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9. Februar 2021

Mann mit Bart und aufgesetzten Kopfhörern am Schreibtisch und Pflanze im Vordergrund

Aufgrund der länderspezifisch erlassenen Gesundheitsvorschriften konnten und können viele Grenzgänger ihren Arbeitsplatz nicht physisch aufsuchen. Mit der damit verbundenen Zunahme der Arbeit im Homeoffice ergeben sich steuerlich und sozialversicherungsrechtlich diverse Unsicherheiten. Dabei ist es wichtig, die beiden Themen zu unterscheiden, da die Regeln nicht zwingend vergleichbar ausgestaltet sind.

Steuern: Lockerungen für Grenzgänger

Die Schweiz hat als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie mit Deutschland, Frankreich, Italien und Liechtenstein vorläufige Vereinbarungen zur Besteuerung von Grenzgängern bei Telearbeit (Homeoffice) abgeschlossen. Für die Dauer der Covid-19-Pandemie lösen diese Vereinbarungen die Einkommensteuerprobleme, die bei Homeoffice für Grenzgänger ansonsten entstehen würden. Demnach sollen die bestehenden Steuerabkommen wie bisher gelten, solange die Covid-19-Ausnahmeregelungen in Kraft sind. Das bedeutet, dass Grenzgänger, die von zu Hause aus arbeiten müssen, weiterhin den selben Steuerregelungen unterliegen, wie wenn sie physisch an ihrem bisherigen Arbeitsort tätig wären, die Covid-19-Situation wird also faktisch ignoriert. Mit Österreich wurde und wird voraussichtlich keine besondere Vereinbarung abgeschlossen, womit die Gefahr besteht, dass Österreich im Fall von Homeoffice auf die Massgeblichkeit des Ausübungsorts der Tätigkeit pocht. In der Folge wäre das Erwerbseinkommen betroffener Grenzgänger in Österreich steuerpflichtig. Ob die Schweiz dieses Einkommen dann von der Besteuerung ausnimmt, ist unklar, dies müsste aber wohl der Fall sein. Der Nachweis des effektiven Arbeitsortes mittels Kalender bleibt für diese Grenzgänger unabdingbar. Die erwähnten Regelungen sind je nach Land zeitlich unterschiedlich befristet und es ist daher wichtig, die Laufzeiten pro Land im Auge zu behalten.

Sozialversicherungen: Keine Änderungen

In Bezug auf Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Liechtenstein hat Schweiz eine flexible Anwendung der Unterstellungsregeln bis zum 30. Juni 2021 vereinbart. Sozialversicherungsrechtlich soll sich die Versicherungsunterstellung in Bezug auf Personen, die dem Freizügigkeitsabkommen oder dem EFTA-Übereinkommen unterstehen, nicht aufgrund der COVID-19-Einschränkungen ändern. Eine Person wird entsprechend auch dann als in der Schweiz erwerbstätig betrachtet, wenn sie ihre Tätigkeit hier physisch wegen Corona nicht ausüben kann. Davon sind insbesondere Grenzgänger im Homeoffice betroffen. Diese flexible Auslegung entspricht den EU-Empfehlungen betreffend die Anwendung des europäischen Koordinationsrechts. Die flexible Anwendung gilt voraussichtlich bis zum 30. Juni 2021. Sobald sich die Gesundheitssituation normalisiert hat, gelten wieder vollumfänglich die üblichen Unterstellungsregeln. Aufgrund des Brexit ist zu beachten, dass für Grossbritannien die EU-Empfehlungen nicht mehr anwendbar sind.

  Steuern:
Vorläufige Vereinbarungen zur Grenzgängerbesteuerung
Sozialversicherungen:
Flexible Anwendung der Unterstellungsregeln im Sozialversicherungsrecht
Deutschland Konsultationsvereinbarung:
Gültig bis 31.03.2021
Bis zum 30. Juni 2021
Frankreich Verständigungsvereinbarung:
Gültig bis 31.03.2021
Bis zum 30. Juni 2021
Italien Verständigungsvereinbarung:
Bis auf Weiteres gültig; Verlängerung jeweils um einen Monat; Behörden müssen sich im Voraus auf einen Beendigungszeitpunkt einigen
Bis zum 30. Juni 2021
Liechtenstein Verständigungsvereinbarung:
Bis auf Weiteres gültig; Verlängerung jeweils um einen Monat; Einseitig bis mind. eine Woche vor Ablauf kündbar
Bis zum 30. Juni 2021
Österreich Keine Bis zum 30. Juni 2021

Home-Office im Ausland birgt für Unternehmen ein Risiko

Die erwähnten Vereinbarungen enthalten keine Bestimmungen, welche die Regeln betreffend die Begründung einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers ändern würden. Aus Sicht der Schweiz kann ein Arbeitgeber grundsätzlich am Wohnsitz des Arbeitnehmers eine Betriebsstätte begründen, wenn die Geschäftstätigkeit des Unternehmens in einer festen Geschäftseinrichtung dauernd ganz oder teilweise ausgeübt wird (1). In anderen Staaten können die Anforderungen an die Begründung einer Betriebsstätte allerdings wesentlich tiefer sein. In einer Analyse der OECD zu den geltenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) wurde immerhin festgehalten, dass es sich bei der Covid-19-Pandemie um höhere Gewalt handelt. Dabei wurde zusammengefasst, "dass die Telearbeit von Einzelpersonen von zu Hause aus (d. h. im Home Office) als eine Massnahme des öffentlichen Gesundheitswesens, die von mindestens einer der Regierungen der beteiligten Staaten auferlegt oder empfohlen wurde, um die Ausbreitung des COVID-19-Virus zu verhindern, keine Betriebsstätte für das Unternehmen bzw. den Arbeitgeber schafft." (2) Um das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte zu reduzieren, empfehlen wir Arbeitgebern mit Grenzgängern im Homeoffice dieses Risiko stets im Auge zu behalten – dies umso mehr, je länger die Situation dauert. Aus Steuersicht – also mit Blick auf die Vermeidung einer ausländischen Betriebsstätte - ist bei internationalen Grenzgängern auf regelmässiges Homeoffice zu verzichten, wenn die Präsenz am Arbeitsplatz grundsätzlich möglich ist. Dies gilt insbesondere für die Zeit nach der Corona-Pandemie und speziell für Mitarbeiter mit Abschlussvollmachten. Für die Zeit während Corona ist empfehlenswert zu dokumentieren, welche Regeln im Unternehmen betreffend Homeoffice gegolten haben.

(1) vgl. Art. 51 Abs. 2 DBG

(2) Updated guidance on tax treaties and the impact of the COVID-19 pandemic, OECD, 21. Januar 2021, Ziff. 19

Autoren: Adrian Briner, Flurin Bleisch

Kategorien: Berufliche Vorsorge, Sozialversicherungsrecht, Steuern, Blog

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