verunmöglicht wird, können Beschlüsse der Generalversammlung angefochten werden.

Die Möglichkeit der Organstimmrechtsvertretung wurde für nicht börsenkotierte Gesellschaften beibehalten, obwohl der ursprüngliche Entwurf des Bundesrates sie für alle Gesellschaften untersagte (Art. 689b Abs. 2 nOR). Auch ein Organstimmrechtsvertreter ist verpflichtet, Weisungen des Aktionärs zu befolgen, und sich der Stimme zu enthalten, wenn er keine erhalten hat (Art. 689b Abs. 3 nOR).

Die Vertretung durch einen Depotvertreter wird ebenfalls beibehalten (Art. 689b Abs. 2 und 689e nOR). Als Depotvertreter im Sinne des Gesetzes kommen Banken im Sinne des Bankengesetzes und Finanzinstitute im Sinne des Finanzinstitutsgesetzes in Frage (Art. 689e Abs. 3 nOR).

Um das mit den hinterlegten Aktien verbundene Stimmrecht ausüben zu können, muss der Depotvertreter vor jeder Generalversammlung vom Aktionär Weisungen zur Stimmabgabe einholen (Art. 689e Abs. 1 nOR). Werden die Weisungen nicht rechtzeitig erteilt, so übt der Depotvertreter das Stimmrecht gemäss allgemeinen Weisungen des Hinterlegers aus, die auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen werden können. Liegen keine allgemeinen Weisungen vor, so hat er sich der Stimme zu enthalten (Art. 689e Abs. 1 nOR).

Macht die Gesellschaft von der im neuen Recht vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, die Generalversammlung im Ausland bzw. virtuell abzuhalten, sofern dies statuarisch vorgesehen ist (Art. 701b Abs. 1 und 701d Abs. 1 nOR), so ist der Verwaltungsrat verpflichtet, in der Einladung einen unabhängigen Vertreter zu bestimmen. Auf die Ernennung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters kann verzichtet werden, wenn alle Aktionäre einer nichtkotierten Gesellschaft darauf verzichtet haben (Art. 701b Abs. 2 und 701d Abs. 2 nOR). Ein derartiger Verzicht gilt als wichtiger Beschluss der Generalversammlung, der mindestens zwei Drittel der auf die vertretenen Aktien entfallenden Stimmen und die Mehrheit der vertretenen Nennwerte verlangt (Art. 704 Abs. 1 Ziff. 15 nOR).

Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze von Art. 689b OR.

Der Stimmrechtsvertreter in börsenkotierten Aktiengesellschaften

Art. 689c nOR befasst sich mit dem unabhängigen Stimmrechtsvertreter in börsenkotierten Gesellschaften und greift dabei die Grundsätze der Art. 8 und 9 VegüV auf.

Die für die Gesellschaftsform vorgeschriebene Vertretungsform ist die des unabhängigen Stimmrechtsvertreters, da die Vertretung durch ein Organmitglied oder einen Sachwalter verboten ist.

Die jährliche Wahl eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters bei kotierten Gesellschaften ist auch von Art. 95 Abs. 3 lit. a der Schweizerischen Bundesverfassung (BV) vorgesehen. Es handelt sich um einen der Grundsätze, der für in der Schweiz oder im Ausland börsenkotierte Unternehmen gilt und der gemäss BV den Schutz der Volkswirtschaft, des Privateigentums und der Aktionäre sowie eine nachhaltige Unternehmensführung bezweckt (Art. 95 BV).

Die Wahl des unabhängigen Stimmrechtsvertreters ist eine unübertragbare Kompetenz der Generalversammlung (Art. 698 Abs. 3 Ziff. 3 nOR). Der unabhängige Stimmrechtsvertreter wird von der Generalversammlung bis zur nächsten Versammlung gewählt. Es besteht die Möglichkeit der Wiederwahl (Art. 689c Abs. 1 nOR). Eine Abberufung des unabhängigen Stimmrechtsvertreters ist auf das Ende einer Generalversammlung möglich. Selbst wenn die Abberufung des unabhängigen Stimmrechtsvertreters in den Traktanden vorgesehen ist, kann der unabhängige Stimmrechtsvertreter also seine Befugnisse unter Wahrung seiner Sorgfaltspflicht und entsprechend erhaltener Weisungen ausüben, auch wenn seine Abberufung noch in derselben Versammlung beschlossen wird. Damit sollen praktische Probleme vermieden und die Rechte der Aktionäre gewahrt werden, die in der jeweiligen Versammlung vertreten wurden und dem unabhängigen Stimmrechtsvertreter Weisungen erteilt hatten.

