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18. September 2024 Neues Aktienrecht: Ende der Übergangsfrist per 31. Dezember 2024 (Nr. 21)

Das neue Aktienrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, bringt viele Neuerungen. In unserer aktuellen Blog-Serie stellen wir diese im Einzelnen vor.

Übergangsbestimmungen und -frist

Per 1. Januar 2023 ist das revidierte Aktienrecht in Kraft getreten, das auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) Anwendung findet. Das VISCHER-Team hat dazu in bisher zwanzig Blogbeiträgen ausgewählte Themen beleuchtet. Nebst dem Inkrafttreten des neuen Aktienrechts vor nunmehr fast zwei Jahren wurden auch Übergangsbestimmungen in das Gesetz aufgenommen. Zwar sehen diese vor, dass das neue Recht mit dem Tag des Inkrafttretens auch auf vor dem 1. Januar 2023 bestehende Gesellschaften Anwendung findet. Jedoch wurde als Übergangslösung solchen Gesellschaften, die den neuen Vorschriften nicht entsprechen, eine Übergangsfrist von zwei Jahren eingeräumt, um ihre Statuten und Reglemente (also insbesondere das vom Verwaltungsrat allenfalls erlassene Organisationsreglement) an das neue Recht anzupassen. Bis zum Ablauf dieser Frist bleiben Statutenbestimmungen nach altem Recht weiterhin in Kraft. Mit Blick auf die bald ablaufende Frist stellt sich nun die Frage, ob Handlungsbedarf besteht und insbesondere, was mit Statutenbestimmungen passiert, welche auch nach dem 31. Dezember 2024 nicht angepasst sein werden und welche Vorkehrungen allenfalls zu treffen sind. Während kotierte Gesellschaften in den letzten beiden Jahren die notwendigen Anpassungen der Statuten und Reglemente an das neue Aktienrecht in aller Regel bereits vorgenommen haben, wird dies nunmehr auch für alle anderen Schweizer Gesellschaften virulent.

Allgemeine Auswirkungen

Wenn die Statuten einer Gesellschaft per 1. Januar 2025 noch Bestimmungen nach altem Recht enthalten, welche dem neuen Recht widersprechen, so werden diese ungültig, das heisst, sie treten ausser Kraft und sind nicht länger anwendbar. An ihre Stelle treten die Regelungen, wie sie das neue Recht vorsieht. Somit ist bei nicht börsenkotierten Gesellschaften grundsätzlich kein Handlungsbedarf gegeben, was auch das Ziel des Gesetzgebers war. Steht also in den Statuten z.B. noch, dass eine Gesellschaft den Geschäftsbericht vorgängig zur ordentlichen Generalversammlung am Sitz der Gesellschaft zur Einsicht auflegen muss, so gilt entgegen dieser Statutenbestimmung per Gesetz neu, dass dieser bloss elektronisch zugänglich gemacht werden kann.

Dennoch bietet es sich an, noch vor dem 1. Januar 2025, spätestens jedoch, wenn aus anderen Gründen ohnehin eine Statutenänderung vorgenommen wird, eine Revision der mit dem neuen Recht nicht kongruenten Bestimmungen vorzunehmen (da jede Statutenanpassung der öffentlichen Beurkundung bedarf, kann eine kombinierte Statutenänderung nicht nur Kosten sparen, sondern auch für Klarheit sorgen). Eine Abweichung der Statuten vom geltenden Gesetz ist nicht nur unschön, sondern kann auch zu Rechtsunsicherheit und Missverständnissen (etwa bei den Aktionären) oder Verfahrensfehlern führen, z.B. wenn der Verwaltungsrat gestützt auf eine alte Statutenbestimmung den Antrag von Aktionären auf Traktandierung eines Verhandlungsgegenstandes an der Generalversammlung mit der Begründung ablehnt, diese vertreten nicht Aktien mit einem Nennwert von mindestens einer Million Franken. Da nach neuem Recht Aktionäre einer nicht börsenkotierten Gesellschaft, die zusammen mindestens fünf Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmrechte halten, die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen verlangen können, hätte der Verwaltungsrat allenfalls zu Unrecht den Antrag abgelehnt. Solche und andere Stolperfallen können mit einer sauberen Nachführung der Statuten (und Reglemente) vermieden werden.

