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Kategorien: Steuern, Blog
Bei der Gründung eines Startups geht es typischerweise turbulent zu und her. Eine bestehende Idee muss in ein Geschäftsmodell umgesetzt, das Team zusammengestellt und Investoren für die Finanzierung gefunden werden. Der Fokus liegt in dieser Phase auf dem Vorantreiben des Projekts und der praktischen Umsetzung des Geschäftsmodells – weniger auf Verträgen und Steueroptimierung. Starke Verträge und eine vorausschauende Steuerplanung sind jedoch mittel- und langfristig für jedes Startup ein Muss – vor allem dann, wenn dieses erfolgreich ist! Die dreiteilige Reihe Fokus Steuern des Startup Desks von VISCHER widmet sich den steuerlichen Aspekten, welche für einen Erfolg des Startups aus Sicht der Investoren und Gründer, der Mitarbeitenden sowie des Unternehmens zu beachten sind:
Ein Startup benötigt in der Anfangsphase oft viel Kapital, dies gilt gerade im Life-Science Bereich. Solide Verträge mit Investoren schaffen dabei die Basis für die Aufnahme von Kapital via Finanzierungsrunden oder Darlehen. Die Investoren wiederum sind darauf angewiesen, dass die Gründer und Schlüsselpersonen in der Gründerphase, d.h. während des gesamten Investmentzyklus von 6 bis 10 Jahren, motiviert dabeibleiben. Während der Startup Phase können gewöhnlich nur geringe Saläre an die Gründer und Mitarbeitenden bezahlt werden. Weil noch keine Gewinne erzielt werden, kann auch keine Dividende ausgeschüttet werden. Gründer und Mitarbeitende werden darum am Unternehmen beteiligt. Der Fokus der Gründer, Investoren und beteiligten Mitarbeitenden, ist daher oft auf den Exit gerichtet, also den Verkauf des Startups an Dritte oder den Gang an die Börse. Mit dem Verkauf ihrer Anteile am Startup können diese einen Gewinn erzielen, welcher sie für den geringen Lohn und das übernommene unternehmerische Risiko entschädigt. In der (positiven) Differenz zwischen dem Verkaufspreis ihrer Anteile und dem Preis, welchen sie dafür bezahlt haben (z.B. bei der Ausgabe der Aktien bei Gründung oder anlässlich einer Finanzierungsrunde), realisieren die Anteilsinhaber im Zeitpunkt des Exits einen Kapitalgewinn.
Anteilsinhaber, die im Zeitpunkt der Veräusserung ihrer Anteile ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, zahlen in der Regel keine Steuern auf diesem Kapitalgewinn. Die meisten Länder dagegen besteuern Kapitalgewinne gleich wie andere Einkommen, jedoch zu einem tieferen Steuersatz: z.B. Frankreich (30%), Italien (26%), Österreich (28%), Deutschland (28%) oder USA (0 bis 40.8%). Im Gegensatz dazu besteuert die Schweiz von natürlichen Personen erzielte Kapitalgewinne gar nicht, allerdings nur, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Halten der Anteile im Privatvermögen. Die Anteilsinhaber müssen die Anteile am Startup Unternehmen im Veräusserungszeitpunkt in ihrem Privatvermögen halten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Gründer das Gründungskapital der Gesellschaft aus privaten Mitteln einbezahlt, Mitarbeitende sich anlässlich einer Finanzierungsrunde zum Marktpreis bzw. dem gleichen Preis wie die unabhängigen Investoren am Startup beteiligen oder generell sich unabhängige Dritte (Investoren) im Rahmen ihrer privaten Vermögensverwaltung am Startup beteiligen. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Mitarbeitende die Anteile vom Arbeitgeber unter dem Verkehrswert bzw. zu einem Formelwert erhalten (zu den Steuerfolgen im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungen vgl. Fokus Steuern – Mitarbeitende: Beteiligung am Erfolg des Startups).
