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Kategorien: Arbeitsrecht, Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit, Blog
Das Thema ist zurzeit in den Sozialen Medien im Rahmen der #metoo-Kampagne sehr präsent. Wird eine Arbeitgeberin mit einer solchen Beschwerde konfrontiert, stehen grundsätzlich verschiedene disziplinarische Massnahmen offen. Gleichzeitig obliegen ihr aber auch Fürsorgepflichten sowohl gegenüber dem Opfer, wie auch der beschuldigten Person.
1. Wo fängt sexuelle Belästigung an? Eine der Herausforderungen im Umgang mit Belästigungsvorwürfen ist bereits die Definition des Begriffs selbst. Grundsätzlich fallen sämtliche im Arbeitskontext vorkommende Handlungen sexueller und sexistischer Natur darunter, welche vom Empfänger als unerwünscht oder die persönliche Integrität verletzend empfunden werden. Eine klare Grenze gibt es nicht und kann auch nicht von aussen vorgegeben werden. Massgebend ist nicht die Absicht des Verursachers, sondern dass die Annäherungs- oder Abwertungsversuche von der betroffenen Person subjektiv als störend empfunden werden. Zu diesen Handlungen gehören beispielhaft:
Solche Handlungen können sowohl von Mitarbeitenden als auch von Vorgesetzten, Partnerbetrieben oder Kunden ausgehen.
2. Was sagt das Gesetz dazu? Verschiedene Rechtserlasse statuieren eine allgemeine Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin. Demnach liegt es in der Verantwortung der Arbeitgeberin, dass Mitarbeitende am Arbeitsplatz vor Diskriminierungen geschützt sind und stets würdevoll behandelt werden. Art. 328 OR summiert darunter ausdrücklich auch die Pflicht der Arbeitgeberin dafür zu sorgen, "dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen." Das Gleichstellungsgesetz spezifiziert, dass belästigendes Verhalten, worunter auch das Versprechen von Vorteilen fällt, aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit diskriminierend ist (Art. 4 GlG).
In diesen Fällen kann die Arbeitgeberin zur Zahlung einer Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen (sowie allenfalls Schadenersatz und Genugtuung) verpflichtet werden, sofern nicht bewiesen werden kann, dass Massnahmen getroffen wurden, die nach der Erfahrung zur Ver-hinderung der Belästigung notwendig, angemessen und zumutbar sind (Art. 5 Abs. 3 GlG). Belästigte Personen unterstehen zudem einem Kündigungsschutz während der gesamten Dauer einer internen Untersuchung nach einer innerbetrieblichen Beschwerde oder eines Gerichtsverfahrens, sowie für weitere sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens. Die Kündigung kann u.U. von einem Gericht für nichtig erklärt werden, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht.
3. Wie kann eine wirkungsvolle Prävention aussehen? Mit Präventivmassnahmen kann eine Arbeitgeberin sowohl ihre Belegschaft wie auch sich selbst schützen. Die wirkungsvollste Prävention ist proaktiv: Eine Arbeitgeberin sollte sich klar für ein belästigungsfreies Klima stark machen, indem leitende Angestellte und Vorgesetzte mit einem guten Beispiel vorangehen und bei Vorfällen umgehend intervenieren. Dies setzt das Signal, dass Fehlverhalten unter keinen Umständen geduldet wird und begründet eine entsprechende Unternehmenskultur. Ein wichtiger Kanal ist das Weisungsrecht der Arbeitgeberin mittels welchem jegliche Belästigungen untersagt werden können. Nebst einer grundsätzlichen Definition von sexueller Belästigung sollte die Arbeitgeberin Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen und bereitstellen (z.B. eine interne und/oder externe Anlaufstelle für Betroffene) sowie Sanktionen im Fall von Fehlverhalten androhen.
Wichtig ist: Eine einmalige Sensibilisierung der Mitarbeitenden auf das Thema, z.B. durch das Verteilen eines Merkblatts, verliert nach einer gewissen Zeit seine Wirkung. Es ist deshalb zu empfehlen, die Thematik wiederholt bei der Belegschaft in Erinnerung zu rufen, indem regelmässig Informationsveranstaltungen (mit externen oder internen Referenten) durchgeführt und/oder Informationsunterlagen ausgehändigt werden. Ausserdem sollten die Informationen zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz jederzeit für die Mitarbeitenden zugänglich sein. Schliesslich ist darauf zu achten, dass die designierten Anlaufstellen im Umgang mit Belästigungsvorwürfen und beteiligten Personen geschult sind.
4. Wie reagiert man als Arbeitgeberin? In einem Klima der Verunsicherung und des Misstrauens häufen sich Fehlzeiten und sinkt die Produktivität sowie allgemeine Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Die Folgen von Kündigungen und Gerichtsverfahren können zeitintensiv und kostspielig sein. Ausserdem gelangen derartige Vorkommnisse nicht selten durch die Medien an die Öffentlichkeit. Sollte es trotz Präventionsarbeit zu einem Vorfall von sexueller Belästigung kommen, hat die Arbeitgeberin deshalb ein erhebliches Interesse daran, die Vorwürfe rasch abzuklären und entsprechend zu handeln. Als Arbeitgeberin sollten Sie folgendes beachten:
Erstgespräch mit dem Opfer
Anhörung der beschuldigten Person:
Rückmeldung an die involvierten Personen:
Halten Sie die geführten Gespräche schriftlich fest und lassen Sie Gesprächsprotokolle un-terschreiben. Beachten Sie auch, dass die involvierten Personen grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht in die sie jeweils betreffenden Unterlagen haben.
Nicht selten wird die beschuldigte Person die Mitwirkung bei der Klärung der erhobenen Vorwürfe aus naheliegenden Gründen verweigern. Denkbar ist auch, dass Bedingungen für die Anhörung (wie z.B. eine Begleitung durch einen Anwalt oder ein Mitglied der Personalvertretung) aufgestellt werden. Inwiefern ein solches Verhalten bereits Sanktionen nach sich ziehen soll oder auf solche Forderungen der beschuldigten Person einzugehen ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Massgebend sind die konkreten Umstände im Einzelfall. Unser Team Arbeitsrecht beantwortet gerne allfällige Fragen.
Autoren: Nicole Brauchli-Jageneau, Marc Ph. Prinz, Anela Lucic
Rechtsanwalt
Advokatin
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