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Kategorien: Banken- und Finanzmarktrecht, Blog
Der Titel des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) lässt vermuten, dass es sich hier um ein Gesetz handelt, welches nur für klassische Finanzmarktteilnehmer relevant ist. Dieser Schluss ist falsch. Zwar stehen im Mittelpunkt des neuen Gesetzes Börsen, zentrale Gegenparteien, Zahlungssysteme und andere Finanzmarktinfrastrukturen. Soweit das neue Gesetz jedoch den Derivatehandel reguliert, betrifft es auch KMU ausserhalb des Finanzbereichs.
Derivatgeschäfte werden nicht nur von klassischen Finanzmarktteilnehmern und Grossunternehmen getätigt, sondern können auch in der Praxis von KMU eine Rolle spielen. So ist es denkbar, dass ein KMU im Vorfeld eines Kreditvertrages ein Swapgeschäft zur Absicherung von Zinsrisiken oder im Zusammenhang mit Exportgeschäften zur Absicherung von Währungsrisiken abschliesst.
Obwohl teilweise grosszügige Übergangsregelungen vorgesehen sind, muss bereits heute jedes KMU prüfen, ob es Derivatgeschäfte tätigt oder nicht. Werden keine Derivatgeschäfte getätigt, ist dies in einem Beschluss schriftlich festzuhalten.
KMU, die Derivatgeschäfte tätigen oder tätigen wollen, müssen schriftlich die Abläufe dokumentieren, mit denen sie die Umsetzung der Pflichten nach dem FinfraG im Zusammenhang mit dem Derivatehandel sicherstellen wollen (beispielsweise in einer internen Weisung).
Ab dem Jahr 2017 prüft die Revisionsstelle des KMU, ob die Pflichten im Derivathandel eingehalten werden. Wenn die Revisionsstelle Verstösse gegen die Bestimmungen über den Handel mit Derivaten feststellt, hat sie der Gesellschaft eine Frist zur Behebung anzusetzen. Werden die Verstösse nicht innert Frist behoben oder wiederholen sie sich, muss die Revisionsstelle die Verstösse dem Eidgenössichen Finanzdepartement EFD melden.
Nicht explizit adressiert ist die Frage, ob eine Prüfung auch dann erfolgen muss, wenn ein KMU auf die Revision verzichtet hat (Opting-out). Da Art. 114 Finanzmarktinfrastrukturverordnung (FinfraV) auf die Revision nach dem Obligationenrecht verweist, bestehen nach Ansicht der Autoren gute Argumente, dass im Fall eines Opting-Out von der Revision auch keine Prüfpflicht nach FinfraG besteht.
Das FinfraG sieht grundsätzlich vier Pflichten vor, die gegebenenfalls auch KMU betreffen:
Das FinfraG gilt grundsätzlich für alle Finanziellen und Nichtfinanziellen Gegenparteien, die ihren Sitz in der Schweiz haben und mit Derivaten handeln. Bereits ein derivatives Geschäft kann entsprechende Pflichten auslösen. Ausgenommen sind grundsätzlich strukturierte Produkte, Effektenleihe oder gewissen Derivatgeschäfte mit Bezug auf Waren mit physischer Lieferung sowie Strom und Gas.
Finanzielle Gegenparteien sind u.a. Banken, Effektenhändler oder Fonds. Nicht im Finanzbereich tätige Unternehmen gelten als Nichtfinanzielle Gegenparteien.
Es wird zwischen kleinen und grossen Gegenparteien unterschieden. Ob eine Gegenpartei klein oder gross ist, hängt davon ab, ob die Durchschnittsbruttopositionen ausstehender Derivatgeschäfte bestimmte Schwellenwerte überschreiten.
Die meisten KMU dürften als kleine Nichtfinanzielle Gegenpartei qualifizieren. Das FinfraG sieht für diese Marktteilnehmer zahlreiche Erleichterungen und Ausnahmen vor. So gelten weder die Clearingpflicht noch die Plattformhandelspflicht. Die Transparenzpflicht gilt. Sie ist jedoch, wenn die Gegenpartei eine Bank oder ein Effektenhändler ist, durch die Bank oder den Effektenhändler zu erfüllen. Die Risikominderungspflicht gilt nur eingeschränkt. So verlangt das Gesetz nicht, dass kleine Nichtfinanzielle Gegenparteien Sicherheiten austauschen oder ausstehende Geschäfte bewerten müssten. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Banken und Effektenhändler aus operationellen Gründen und zur Minimierung des Risikos einige dieser Regeln nicht dennoch in der Praxis auch auf KMU anwenden werden. KMU sollten sich daher darauf einstellen, dass auch für sie der administrative Aufwand und die Kosten steigen könnten.
Autorin: Jana Essebier
Rechtsanwältin
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