Kein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel. Ein im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielter Kapitalgewinn ist nicht steuerfrei. Es ist daher darauf zu achten, dass die Steuerverwaltung den Verkauf der Anteile an sich nicht als selbständige Tätigkeit einstuft. Nur diejenigen Kapitalgewinne, welche sich aus der schlichten Verwaltung des eigenen privaten Vermögens oder aus einer zufälligen Gelegenheit ergeben, gelten als steuerfreie Kaptalgewinne. Ein Gewinn aus einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit kann zur Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit und zur Besteuerung des Kapitalgewinns führen (gewerbsmässiger Wertschriftenhändler). Ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel kann aber bei Berücksichtigung der folgenden steuerlich anerkannten Safe Haven Kriterien ausgeschlossen werden:
Können nicht sämtliche Safe Haven Kriterien erfüllt werden, führt dies aber nicht automatisch zu einer Besteuerung des Kapitalgewinnes. In einem solchen Fall ist aufgrund sämtlicher Umstände zu beurteilen, ob ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vorliegt oder nicht. Die Steuerbehörden in der Schweiz sind bei der Besteuerung von Kapitalgewinnen unter dem Titel des gewerbsmässigen Wertschriftenhändlers grundsätzlich zurückhaltend.
Keine selbständige Erwerbstätigkeit. Ganz grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass Anteile im Privatvermögen gehalten werden. Kapitalgewinne, welche im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt werden unterliegen immer der Einkommenssteuer. Zusätzlich zu den Einkommenssteuern sind auf Gewinnen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit (z.B. gewerbsmässiger Wertschriftenhändler) Sozialversicherungsbeiträge (AVH/IV etc.) von ca. 10% geschuldet.
Vorsicht bei gemischten Verträgen. Gemischte Verträge sind Verträge, welche den Verkauf der Anteile an einem Unternehmen (oft der Mehrheit am Unternehmen) mit weiteren Bedingungen wie zum Beispiel einem Konkurrenzverbot oder der weiteren Mitarbeit im Unternehmen verknüpfen. Dabei ist zu beachten, dass nur der Erlös, welcher im direkten Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile steht, steuerfrei ist. Eine Entschädigung für ein Konkurrenzverbot oder für die Weiterarbeit im Unternehmen ist als Einkommen steuerbar. Bei gemischten Verträgen ist also darauf zu achten, dass im Vertrag der Kaufpreis für die Anteile dem Marktwert entspricht und klar von den übrigen Entschädigungen getrennt wird. Damit die Steuerbehörden nicht einen Teil des Kapitalgewinns als steuerbaren Kapitalgewinn qualifizieren, ist insbesondere bei der Weiterarbeit im Unternehmen sicherzustellen, dass die verkaufenden Mitarbeitenden weiterhin marktkonform entschädigt werden.
Vorsicht bei Gewinnreserven. Unternehmen, welche in vergangenen Jahren bereits Gewinne realisiert und diese nicht ausgeschüttet haben, verfügen nebst dem Grund- bzw. Stammkapital und den Kapitaleinlagen der Anteilsinhaber über kumulierte Gewinnreserven. Werden mindestens 20% der Anteile an einer solchen Gesellschaft aus dem Privatvermögen in das Geschäftsvermögen einer natürlichen oder juristischen Person verkauft, kann dies dazu führen, dass zukünftige Ausschüttungen aus diesen per Verkauf bestehenden Gewinnreserven bei den verkaufenden Anteilsinhabern besteuert werden (sogenannte indirekte Teilliquidation). Mit einer vorausschauenden Steuerplanung und Vertragsgestaltung kann dies jedoch vermieden werden.
Vorsicht bei Übertragung an selbstbeherrschte Gesellschaft. Sogar der gesamte Gewinn, welcher das Gesamt- bzw. Stammkapital inkl. Kapitalreserven übersteigt, kann besteuert werden, wenn private Anteilsinhaber einen Anteil von 5% oder mehr an einer Kapitalgesellschaft an ein Personenunternehmen oder eine juristische Person verkaufen, an der sie einzeln oder gemeinsam mindestens 50% des Kapitals halten. Eine solche Übertragung stellt wirtschaftlich gesehen keinen Verkauf, sondern eine reine Vermögensumschichtung dar (sogenannte Transponierung). Ab dem 1. Januar 2020, mit Wirksamwerden der in diesem Jahr beschlossenen Unternehmenssteuerreform, werden sogar sämtliche derartige Vermögensumschichtungen, also auch solche von unter 5%, besteuert werden.
