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20. Januar 2023 Hintergrundinformation: Kontingente und Höchstzahlen

Vor wenigen Wochen informierten wir über die neu eingeführten Höchstzahlen zur Einwanderung von kroatischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen (Blogbeitrag). Dieser Beitrag soll einen umfassenderen Blick auf die Begrenzungsmassnahmen werfen.

Hintergrund

Um die Zuwanderung von Arbeitskräften zu regulieren und um sicherzustellen, dass inländische Arbeitsplätze für die Schweizer Bevölkerung priorisiert werden, gibt es schon seit den 1960er Jahren in der Schweiz Kontingente für ausländische Arbeitskräfte. Daher bestehen schon lange Regelungen im Ausländer- und Integrationsgesetz ("AIG") sowie in der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit ("VZAE"), die Begrenzungsmassnahmen zulassen.

Mit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommen ("FZA") zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ("EU") im Jahr 2002 wurde der Schweizer Arbeitsmarkt schrittweise für EU-/EFTA-Staatsangehörige geöffnet. Gewisse Zuwanderungsbeschränkungen wie Kontingente wurden auf eine Laufzeit bis 2007 beschränkt, wobei die Möglichkeit der Einführung zusätzlicher Kontingente bis 2014 bei einer übermässigen Einwanderung vorgesehen wurde. In Bezug auf die EU-Erweiterung von 2004 einigten sich die EU und die Schweiz darauf, bis zum 30. April 2011 jährlich zunehmende Kontingente für Kurzaufenthalter und Jahresaufenthalter zu gewähren. So z.B. im Falle des EU-Beitritts von Kroatien: Das Protokoll III zum FZA enthält die Option, während einer Übergangsfrist schrittweise zunehmende Kontingente einzuführen und nach der Übergangsfrist, für eine begrenzte Zeit, Kontingente bei Überschreitung eines Schwellenwertes an Bewilligungen wiedereinzuführen (sog. Schutz- oder Vinkulierungsklausel). Im Falle Kroatiens lief die Übergangsfrist bis 2021. Schon im Jahr 2022 überschritt jedoch die Anzahl der Bewilligungen die Schwellenwerte und neue Kontingente wurden eingeführt. (vgl. Blogbeitrag vom 30. November 2022). Die Ventilklausel kann noch bis 2024 angerufen werden.

Mit der eidgenössischen Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" sollte die weitgehende Freizügigkeit von EU-/EFTA-Staatsangehörigen beschränkt werden. Seit 2014 ist der Gesetzgeber ausdrücklich in der Bundesverfassung beauftragt, die Anzahl der Zuwanderer durch Höchstzahlen und/oder Kontingente quantitativ zu begrenzen und dabei auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz Rücksicht zu nehmen und den Schweizerinnen und Schweizern den Vorrang einzuräumen (Art. 121a BV). Im Dezember 2016 wurde die Initiative durch eine Gesetzesänderung umgesetzt, die eine Stellenmelde- und Interviewpflicht zugunsten inländischer Arbeitnehmer vorsieht, gleichzeitig aber auf die, von der der Initiative verlangten Kontingente und Höchstzahlungen verzichtet. Letztere Massnahme hätte die Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU bedingt.

Mit dem Austritt aus der EU trat des Vereinigten Königreiches ("UK") auch gleichzeitig aus dem FZA aus wodurch in der Schweiz für UK-Staatsangehörige die Zulassungsvoraussetzungen aus dem AIG zur Anwendung gelangten. Theoretisch. Denn schon vor dem Austritt der UK schloss der Bundesrat vorsorgliche Massnahmen, weshalb seit dem 30. März 2019 separate Kontingente für britische Staatsangehörige gelten, welche zwecks Erwerbstätigkeit in die Schweiz einreisen.

