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Kategorien: Digital Business Law Bites, Blog
Mit der Reihe "Digital Business Law Bites" geben wir einen kleinen Einblick in die Fülle unserer Erfahrungen und Klientenprojekte rund um digitale Geschäftsprozesse.
Warum haben sich Zahlungen per Mobiltelefon in Afrika rasant verbreitet, während der Umbruch in der Schweiz zaghaft voranschreitet? Stehen bei uns regulatorische Hürden und eine Überversorgung mit traditionellen Zahlungsoptionen den neuen Technologien im Wege? Eines ist jedenfalls klar: Obwohl noch wenig verbreitet, gibt Mobile Payment auch in der Schweiz viel zu reden.
In Entwicklungsländern hat bisher nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Zugang zu Bankdienstleistungen. Hingegen verfügt fast jedermann auch in abgelegenen Landstrichen über ein Mobiltelefon. Mobilfunkbetreiber haben schon vor zehn Jahren die Chance erkannt und sind in die Bresche gesprungen: Mit dem von Vodafone/Safaricom betriebenen Dienst M-PESA lassen sich per SMS von Abonnent zu Abonnent Beträge überweisen, die bei Agenten des Betreibers in Bargeld umgetauscht werden können. Das Modell basiert auf Vorauszahlung und war ursprünglich keinerlei Regulierung unterworfen. Inzwischen verfügt Vodafon/Safaricom für M-PESA zwar über eine Lizenz der Zentralbank im jeweiligen Land, doch gelten dabei weniger strenge Regulierungen als für Banken.
Ganz anders ist das Bild in Europa und insbesondere in der Schweiz: Hier verfügt jedermann über ein Bankkonto oder zumindest über ein Zahlungskonto bei der Post. Kredit- und Debit-Karten haben breite Akzeptanz gefunden. Das dominierende Zahlungsmittel im Detailhandel bleibt bisher allerdings Bargeld, denn es lässt sich im dichten Netz von Bankomaten jederzeit beschaffen und gewährleistet Anonymität. Banken und Herausgeber von Kreditkarten haben in diesem Marktumfeld den Zahlungsverkehr unter Kontrolle und verdienen mit Gebühren aufseiten der Händler und Kunden gutes Geld. Diese Marktposition wollen sie auch beim Mobile Payment nicht an Telekommunikationsunternehmen oder Technologieunternehmen verlieren. Seit mit dem Markteintritt von Apple Pay zu rechnen war, ist Bewegung in den Markt gekommen. Die Marktteilnehmer stecken ihre Territorien ab: Twint und Paymit fusionieren ihre Angebote mit Wirkung ab Anfang 2017. Mit Swiss Wallet steht eine Lösung in den Startlöchern, die technisch ähnlich funktioniert wie Apple Pay.
Grundlegend neu sind die bei uns gebräuchlichen Mobile-Payment-Systeme allerdings nicht: Sämtliche Angebote basieren auf einer Kontobeziehung mit einer Bank (Debit Systeme) oder auf einer Kreditkarte innerhalb der bei dieser hinterlegten Limite. Die Innovation beschränkt sich auf die Art des Informationsaustausches zwischen dem Smartphone des Nutzers und dem Terminal des Händlers. Dies ist zwar auch auf regulatorische Hindernisse, wie dem Fehlen einer sogenannten Bankenlizenz Light für Zahlungsdienstleister, zurückzuführen. Wesentlicher dürften jedoch das Vertrauen sein, welches die traditionellen Anbieter geniessen, und Zweifel der Kunden an der Sicherheit bei neuen Lösungen. Ausserdem haben auch die traditionellen Anbieter das Bedürfnis der Kunden nach einfach zu bedienenden Lösungen erkannt. So bietet etwa Mastercard mit Masterpass eine tokenbasierte Online Zahlungsoption, die ohne die umständliche (und unsichere) Eingabe der Kartennummer auskommt und als Antwort auf Paypal zu verstehen ist.
Der drahtlose Informationsaustausch bei Mobile Payment erfolgt entweder über den offenen und weitverbreiteten Bluetooth-Standard (Twint) oder – bei neueren Geräten – über den Near-Field-Communication-Standard (Apple Pay und Android Pay). Entscheidend ist, ob ein Zahlungsdiensteanbieter Zugriff auf diese Kommunikationsschnittstellen hat und ob er über Schnittstellen für die Kommunikation mit einer genügend grossen Anzahl von Zahlungsterminals verfügt. Andernfalls muss er sich einem Anbieter anschliessen, der Zugang zu diesen Schnittstellen hat. So lässt beispielsweise Apple den Zugriff auf die in iPhones integrierten NFC-Schnittstellen nur über ihr eigenes Wallet zu. Anbieter anderer Wallets (beispielsweise das vor der Lancierung stehende Swiss Wallet) können sich entweder auf Geräte mit anderen Betriebssystemen (insbesondere das von Google betriebene offene System Android) beschränken oder aber ihr Wallet unter dasjenige von Apple legen und ihre Transaktionen indirekt mit dem Terminal des Händlers abwickeln.
Ist ein Wallet auf dem Smartphone einmal installiert, lassen sich Zahlungen durch einfachen Fingerabdruck auf dem Home Button autorisieren und ausführen. Die im Gerät hinterlegten und im Wallet konfigurierten Karten kann der Nutzer zuhause lassen. Dieser Zuwachs an Bedienungsfreundlichkeit ist gegenwärtig der entscheidende Vorteil von Mobile Payment. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Mobile-Payment-Systeme erleichterte Zahlungen von Privatperson zu Privatperson. Ob diese Vorteile für den Siegeszug von Mobile Payment ausreichen, wird sich weisen. Allerdings dürfte die Entwicklung nicht stehen bleiben. So lassen sich auf der Kombination von Smartphone und Zahlungsdienst etwa neue automatisierte Zugangssysteme entwickeln (etwa für Hotels, Mietwohnungen, Veranstaltungen, den öffentlichen Verkehr oder alle möglichen Objekte der sogenannten «Sharing Economy»). Auch Kundenbindungsprogramme haben damit begonnen, sich die neuen Möglichkeiten zunutze zu machen.
Entscheidend wird die Frage sein, welcher der involvierten Dienstleister (Händler, Terminalbetreiber, Issuer einer Kreditkarte, Bank oder Betreiber eines Wallet) am Ende über welche Daten verfügt und was er damit aus regulatorischer Sicht anstellen kann. Nur wer die Bedürfnisse des Kunden kennt, kann diesem längerfristig relevante Dienstleistungen bieten und von einem entsprechenden Wettbewerbsvorteil profitieren. Die Fülle der im Smartphone zusammenlaufenden Informationen stellt überdies ein wachsendes Sicherheitsrisiko dar. Beim Umgang mit Daten zeichnen sich bereits unterschiedliche Philosophien ab: Apple verzichtet auf die Übermittlung der Informationen zum Warenkorb, den ein Kunde erworben hat. Bei Android Pay hingegen ist vorgesehen, dass Google als Betreiberin des Systems die Informationen zum Warenkorb bekommt und auswerten kann. Für alle involvierten Dienstleister stellt sich daher die Frage, inwieweit sie kooperieren wollen und müssen.
Eine wichtige Rolle wird dabei neben dem Wettbewerbsrecht auch das Datenschutzrecht spielen. In der EU werden die Anforderungen mit Wirkung ab 2018 verschärft. Auch in der Schweiz steht eine Totalrevision des Datenschutzgesetzes an. Der Wettbewerb um die Daten der Kunden wird spannend bleiben.
Autorin: Jana Essebier
Rechtsanwältin
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