
Ab 26. Mai 2020 gilt in der Europäischen Union die neue Verordnung 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte (Medical Devices Regulation, "MDR"). Die MDR ersetzt die bis anhin gültigen
Rechtsgrundlagen für das Inverkehrbringen und die Überwachung von Medizinprodukten, namentlich die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (Medical Device Directive, "MDD").
Bisher konnten Schweizer Medizinproduktehersteller aufgrund des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen vom 21. Juni 1999 (Mutual Recognition Agreement, "MRA") vom freien Zugang zum EU-Markt profitieren. Voraussetzung hierfür war, dass die betreffenden Medizinprodukte eine anerkannte Konformitätsbewertung nach Schweizer Recht durchliefen. Eine zusätzliche Konformitätsbewertung nach EU-Recht war nicht erforderlich.
Bis auf Weiteres besteht eine erhebliche Unsicherheit, inwieweit nach dem Gültigkeitsdatum der MDR, d.h. ab dem 26. Mai 2020, das MRA für Medizinprodukte von schweizerischen Hersteller noch eine Wirkung entfalten kann. Die EU-Kommission stellt sich gegenwärtig auf den Standpunkt, dass das MRA hierzu aktualisiert werden müsse. Ansonsten könne das Schweizer Marktzugangsverfahren nicht mehr anerkannt werden und die Schweiz würde in Bezug auf Medizinprodukte zum Drittstaat.
Gleichzeitig scheint die Kommission die Aktualisierung des MRA an den Abschluss eines umfassenden institutionellen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU zu knüpfen. Dementsprechend zeigten auch die diesbezüglichen Gespräche zwischen Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am diesjährigen WEF in Davos keine konkreten Ergebnisse.
Sollte auch in den kommenden Wochen keine Einigung erzielt werden, müssen sich Schweizer Medizinproduktehersteller in der verbleibenden Zeit darauf vorbereiten, dass sie ab dem 26. Mai 2020 die Anforderungen der MDR für Drittstaatenangehörige erfüllen müssen. Dabei ist insbesondere ein in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassener Bevollmächtigter zu mandatieren, der für die Einhaltung der Pflichten des Herstellers nach EU-Recht sorgt und den zuständigen Behörden als Ansprechpartner dient.
VISCHER berät schweizerische Medizinproduktehersteller mit Blick auf Massnahmen, die infolge der Gültigkeit der MDR ab dem 26. Mai 2020 zu treffen sind.
Autoren: Stefan Kohler, Ann Sofie Benz