Wenn die Gesellschaft wegen Rücktritt, Tod oder Verlust der Unabhängigkeit des Vertreters, oder aus etwaigen anderen Gründen keinen unabhängigen Stimmrechtsvertreters mehr hat, hat ausnahmsweise der Verwaltungsrat einen solchen für die nächste Generalversammlung zu ernennen. Die Statuten können anderweitiges vorsehen, z.B., dass in solchen Fällen die Generalversammlung einen Ersatzvertreter bestimmen kann (Art. 689c Abs. 3 OR).

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass auch das Strafgesetzbuch (StGB) Sanktionen für die Verletzung bestimmter Grundsätze des Gesellschaftsrechts vorsieht. So sieht etwa Art. 154 StGB Fälle der Strafbarkeit von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von börsenkotierten Aktiengesellschaften vor. Gemäss Art. 154 Abs. 2 Ziff. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer als Mitglied des Verwaltungsrats einer börsenkotierten Aktiengesellschaft die Generalversammlung daran hindert, jährlich einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter einzeln zu wählen.

Betreffend Weisungen siehe unten "Umsetzung".

Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze von Art. 689b nOR, wie oben erläutert.

Umsetzung der Stimmrechtsvertretung - Vollmachten und Mitteilungen

Grundsätzlich hat sich der Stimmrechtsvertreter mittels Vorlage einer schriftlichen allgemeinen oder besonderen Vollmacht des Vollmachtgebers zu legitimieren.

Nach Art. 689a Abs. 4 nOR kann der Verwaltungsrat andere Formen der Legitimation gegenüber der Gesellschaft zulassen, sofern die Statuten nichts Anderweitiges vorsehen. Dies kann zum Beispiel eine Vollmacht mit (qualifizierter oder nicht qualifizierter) elektronischer Signatur sein.

Der Verwaltungsrat muss Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass keine unbefugten Personen an den Generalversammlungen bzw. an der Beschlussfassung teilnehmen können. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Beschluss einer solchen Generalversammlung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrats als nichtig angesehen wird.

Unabhängige Stimmrechtsvertreter, Organstimmrechtsvertreter und Depotvertreter müssen der Gesellschaft Anzahl, Art, Nennwert und Gattung der durch sie vertretenen Aktien mitteilen (Art. 689f Abs. 1 nOR). Das Unterbleiben derartiger Mitteilungen kann, gleich wie bei unbefugter Teilnahme an der Generalversammlung gemäss Art. 691 OR, zur Nichtigkeit der Beschlüsse der Generalversammlung führen.

Der Vorsitzende teilt der Generalversammlung diese Informationen vollständig für jede Form der Vertretung mit. Unterlässt er diese Mitteilung trotz Aufforderung, so kann jeder Aktionär die Beschlüsse der Generalversammlung mit einer Klage gegen die Gesellschaft anfechten (Art. 689f Abs. 2 nOR).

Schliesslich hat das Protokoll der Generalversammlung die Anzahl, die Art, den Nennwert und die Gattung jener Aktien anzugeben, die durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter, durch einen Organstimmrechtsvertreter bzw. durch einen Depotvertreter vertretenen wurden (Art. 702 Abs. 2 Ziff. 2 nOR).

Die Umsetzung der Stimmrechtsvertretungen - Weisungen an den Stimmrechtsvertreter

Gemäss dem Art. 689b Abs. 3 nOR ist der unabhängige Stimmrechtsvertreter verpflichtet, das Stimmrecht nach den Weisungen des Aktionärs auszuüben. Hat er keine Weisungen erhalten, muss er sich enthalten.

Da eine Stimmabgabe auch auf elektronischem Weg möglich sein wird (Art. 701c nOR, mit dem Art. 95 Abs. 3 lit. a BV umgesetzt wird), können Aktionäre Vollmachten und Weisungen auch elektronisch erteilen (Art. 689c Abs. 6 nOR).

Wird der Stimmrechtsvertreter nicht bevollmächtigt, ist Art. 691 OR über die unberechtigte Teilnahme an der Generalversammlung anwendbar.

Art. 689c OR legt zudem fest, dass der Verwaltungsrat Formulare für die Erteilung von Vollmacht und Weisungen erstellen muss. Gemäss der Botschaft des Bundesrates wird mit dieser Regelung, die aus der Pflicht des Verwaltungsrates zur Einberufung und Abhaltung der Generalversammlung resultiert, eine in der Praxis teils umstrittene Frage geregelt. Der Inhalt dieser Formulare wird sich insbesondere nach den Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts richten (Art. 689b Abs. 3 und 689c Abs. 4 nOR).