EU-/EFTA-Staatsangehörige

Mit dem FZA wurde folglich die Unterscheidung zwischen EU-/EFTA-Staatsangehörigen und Nicht-EU-/EFTA-Staatsangehörigen (sog. Drittstaatenangehörigen) bedeutsam. Heute gelten die Zulassungsvoraussetzungen von Art. 18 ff. AIG (inkl. der Kontingente) für Arbeitskräfte aus EU-/EFTA-Staaten grundsätzlich nicht.

Es bestehen jedoch Ausnahmen:

  • Höchstzahlen können eingeführt werden für Kurzaufenthaltsbewilligungen von Ausländerinnen und Ausländern aus EU-/EFTA-Staaten, die Dienstleistungen im Rahmen des FZA oder EFTA-Übereinkommens erbringen und die mehr als 90 Tagen Aufenthalt (120 Tage, sofern Voraussetzungen nach Art. 19a Abs. 2 VZAE erfüllt) in der Schweiz haben (Art. 5 FZA, Art. 17 Bst. a und Art. 21 Anhang I FZA, Art. 19a Abs. 1 und Art. 20a VZAE).
  • Auch heute noch können sich sowohl die Schweiz als auch die EU bei "schwerwiegenden Problemen" auf eine "einvernehmliche Schutzklausel" berufen (Art. 14 Abs. 2 FZA; Botschaft Bilaterale I, 6153).
  • Staatsangehörige neuer EU-Mitgliedsstaaten, sofern in den Bestimmungen zur schrittweisen Einführung des freien Personenverkehrs Ausnahmen vorgesehen sind (Beispiel Kroatien, siehe oben).

Drittstaatenangehörige (Nicht EU-/EFTA-Staatsangehörige)

Die Zulassung von Arbeitnehmern aus Drittstaaten, d.h. aus Staaten, die nicht den EU-/EFTA-Staaten angehören, unterliegt im Gegensatz zur derjenigen von EU-/EFTA-Staatsangehörigen restriktiven Voraussetzungen, die im AIG sowie in der VZAE teils abstrakt, teils detailliert geregelt sind. Eine der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen ist, dass die Höchstzahlen noch nicht ausgeschöpft sind, respektive, dass ein entsprechendes Kontingent zur Verfügung gestellt wird (Art. 20 AIG). Der Bundesrat legt zu diesem Zweck jährlich für die erstmaligen Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit Kontingente und/oder Höchstzahlen fest und differenziert dabei in Berufsgruppen und Regionen. Die Kontingente werden für den Bund und die Kantone festgelegt, wobei die kantonalen Kontingente nach Massgabe der wirtschaftlichen Bedürfnisse unter den Kantonen aufgeteilt werden. Werden die kantonalen Kontingente ausgeschöpft, können die Bundeskontingente zusätzlich ausgeschöpft werden, um so die wirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Bedürfnisse zwischen den Kantonen auszugleichen.

Insgesamt kommt dem Bundesrat in der Festlegung der Zulassungspolitik ein grosser Spielraum zu. Bei der Festlegung der Kontingente hat er zwar die Kantone und die Sozialpartner anzuhören, doch obliegt ihm der Entscheid. Zu beachten ist weiter, dass es mit dem Bundesrat nicht der Gesetzgeber, sondern der Verordnungsgeber ist, der neben den Höchstzahlen auch die Kategorien festlegt, für die Kontingente eingehalten werden müssen.

Das Staatssekretariat für Migration ("SEM") kann "im Rahmen der Höchstzahlen des Bundes Verfügungen für erstmalige Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen erlassen oder die kantonalen Höchstzahlen erhöhen." Dabei hat es jedoch "die Bedürfnisse der Kantone und das gesamtwirtschaftliche Interesse" zu berücksichtigen (Art. 20 Abs. 3 AIG).

