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7. Oktober 2022 Neues Aktienrecht: Steuerrechtlich relevante Änderungen (Nr. 14)

Das neue Aktienrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, bringt viele Neuerungen. In unserer aktuellen Blog-Serie stellen wir diese im Einzelnen vor.

Die Aktienrechtsrevision umfasst auch einige steuerrechtlich relevante Änderungen und die Anpassung einzelner Steuererlasse. In diesem Beitrag zeigen wir die wichtigsten steuerrechtlich relevanten Änderungen auf.

Kapitalband

Beim Kapitalband, das wir bereits im Blog Nr. 3 der Serie behandelt haben, wird hinsichtlich der Kapitaleinlagereserven eine sogenannte Nettobetrachtung angestellt. Mit anderen Worten werden Veränderungen der Kapitaleinlagereserven erst am Ende des Kapitalbands unter Berücksichtigung sämtlicher Einlagen und Rückzahlungen ermittelt. Damit sollen Missbräuche durch die Kombination von Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen mittels Aktienrückkäufen auf der zweiten Handelslinie verhindert werden. Die Nettobetrachtung gilt nicht nur in Bezug auf die Veränderung der Kapitaleinlagereserven, sondern auch in Bezug auf die Emissionsabgabe. Diese ist nur insoweit geschuldet, als die Zuflüsse die Rückzahlungen im Rahmen des Kapitalbands übersteigen. Ausserdem muss die Emissionsabgabe nicht bereits im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung bzw. innert 30 Tagen nach Ablauf des Quartals, in dem die Kapitalerhöhung stattgefunden hat, abgerechnet werden, sondern erst am Ende des Kapitalbands. Die Nettobetrachtung bringt es mit sich, dass Kapitaleinlagereserven, die im Rahmen eines Kapitalbands gebildet werden, erst am Ende des Kapitalbands bestätigt und von der Gesellschaft steuerfrei ausgeschüttet werden können. Bei Kapitalherabsetzungen während des Kapitalbands ist mithin Vorsicht geboten. Diese sind nur insoweit ohne Verrechnungssteuerfolgen, als die Kapitalherabsetzungen in Form von Aktienkapitalherabsetzungen erfolgen oder als Kapitaleinlagereserven vor dem Kapitalband bestanden haben.

Aktienkapital in Fremdwährung

Die Buchführung und Rechnungslegung in funktionaler Währung ist bereits seit der Reform des Rechnungslegungsrechts zulässig. Bisher musste das Aktienkapital aber auch bei Buchführung in Fremdwährung auf Schweizer Franken lauten. Wie wir in Blog Nr. 11 der Serie dargelegt haben, wird mit der Aktienrechtsreform die Möglichkeit geschaffen, das Aktienkapital in der funktionalen Währung festzusetzen. Diese Neuerung stellt eine Vereinfachung dar, indem sämtliche mit dem Aktienkapital zusammenhängenden Beschlüsse, wie Kapitalerhöhungen und -herab­setzungen und Gewinnverwendungen, fortan in der funktionalen Währung gefasst werden können. Mit dieser Änderung, wenn auch sachlich nicht direkt damit zusammenhängend, werden das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) dahingehend geändert, dass bei einem Geschäftsabschluss in Fremdwährung der steuerbare Reingewinn mit dem massgebenden Durchschnittskurs für die Steuerperiode und das steuerbare Kapital mit dem Stichtagskurs am Ende der Steuerperiode in Schweizer Franken umgerechnet werden. Neu werden mithin bei einem Geschäftsabschluss in Fremdwährung die Steuerfaktoren de facto basierend auf dem Abschluss in Fremdwährung festgesetzt. In der Steuererklärung sind die relevanten Positionen (Reingewinn und Kapital) entsprechend umgerechnet in Schweizer Franken anzugeben. Einen umgerechneten Abschluss in Schweizer Franken braucht es hingegen für die Steuererklärung nicht mehr, stattdessen wird der Jahresabschluss in Fremdwährung eingereicht, wie es in einigen Kantonen schon bisher möglich war. Konsequenz davon ist, dass Umrechnungsgewinne oder -verluste aus der Umrechnung des Fremdwährungsabschlusses, die resultieren, weil Erträge und Aufwendungen zu den jeweiligen Tageskursen, Aktiven und Verbindlichkeiten hingegen zu den Stichtagskursen am Ende der Steuerperiode umgerechnet werden, nicht mehr entstehen können. Die steuerliche Behandlung solcher Umrechnungsdifferenzen war lange Zeit kontrovers. Das Bundesgericht hatte schliesslich in BGE 136 II 88 entschieden, dass Umrechnungsverluste nicht abzugsfähig und erfolgsneutral im Eigenkapital zu verbuchen sind, da sie sich nicht aus Geschäftsvorfällen, sondern fiktiven Umrechnungsvorgängen ergeben und mithin nicht geschäftsmässig begründet sind.