Anteilsinhaber, die die oben erwähnten Bedingungen einhalten, realisieren einen steuerfreien Kapitalgewinn, wenn sie ihre Anteile im Zuge eines Börsenganges oder Unternehmensverkaufs an Dritte veräussern. Trotz dieses Steuervorteils ist es unter dem Aspekt der Risikodiversifizierung nicht immer sinnvoll, seine Beteiligung am Unternehmen stetig zu erhöhen.
Neben der Chance auf einen Kapitalgewinn besteht immer auch das Risiko eines Kapitalverlustes. Oft müssen Mitarbeitende bzw. mitarbeitende Gründer bei einem Kapitalverlust zudem auf einen Teil ihres Lohnes und dem Unternehmen gewährte Vorschüsse bzw. Darlehen verzichten. Diese privaten Kapitalverluste können steuerlich nicht geltend gemacht werden, da entsprechende Gewinne ja auch nicht besteuert werden. Aus diesem Grund ist immer abzuwägen, ob die Chance eines möglichen steuerfreien Kapitalgewinns das zusätzliche Risiko eines ebenso möglichen Kapitalverlustes übersteigt.
Damit es bei einem Verkauf der Anteile nicht zu einer unliebsamen Überraschung kommt, sind somit wasserdichte Verträge und sorgfältige Abklärungen unerlässlich:
Klare Trennung von Privat- und Geschäftsvermögen. Es kann nicht genügend betont werden, dass unbedingt darauf zu achten ist, die Anteile im Privatvermögen zu halten. Dies ist für jeden Beteiligten separat zu gewährleisten. Zur Sicherheit kann diese Frage vorgängig mit der kantonalen Steuerverwaltung in einem sogenannten Steuerruling behandelt werden. Dies kann beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn Investoren die Gesellschaft im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zusätzlich beraten. Selbst wenn Anteile im Geschäftsvermögen gehalten werden, ist eine korrekte Verbuchung wichtig, damit ein späterer Kapitalgewinn von den Steuerbehörden nachvollzogen werden kann.
Professionelle Verträge zwischen Gründern und Investoren. Mit einem Aktionärsbindungsvertrag kann die Beschlussfähigkeit des Startups sichergesellt werden. Damit lässt sich vermeiden, dass ein Anteilsinhaber alleine einen Verkauf des Startups verhindern bzw. seine Anteile ohne Zustimmung der anderen Aktionäre an beliebige Dritte veräussern kann.
Umfassender Verkaufsvertrag beim Verkauf (Exit) des Startups. Wie gezeigt, ist der Kapitalgewinn aus dem Verkauf der Anteile nur so lange steuerfrei, als er nicht im Zusammenhang mit weiteren Entschädigung an den verkaufenden Anteilsinhaber steht bzw. keine indirekte Teilliquidation oder Transponierung vorliegt. Sollen z.B. die Gründer nach dem Verkauf ihrer Anteile weiterhin für das Unternehmen arbeiten oder haben sie sich zu einem Konkurrenzverbot verpflichtet (siehe gemischte Verträge vorne), so ist sicherzustellen, dass im Verkaufsvertrag das steuerbare Einkommen aus diesen Leistungen vom Erlös aus dem Verkauf der Anteile klar abgegrenzt wird. Auch diese Frage kann mit der kantonalen Steuerverwaltung besprochen werden. Ebenso wichtig ist, dass der Verkaufsvertrag im Falle eines Verkaufs an eine juristische Person wo nötig eine so genannte indirekte Teilliquidationsklausel enthält, nur so werden die Verkäufer vor unliebsamen Steuerrechnungen geschützt.
Professionelle schriftliche Verträge, eine sorgfältige Evaluation der steuerlichen Situation aller Aktionäre – also sowohl der schweizerischen als auch der ausländischen – und wo sinnvoll das vorgängige Einholen von Steuerrulings, verhindern böse Überraschungen beim Verkauf der Anteile an einem Startup. Sie unterstützen auch den reibungslosen Betrieb des Startups und sind sowohl im Interesse der Investoren als auch der Gründer und Mitarbeitenden. Für weitere Fragen zur Strukturierung von Startups stehen unser Steuerrechtsteam und unser Startup Desk gerne zur Verfügung.
Autor: Adrian Briner
dipl. Wirtschaftsprüfer, dipl. Steuerexperte
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