Bei der Anpassung des Organisationsreglements (sofern ein solches besteht) werden vor allem die Regelungen zu den Sitzungen und der (z.B. elektronischen) Beschlussfassung des Verwaltungsrates (allgemein die Anpassung von Gesetzesverweisen) im Vordergrund stehen.

Auswirkungen auf noch bestehendes genehmigtes Kapital

Nach altem Aktienrecht konnte die Generalversammlung den Verwaltungsrat für eine Zeit von maximal zwei Jahren dazu ermächtigen, das Kapital der Gesellschaft um maximal 50% zu erhöhen. Hierzu musste eine entsprechende Bestimmung in die Statuten aufgenommen werden. Wurde ein genehmigtes Kapital vor dem 1. Januar 2023 durch die Generalversammlung beschlossen, behält dieses während der Übergangsfrist noch seine Geltung, kann aber nicht mehr verlängert oder geändert werden. Somit fällt ein noch bestehendes genehmigtes Kapital spätestens nach Ablauf der zweijährigen Laufzeit dahin. Will eine Gesellschaft weiterhin dem Verwaltungsrat die Möglichkeit geben, das Kapital zu erhöhen, muss die Generalversammlung ein Kapitalband in die Statuten aufnehmen.

Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) hat in seiner Praxismitteilung 1/23 jedoch klargestellt, dass ein Nebeneinander von altrechtlichem genehmigten Kapital und einem neurechtlichen Kapitalband nicht gestattet ist. Auch bei der Einführung eines Kapitalbands noch vor dem 1. Januar 2025 wären daher statutarische Bestimmungen zum genehmigten Kapital zu streichen. Gesellschaften, welche noch über genehmigtes Kapital verfügen und davon noch Gebrauch machen möchten, müssten ein solches noch vor der Anpassung der Stauten an das neue Recht, spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 2024 nutzen.

Neuheiten des revidierten Aktienrechts

Unabhängig von den übergangsrechtlichen Bestimmungen ist eine Änderung der Statuten immer dann erforderlich, wenn von den Neuerungen des revidierten Aktienrechts Gebrauch gemacht werden soll. Nebst dem vorerwähnten Kapitalband ist dabei insbesondere an die virtuelle Generalversammlung zu denken, welche zwingend einer statutarischen Grundlage bedarf. Dasselbe gilt auch für die Möglichkeit, eine Generalversammlung im Ausland durchzuführen, für die Anpassung des Nennwerts der Aktien unter einen Rappen, die Führung des Aktienkapitals in einer Fremdwährung, den Ausschluss der Übertragbarkeit der Geschäftsführung vom Verwaltungsrat an einzelne seiner Mitglieder bzw. an eine Geschäftsleitung oder für die Aufnahme einer statutarischen Schiedsklausel.

Fazit

Eine Anpassung der Statuten einer Aktiengesellschaft oder GmbH ist auch nach dem Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist grundsätzlich nicht notwendig. Wer jedoch klare, dem neuen Recht nicht widersprechende und somit für Verfahrensfehler weniger anfällige Statuten haben möchte, dem wird eine Nachführung spätestens anlässlich einer anderweitig bevorstehenden Statutenanpassung empfohlen. Dies kann auch als Ausdruck einer angemessenen Corporate Governance und Compliance angesehen werden, etwa wenn die Statuten und Reglemente bei einem Aktienkauf im Rahmen der Legal Due Diligence geprüft werden. Ohnehin steht eine Änderung der Statuten an, wenn von den neuen Möglichkeiten des Aktienrechts wie etwa dem Kapitalband oder der virtuellen Generalversammlung Gebrauch gemacht werden will.

Gerne steht Ihnen Ihr VISCHER-Team bei der Überprüfung und Überarbeitung Ihrer Statuten und Reglemente und diesbezüglichen Fragen zur Verfügung.

Weitere Artikel der Serie:

Autoren: Christoph Enz, Peter Kühn, Thomas Steiner-Krizaj, Roland M. Müller

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