Kapitaleinlagereserven in Fremdwährung

Die Botschaft zur Aktienrechtsrevision äussert sich nicht dazu, ob es mit der neuen Möglichkeit, das Aktienkapital in Fremdwährung festzusetzen, neu auch zulässig sein wird, die Kapitaleinlagereserven in Fremdwährung zu melden. Gemäss bisheriger Verwaltungspraxis müssen Kapitaleinlagereserven in Schweizer Franken gemeldet werden, worauf sie von der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Schweizer Franken bestätigt werden. Erstellt eine Gesellschaft ihren Jahresabschluss in Fremdwährung, kann es wegen Wechselkursänderungen vorkommen, dass der Fremdwährungsabschluss einen Bestand an Kapitaleinlagereserven ausweist, der aber effektiv gar nicht mehr vorhanden ist, wie folgendes Beispiel zeigt:

Gesellschaft X erstellt ihren Jahresabschluss in U.S. Dollar (USD). Am 01.01.2021 hat sie im Rahmen einer Kapitalerhöhung Kapitaleinlagereserven von USD 10'000 gebildet. Der Kurs des USD betrugt damals CHF 1.00. Gesellschaft X hat mithin Kapitaleinlagereserven von CHF 10'000 mit Formular 170 der Eidgenössischen Steuerverwaltung gemeldet, die den Bestand entsprechend bestätigt hat. Bei einem Kurs des USD im Zeitpunkt der Ausschüttung von CHF 1.20 könnte Gesellschaft X nur Kapitaleinlagereserven von USD 8'333.33 steuerfrei ausschütten, da die Eidgenössische Steuerverwaltung nur Kapitaleinlagereserven in Höhe von CHF 10'000 bestätigt hat. In der Bilanz verblieben Kapitaleinlagereserven von USD 1'666.67, obwohl diese effektiv gar nicht mehr vorhanden wären.  

Zwischendividenden

Im geltenden Recht sind Zwischendividenden nicht vorgesehen. Wie wir bereits im Blog Nr. 9 der Serie dargestellt haben, werden diese nun mit der Aktienrechtsrevision im Gesetz verankert. In Zukunft kann die Generalversammlung mithin gestützt auf einen Zwischenabschluss eine Dividendenausschüttung aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahres beschliessen. Aus Steuersicht sind Zwischendividenden sowohl bei der Einkommens- und Gewinnsteuer als auch bei der Verrechnungssteuer grundsätzlich gleich zu behandeln wie ordentliche Dividenden auf Basis des Jahresabschlusses durch Beschluss der ordentlichen Generalversammlung. Letztere werden auch in Zukunft der Normalfall bleiben, weshalb trotz Einführung der Zwischendividende für die Ermittlung der handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Reserven für die Zwecke der indirekten Teilliquidation bzw. der Altreservenpraxis wie bisher der letzte Jahresabschluss massgebend sein sollte, selbst wenn ein neuerer Zwischenabschluss vorliegt.

Eigene Aktien

Gemäss der bisherigen Regelung im Aktienrecht kann eine Gesellschaft bis zu 10% eigene Aktien halten. Bei vinkulierten Aktien sind bis zu 20% zulässig, wenn die über 10% hinaus erworbenen Aktien innert zwei Jahren weiterveräussert werden. Eine Überschreitung dieser Grenzwerte führt steuerlich zur sofortigen direkten Teilliquidation. Für eigene Aktien, die diese Schwellen nicht überschreiten, treten die Steuerfolgen der direkten Teilliquidation nur ein, wenn sie nicht innert sechs Jahren weiterveräussert werden. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch weiterhin, auch wenn eine Gesellschaft von der Möglichkeit des Kapitalbands Gebrauch macht. In der aktienrechtlichen Literatur wird vertreten, dass Rückkäufe eigener Aktien im Rahmen des Kapitalbands bis zur Untergrenze von maximal 50% des Aktienkapitals zulässig sein werden, wenn innerhalb von zwei Jahren wieder die Grenze von 10% erreicht wird. Eine Gesellschaft könnte mithin eigene Aktien bis maximal 50% des Aktienkapitals halten. Es stellt sich aber die Frage, ob dadurch die Steuerfolgen der direkten Teilliquidation ausgelöst würden. Da die diesbezügliche Regelung im Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer auf die handelsrechtliche Regelung verweist, ist grundsätzlich eher davon auszugehen, dass eine solche Flexibilisierung betreffend eigene Aktien auch für das Steuerrecht Geltung hat und Rückkäufe eigener Aktien bis maximal 50% des Aktienkapitals im Rahmen des Kapitalbands ohne Steuerfolgen der direkten Teilliquidation sind, soweit die über 10% hinaus erworbenen Aktien innert zwei Jahren weiterveräussert werden.

Die Ausführungen machen deutlich, dass die steuerrechtlich relevanten Änderungen der Aktienrechtsrevision verschiedene Anwendungs- und Auslegungsfragen aufwerfen. Es ist zu hoffen, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung durch rechtzeitige Anpassung der einschlägigen Verwaltungsanweisungen Rechtssicherheit schaffen wird.

Gerne steht Ihnen Ihr VISCHER-Team bei Fragen zur Verfügung.

Weitere Artikel der Serie:

Ansprechpartner: Damien Conus (Genf), Lukas Züst, Thomas Steiner-Krizaj, Peter Kühn (Zürich)

Autoren: Patrik Fisch und Christoph Niederer 

Autoren