Nicht abhängig von den Kontingenten sind unter anderem

  • Bewilligungen an Ausländerinnen, die innerhalb von 12 Monaten längstens vier Monate in der Schweiz erwerbstätig sind. Die Dauer und der Zweck des Aufenthalts müssen jedoch von vornherein feststehen und die Zahl der kurzfristig beschäftigten darf nur in begründeten Ausnahmefällen einen Viertel des gesamten Personalstandes im Betrieb überschreiten (Art. 19 Abs. 4 Bst. a Ziff. 8 AIG)
  • Kurzbewilligungen für Künstlerinnen und Künstler, die sich innert 12 Monaten insgesamt längstens acht Monate in der Schweiz aufhalten und tätig sind (Art. 19 Abs. 4 Bst. b VZAE).
  • Bewilligungen für Grenzgänger (Art. 25 AIG)
  • Umwandlungen von Bewilligungen, z.B. von einer Bewilligung für Studierende in eine Bewilligung mit Erwerbstätigkeit
  • Ganz bewilligungsfrei sind grenzüberschreitende Tätigkeiten bis längstens 8 Tagen im Jahr, mit Ausnahmen gewisser Branchen (Art. 14 VZAE)

Kontingente für das Jahr 2023

An seiner Sitzung vom 23. November 2022 hat der Bundesrat die jährliche Teilrevision der VZAE beschlossen. Mit dieser Teilrevision, die ab 1. Januar 2023 in Kraft tritt, legte der Bundesrat die Kontingente für 2023 fest. Damit die Schweizer Wirtschaft auch im neuen Jahr die benötigten qualifizierten Fachkräfte rekrutieren kann, wurden die Kontingente für Erwerbstätige aus Drittstaaten sowie aus der UK im Vergleich zu 2022 nicht verändert. Wie schon berichtet, wurden zusätzlich neue Höchstzahlen für kroatische Arbeitnehmer eingeführt. Damit gelten für das Jahr 2023 die folgenden Kontingente:

  • für Kurzaufenthaltsbewilligungen nach Art. 19 i.V.m. Anhang 1 Ziff. 1 VZAE: 2'000 Bewilligungen für die Kantone, 2'000 Bewilligungen für den Bund
  • für Kurzaufenthaltsbewilligungen für das Erbringen von Dienstleistungen im Rahmen des FZA oder des EFTA Übereinkommens nach Art. 19a i.V.m. Anhang 1 Ziffern 4 und 5 VZAE: Insgesamt 3'000 Bewilligungen
  • für Kurzaufenthaltsbewilligungen für UK-Staatsangehörige nach Art. 19b i.V.m. Anhang 1 Ziff. 7 und 8 VZAE: Insgesamt 1'400 Bewilligungen
  • für Kurzaufenthaltsbewilligungen für kroatische Staatsangehörige: 1'007 Bewilligungen
  • für Aufenthaltsbewilligungen von Drittstaatenangehörigen nach Art. 20 i.V.m. Anhang 2 Ziff. 1 VZAE: 1'250 Bewilligungen für die Kantone, 3'250 Bewilligungen für den Bund
  • für Aufenthaltsbewilligungen für das Erbringen von Dienstleistungen im Rahmen des FZA oder des EFTA Übereinkommens nach Art. 20a i.V.m. Anhang 2 Ziffern 4 und 5 VZAE: Insgesamt 500 Bewilligungen
  • für Aufenthaltsbewilligungen für UK-Staatsangehörige nach Art. 20b i.V.m. Anhang 2 Ziff. 7 und 8 VZAE: Insgesamt 2'100 Bewilligungen
  • für Kurzaufenthaltsbewilligungen für kroatische Staatsangehörige: 1'150 neue Bewilligungen

Interessieren Sie sich für eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz? Bei Fragen rund um Arbeit und Aufenthalt in der Schweiz steht unser Immigration-Team gerne zur Verfügung.

Übrigens, haben Sie unsere Blogs über die Kontingente für Kroatische Arbeitnehmer, über Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen für EU- und EFTA-Bürger sowie über Nicht-EU- und EFTA-Bürger schon gelesen?

 

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