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9. März 2021

Grenze zur Schweiz, Mann mit Rucksack

Entsendet ein ausländischer Arbeitgeber (natürliche oder juristische Person mit Sitz bzw. Wohnsitz in einem EU/EFTA-Staat) Arbeitskräfte für einen zeitlich beschränkten Arbeitseinsatz unter 90 Tage (z.B. im Rahmen eines Projektes) in die Schweiz bedarf dies keiner Bewilligung. Die entsendenden Arbeitgeber müssen einen solchen Einsatz jedoch gemäss Art. 6 des Entsendegesetzes (EntsG) melden. Sinn und Zweck der Meldung ist die Prüfung der Einhaltung von Mindestlohn- und Mindestarbeitsbedingungen. Ohne eine entsprechende Meldung hätten die für die Kontrolle zuständigen Behörden keine Kenntnis über die Tätigkeit von ausländischen Arbeitnehmern in der Schweiz. 

Meldepflicht nach Entsendegesetz 

Die Meldepflicht bei einem Arbeitseinsatz von unter 90 Tagen entsteht in gewissen Branchen ab dem ersten Tag der geplanten Entsendung, so gemäss Art. 6 Abs. 2 der Entsendeverordnung (EntsV) z.B. im Gastgewerbe oder im Bauhauptgewerbe. In den "übrigen Branchen" greift die Meldepflicht erst, wenn ein Arbeitseinsatz von mehr als acht Tagen geplant ist. Massgebend für die Berechnung der 90 Tage sind effektive Arbeitstage, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Arbeit ununterbrochen oder tageweise geleistet wird. Die 90 Tage-Frist bezieht sich auf ein Kalenderjahr sowie den entsendenden Arbeitgeber bzw. den entsandten Arbeitnehmer. Es besteht somit ein "Kontingent" an 90 Tagen, welches pro Kalenderjahr aufgebraucht werden kann. Ein Beispiel: Entsendet ein Arbeitgeber am 20. Oktober 2021 für fünf Tage drei Arbeitnehmer in die Schweiz wurden fünf der 90 Tage (für das Kalenderjahr) jeweils durch den Arbeitgeber sowie die entsandten Arbeitnehmer «aufgebraucht» und nicht 15 (!). Zu beachten ist ebenfalls, dass wenn ein Arbeitgeber aus einer der "übrigen Branchen" einen Arbeitnehmer für einen Einsatz von acht Tagen bereits in die Schweiz entsandt hat, für weitere Entsendungen im entsprechenden Kalenderjahr die Meldepflicht greift.  

Die Meldung hat acht Tage vor Beginn des Einsatzes zu erfolgen, d.h. der Einsatz darf erst acht Tage nach der Meldung gestartet werden. In Notfällen (z.B. bei Naturkatastrophen oder Unfällen) kann der Einsatz schon ab dem Tag der Meldung erfolgen (frühestens). Ein Notfall ist bei der zuständigen kantonalen Behörde geltend zu machen und zu begründen. Die Meldung kann grundsätzlich durch das Ausfüllen eines Online-Formulars erfolgen (Meldeverfahren - Anmelden (admin.ch)) und ist auf diese Weise vorgenommen kostenlos. Inhaltlich sind unter anderem Angaben über die Identität des Entsandten, Lohn, Arbeitsort, Arbeitsbeginn und voraussichtliche Dauer zu machen. Die Meldung ist für jeden entsandten Arbeitnehmer separat vorzunehmen. 

Für die (rechtzeitige) Vornahme der Meldung ist der entsendende Arbeitgeber verantwortlich. Er hat ebenfalls die Konsequenzen der nicht oder nicht rechtzeitig erfolgten Meldung zu tragen. Es ist möglich, dass die zuständigen Behörden Inspektionen am Arbeitsplatz vornehmen. Sinnvollerweise sind für solche Fälle die Meldebestätigung sowie der Arbeitsvertrag bereitzuhalten. Es können für den fehlbaren Arbeitgeber Administrativbussen in Höhe von bis zu   CHF 5'000 verhängt werden. Zur Einschätzung der Höhe einer solchen Busse hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) eine nichtbindende Empfehlung an die sanktionierenden Behörden publiziert (SECO Empfehlung 2017). Bei Nichtbezahlung der Administrativbusse kann eine Dienstleistungssperre drohen, d.h. dem Unternehmen kann für einen Zeitraum von ein bis zu fünf Jahren verboten werden in der Schweiz Dienstleistungen zu erbringen. Wird diese Dienstleistungssperre missachtet können sodann strafrechtliche Konsequenzen (Busse bis zur Höhe von CHF 40'000) drohen. 

Exkurs: GAV-Kautionspflicht

Neben der Meldepflicht ist zu berücksichtigen, dass gewisse Gesamtarbeitsverträge (GAV) eine Kautionspflicht vorsehen. Die Hinterlegung der Kaution dient in der Regel zur Deckung von Ansprüchen aus dem GAV (z.B. zur Deckung von Ansprüchen aus der Verletzung von Bestimmungen des GAV). Die Kautionspflicht greift ebenfalls für Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden und unter den einschlägigen GAV fallen (Art. 2 Abs. 2ter EntsG). 

Zuständig für die Kautionsabwicklung ist die Zentrale Kautions-Verwaltungsstelle Schweiz (ZKVS). Sie informiert die betroffenen Arbeitgeber jeweils individuell über die Pflicht zur Kautionshinterlegung unter Abgabe eines Merkblattes mit Details zur Einzahlung. Die Kaution ist jeweils vor Aufnahme der Arbeit in Bar (per Bankanweisung) oder durch eine unwiderrufliche Bankgarantie einer durch die FINMA unterstellten Bank bzw. Versicherung zu hinterlegen. Die Höhe der zu leistenden Kaution ergibt sich dabei aus dem jeweils anwendbaren GAV und berechnet sich teilweise nach dem Gesamtauftragswert. 

Für die Leistung der Kaution ist der entsendende Arbeitgeber verantwortlich. Eine nicht oder verspätet erfolgte Leistung wird mit einer Konventionalstrafe im GAV geahndet und stellt eine Verletzung des EntsG dar, welche wiederum mit Busse oder allenfalls einer Dienstleistungssperre geahndet wird. Die Leistung der Konventionalstrafe bzw. der Busse entbindet dabei nicht von der Pflicht zur Hinterlegung der Kaution. 

Bei Fragen und für weiterführende Hinweise steht Ihnen das Immigration Team von VISCHER gerne zur Verfügung.
 

Autoren: Marisa di Francesco, Urs Haegi

Kategorien: Immigration, Blog

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