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6. März 2024 Hürden bei der Arbeitsmarktzulassung – Der Inländervorrang im Fokus

Arbeitsmarktzulassung - mit Fokus auf den Inländervorrang

Schweizerinnen und Schweizer sowie Personen aus den EU/EFTA-Staaten geniessen gegenüber Personen aus Drittstaaten einen Vorrang bei der Arbeitsmarktzulassung (sog. "Inländervorrang"). Denn das Personenfreizügigkeitsabkommen ermöglicht den EU/EFTA-Staatsangehörigen unabhängig von ihrer Qualifikationsstufe einen erleichterten Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt.

Die Zulassung von Personen aus Drittstaaten erfolgt hingegen nur unter Erfüllung bestimmter Zulassungskriterien, wie z.B. die Wahrung der gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz, die Einhaltung von Höchstzahlen (sog. Kontingente) und von orts- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie das Vorliegen bestimmter beruflicher Qualifikationen. Darüber hinaus muss das Prinzip des Inländervorrangs respektiert werden und eine Stellenmeldepflicht bei bestimmten Berufen berücksichtigt werden. Nachfolgend werden der Inländervorrang und die Stellenmeldepflicht näher erläutert.

Das Prinzip des Inländervorrangs

Drittstaatsangehörige können erst auf den inländischen Arbeitsmarkt zugelassen werden, wenn keine Personen aus der Schweiz oder aus den EU/EFTA-Ländern, die vom aus dem Freizügigkeitsabkommen abgeleiteten Inländervorrang profitieren, zur Verfügung stehen. Diesen Vorrang geniessen:

  • Schweizerinnen und Schweizer;
  • Ausländerinnen und Ausländer mit Niederlassungsbewilligung (Ausweis C);
  • Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthaltsbewilligung, die zur Ausübung der Erwerbstätigkeit berechtigt sind (Ausweis B, inkl. anerkannte Flüchtlinge);
  • vorläufig aufgenommene Personen (Ausweis F);
  • Personen, denen vorübergehend Schutz gewährt wurde und die eine Bewilligung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit besitzen (Ausweis S); und
  • alle Personen aus Staaten, mit denen ein Freizügigkeitsabkommen geschlossen wurde (Ausweis L und B oder C).

Die Arbeitsmarktzulassung von Drittstaatsangehörigen ist zudem durch Kontingente beschränkt. Die Kontingente werden vom Bundesrat jährlich neu festgelegt. Die Kontingente für Aufenthaltsbewilligungen B und Kurzaufenthaltsbewilligungen L für erwerbstätige Drittstaatsangehörige wurden in den letzten Jahren jedoch nie voll ausgeschöpft.

Eine Ausnahme des Inländervorrangs kann bei Ausländerinnen und Ausländern mit einem Schweizer Hochschulabschluss gewährt werden, wenn ihre Erwerbstätigkeit für die Schweiz von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse ist. Nach Abschluss ihrer Aus- oder Weiterbildung an einer anerkannten Schweizer Hochschule können Drittstaatsangehörige somit für sechs Monate vorläufig in der Schweiz zugelassen werden, um eine passende Stelle zu finden. Von dieser Ausnahmeregelung profitieren in der Praxis hauptsächlich Absolventinnen und Absolventen von sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Information, Naturwissenschaften und Technik). Eine weitere Ausnahme gilt beim konzerninternen Transfer von Führungskräften und Spezialisten.

Zu beachten ist, dass das Prinzip des Inländervorrangs nur bei der erstmaligen Erteilung einer Bewilligung für eine Erwerbstätigkeit gilt. Nicht anwendbar ist der Inländervorrang hingegen beim Stellen- und Berufswechsel und der Verlängerung einer Bewilligung. Hingegen wird der Inländervorrang bei einem Wechsel von einer Kurzaufenthaltsbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung geprüft.

Pflichten und Vorgehen der Arbeitgeber:

Damit eine Person aus einem Drittstaat eingestellt werden kann, muss der Arbeitgeber einen Nachweis über umfassende und ergebnislose Suchbemühungen um geeignete Arbeitskräfte mit Vorrang erbringen. Der Arbeitgeber muss demnach Suchbemühungen glaubhaft machen, die in zeitlicher Folge, geografischer Breite und inhaltlich zweckmässiger Art echte Bemühungen aufzeigen, inländische Bewerbende, oder solche aus EU/EFTA-Staaten, zu rekrutieren. Drittstaatsangehörige sollten demnach erst nach erfolglosen Suchbemühungen kontaktiert werden.