Der Verwaltungsrat stellt gemäss Art. 689c Abs. 4 nOR sicher, dass die Aktionäre die Möglichkeit haben, dem unabhängigen Stimmrechtsvertreter (i) Weisungen zu jedem in der Einberufung der Generalversammlung erwähnten Antrag zu den Verhandlungsgegenständen sowie (ii) allgemeine Weisungen zu jedem unangekündigten Antrag zu den Verhandlungsgegenständen und zu jedem neuen Verhandlungsgegenstand im Sinne des Art. 704b nOR zu erteilen, d.h. zu Vorschlägen betreffend Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung, betreffend Durchführung einer Sonderprüfung und betreffend Bestellung eines Revisors.

Für Gegenstände, die auf der Tagesordnung stehen, kann, in Anlehnung an die bereits mit der VeGüV als vereinbar angesehenen Praxis, im Formular vorgesehen werden, dass die Aktionäre entsprechend den Empfehlungen des Verwaltungsrats abstimmen, wenn das Formular unterschrieben, aber ohne besondere oder allgemeine Weisungen zurückgegeben wird.

Für Gegenstände, die nicht auf der Tagesordnung stehen, ist mit Ausnahme der in Art. 704b nOR genannten Gegenstände die (zu) einfache Formulierung "Zustimmung des Vorschlags des Verwaltungsrats" oder "Stimmenthaltung" nicht zulässig. Betreffend diese Gegenstände kann folglich kein Beschluss gefasst werden.

Die oben genannten Grundsätze gelten in Bezug auf unabhängige Stimmrechtsvertreter und Organstimmrechtsvertreter sowohl bei börsenkotierten als auch bei nicht börsenkotierten Aktiengesellschaften (Art. 689c Abs. 4 und 689d Abs. 4 nOR).

Um den administrativen Aufwand, insbesondere für nichtkotierte Aktiengesellschaften, zu reduzieren, sollen Aktionäre die Möglichkeit haben, ständige Vollmachten und Weisungen zu erteilen. Bei börsenkotierten Gesellschaften hingegen können Vollmachten und Weisungen an unabhängige Stimmrechtsvertreter nur für die nächste Generalversammlung erteilt werden (Art. 689c Abs. 6 nOR).

Der unabhängige Stimmrechtsvertreter ist verpflichtet, Weisungen jedes Aktionärs bis zur Generalversammlung vertraulich zu behandeln, wobei er die Möglichkeit hat, der Gesellschaft drei Arbeitstage vor der Generalversammlung allgemeine Auskunft über ergangene Weisungen zu erteilen und im Rahmen der Generalversammlung erklären muss, welche Informationen er der Gesellschaft im Voraus erteilt hat (Art. 689c Abs. 5 OR).

Schliesslich ist zu beachten, dass für das Verhältnis zwischen Stimmrechtsvertreter und Aktionär die Bestimmungen des Auftrags gelten (vgl. Art. 394 ff. OR). So ist der Stimmrechtsvertreter verpflichtet, Weisungen des Aktionärs einzuholen und zu befolgen (Art. 397 ff. OR). Im Falle einer Verletzung dieser Pflicht haftet der Stimmrechtsvertreter für den Schaden, den er dem Vollmachtgeber zufügt (Art. 397 Abs. 2 und 398 Abs. 2 OR).

Übersichtstabelle

Vertretung

Nichtkotierte Gesellschaften

Kotierte Gesellschaften

Unabhängige Stimmrechtsvertretung

Zulässig

Statuarische Einschränkungen möglich.

Art. 689 (I) und 689d (I) nOR

Zulässig

Statuarische Einschränkungen möglich.

Art. 689 (I) und 689d (I) nOR

Organstimmrechtsvertretung

 

Zulässig

Art. 689b (II) nOR

Nicht zulässig

Art. 689b (II) nOR

Depotvertretung

 

Zulässig

Art. 689d nOR

Nicht zulässig

Art. 689b (II) nOR

Vertretung durch einen Dritten

 

Zulässig

Zwingend auf Verlangen eines Aktionärs, wenn die Statuten vorsehen, dass eine Vertretung nur durch einen anderen Aktionär zulässig ist.

Art. 689d (II) nCO

Zwingend

Art. 689c (I) und (III) nOR


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Gerne steht Ihnen Ihr VISCHER-Team bei Fragen zur Verfügung.

Ansprechpartner: Damien Conus (Genf), Lukas Züst, Thomas Steiner-Krizaj, Peter Kühn (Zürich)

Autoren: Nigar Mustafazade, Damien Conus

Kategorien: Gesellschafts - und Handelsrecht, Notariat

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