
Mit der am 4. März 2024 mit lediglich knapp 110'000 Stimmen zustande gekommenen Volksinitiative "Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)" fordert die JUSO Schweiz die Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer auf dem Nachlass und den Schenkungen von natürlichen Personen. Der Steuersatz soll 50 Prozent betragen und ein einmaliger Freibetrag von CHF 50 Millionen ist vorgesehen. Die Besteuerung soll erfolgen, sobald der Freibetrag überschritten wird. Dies ist nicht der erste Versuch der Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die letzte Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform scheiterte 2015 vor dem Stimmvolk klar. Vorliegend werden die Unterschiede und Parallelen der beiden Volksinitiativen beleuchtet.
Gegenwärtige gesetzliche Regelung
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist in der Schweiz nicht harmonisiert. Die meisten Kantone und/oder Gemeinden erheben eine Schenkungs- und Erbschaftssteuer. In der Regel sind Ehegatten und Personen in eingetragener Partnerschaft sowie Nachkommen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit. Auf Bundesebene gibt es keine Erbschafts- oder Schenkungssteuer.
Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform 2015
Das Ziel der Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform 2015 war es, eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer einzuführen. Die Initianten (EVP, SP, GP) wollten, dass ab einem Freibetrag von CHF 2 Millionen Nachlässe und Schenkungen mit 20 Prozent besteuert werden. Schenkungen ab dem 1. Januar 2012 hätten rückwirkend dem Nachlass bzw. künftigen Schenkungen zugerechnet werden müssen. Die Initiative wurde deutlich mit 71 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
Initiative für eine Zukunft
Das Ziel der Initiative für eine Zukunft besteht ebenfalls in der Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Jedoch gibt es wesentliche Unterschiede im Vergleich zur Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform.
Die Initiative der JUSO sieht vor, Vermögen ab CHF 50 Millionen mit einem Steuersatz von 50 Prozent zu besteuern. Der Freibetrag sowie der anzuwendende Steuersatz sind somit deutlich höher als die Werte, welche die Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform vorsah. Gemäss den Initianten sollen rund 2000 Steuerpflichtige von dieser Initiative unmittelbar betroffen sein. Im Unterschied zu den gegenwärtigen kantonalen Normen ist die Steuer weder progressiv ausgestaltet noch sind Ausnahmen, bspw. für Ehepartner oder Kinder vorgesehen.
Gemäss dem Initiativtext soll die Steuer zum Aufbau und Erhalt einer lebenswerten Zukunft erhoben werden. Die Einnahmen sollen dabei zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft verwendet werden. Die Volksinitiative unterscheidet sich folglich in ihrer sozioökologischen Motivation von der Volksinitiative zur Erbschaftssteuerreform, deren Einnahmen primär für die Finanzierung der AHV vorgesehen waren.
Gemäss den Initianten soll der Verfassungsartikel sofort mit der Annahme der Initiative in Kraft treten. Das dazugehörige Gesetz wird anschliessend ausgearbeitet. Dieser Prozess dauert erfahrungsgemäss mehrere Jahre. Falls das Gesetz nach 3 Jahren noch nicht in Kraft ist, soll der Bundesrat spätestens bis dann eine Verordnung verabschieden, die den Verfassungsartikel vorläufig umsetzt. Alle Schenkungen und Erbschaften, die nach der Annahme der Initiative, aber vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes verrichtet werden, werden rückwirkend besteuert.
Der Bundesrat nahm am 15. Mai 2024 zur Volksinitiative Stellung und empfiehlt, diese abzulehnen. Er weist dabei auf die bereits vorhandene, aktiv demokratisch legitimierte Klimapolitik der Schweiz hin. Ferner wird der Lenkungseffekt der Initiative in Frage gestellt, da die Erbschaftsteuer ohnehin anfallen würde. Die Initiative würde zudem einen Eingriff in die kantonale Finanzautonomie bedeuten und hätte einen negativen Einfluss auf die Attraktivität des Standortes Schweiz. Darüber hinaus erhebt die Schweiz bereits eine progressiv gestaltete Vermögenssteuer.
Wir erachten diese Initiative als höchst problematisch. Sie zielt auf sehr wenige vermögende Personen, die meisten davon dürften Unternehmer sein, die sowieso schon heute einen bedeutenden Anteil der Staatsausgaben finanzieren. Die Initiative bewirkt bereits heute, dass sich Unternehmer zweimal überlegen, in die Schweiz zu ziehen oder gar ihr den Rücken zu kehren.
Autoren: Tobias F. Rohner und Fabio Paggiola