Die zu besetzenden Stellen sind grundsätzlich den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Ausserdem ist eine Ausschreibung im European Employment System (EURES) notwendig.

Weitergehend ist den Behörden aufzuzeigen, dass die Suche über die in der Branche fachspezifischen Rekrutierungskanälen (wie Fachzeitschriften, Stellenbörsen, Onlineportale sowie private Vermittlung oder Social Media etc.) und gängigen Stellenplattformen wirkungslos geblieben ist. Der Nachweis kann durch Zeitungsinserate, Bestätigungen der Personalvermittler oder sonstige Dokumenten erbracht werden. Das Stellenangebot muss mindestens einige Wochen (mindestens 6 bis 8 Wochen, empfohlen sind jedoch zwei bis drei Monate) ausgeschrieben sein.

Anschliessend muss den zuständigen Behörden aufgezeigt werden, dass keiner der anderen Bewerber gleich gut für die Stelle geeignet ist wie der gewünschte Drittstaatsangehörige. Förderlich kann hierzu die Erstellung Übersicht über alle Stellenbewerbenden und den jeweilig fehlenden Qualifikationen für die Anstellung sein. In besonderen Fällen können die Behörden auch den Nachweis von besonderen Rekrutierungsbemühungen einfordern.

Die Stellenmeldepflicht

Im Februar 2014 hat das Schweizer Stimmvolk die Initiative "Gegen Masseneinwanderung" angenommen. Das Parlament hat daraufhin eine Stellenmeldepflicht in Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit beschlossen, womit das Potenzial der inländischen Arbeitskräfte besser genutzt werden soll. Diese Stellenmeldepflicht nach Art. 21a AIG ist ebenfalls eine Voraussetzung zur Arbeitsmarkzulassung von Drittstaatsangehörigen. Demnach haben Arbeitgeber offene Stellen zu melden, falls für die betreffende Berufsgruppe, Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftsregion, die gesamtschweizerische Arbeitslosenquote 5% erreicht bzw. überschritten wird. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) legt jährlich eine Liste mit den meldepflichtigen Berufsarten fest (Liste hier abrufbar). Arbeitgeber haben bei Gesuchen um Erteilung einer Arbeitsbewilligung in Berufsarten mit einer über dem Durchschnitt liegenden Arbeitslosigkeit den Nachweis über die erfolgte Stellenmeldepflicht beizulegen.

Die Stellenmeldung muss den gesuchten Beruf, die Tätigkeit einschliesslich spezielle Anforderungen, den Arbeitsort, das Arbeitspensum, Datum des Stellenantritts, ob das Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet ist, Kontaktadresse sowie Namen des Unternehmens beinhalten.

Während fünf Arbeitstagen haben einzig die öffentliche Arbeitsvermittlung und die bei ihr angemeldeten Stellensuchenden Zugang zu den gemeldeten Stellen. Falls dem Arbeitgeber vom RAV Kandidatendossiers übermittelt werden, teilt der Arbeitgeber dem RAV mit, welche Kandidaten und Kandidatinnen er als geeignet einstuft und pflichtgemäss zu einem Bewerbungsgespräch oder einem Eignungstest eingeladen hat, ob er einen Kandidaten oder eine Kandidatin eingestellt hat und ob die Stelle weiterhin offen ist. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen müssen im Rahmen der Stellenmeldepflicht keine Begründung abgeben, weshalb sie Stellensuchende als ungeeignet einstufen.

Eine Stelle darf erst nach einer fünftägigen Sperrfrist nach Publikation anderweitig ausgeschrieben werden. Ausserdem dürfen erst nach dieser Sperrfrist bereits verfügbare Kandidaten, die nicht beim RAV gemeldet sind oder sich auf Standartinserate gemeldet haben, angestellt werden.

Die Anzahl Berufsarten, die der Meldepflicht unterstehen ist tendenziell rückläufig und im Jahr 2024 werden noch 3.2% der Erwerbstätigen in Berufsarten arbeiten, welche der Stellenmeldepflicht unterstellt sind. Die Bedeutung der Stellenmeldepflicht ist heute somit begrenzt.

Bei Fragen zum Thema steht Ihnen unser Immigration-Team jederzeit gerne zur Verfügung.

Autorinnen: Ilknur Özcan und Seline Camenisch

Autorin