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Kategorien: Banken- und Finanzmarktrecht, Blog
FinfraG als Teil der weltweiten Derivateregulierung Seit dem 1. Januar 2016 ist das Schweizer Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) in Kraft. Das FinfraG setzt unter anderem die vom G20-Gipfel in Pittsburgh 2009 angestrebte weltweite Regulierung des Derivatemarkts in der Schweiz um. Es enthält zahlreiche Pflichten für Schweizer Gesellschaften in- und ausserhalb des Finanzsektors. Mit ihrer Aufsichtsmitteilung 5/2017 hat die FINMA die Übergangsfristen für die Erfüllung der Derivatemeldepflicht nach FinfraG für sog. NFC- bis zum 1. Januar 2019 verlängert. Was bedeutet das für die Schweizer Industrieunternehmen?
Das FinfraG fordert gerade auch Industrieunternehmen Anders als sein Titel vermuten lässt, gilt das FinfraG nicht nur für klassische Finanzmarktteilnehmer wie Börsen, zentrale Gegenparteien (CCPs), Zahlungssysteme und andere Finanzmarktinfrastrukturen. Das FinfraG ist vielmehr auch für die vielen Schweizer Industrieunternehmen ausserhalb des Finanzbereichs (sog. Non-Financial Counterparties, "NFC") unmittelbar relevant.
Zwar sieht das FinfraG für diese Marktteilnehmer zahlreiche Ausnahmen und Erleichterungen vor. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Industrieunternehmen (sog. "NFC-"). So gelten für diese weder die Clearingpflicht noch die Plattformhandelspflicht, während die Risikominderungspflicht nur eingeschränkt gilt (kein Austausch von Sicherheiten, keine Bewertung ausstehender Geschäfte). Allerdings erfasst die Derivatemeldepflicht (Art. 104 ff. FinfraG) ausnahmslos alle Derivatetransaktionen sämtlicher grosser wie kleiner Finanzieller und Nichtfinanzieller Gegenparteien mit Sitz in der Schweiz. Diese der Transparenz für den Regulator dienende Verpflichtung ist jedoch, wenn die Gegenpartei eine Bank oder ein Effektenhändler ist, im Grundsatz durch diese sog. Financial Counterparty ("FC") zu erfüllen. Zunächst Prüfung, ob Derivatgeschäft getätigt wird – dann Beschluss oder Weisung Der Begriff der "Derivate" ist sehr weit und erfasst alle Finanzkontrakte, deren Wert von einem oder mehreren Basiswerten abhängt und die kein Kassageschäft darstellen. Derivatgeschäfte in diesem Sinne werden nicht nur von klassischen Finanzmarktteilnehmern und Grossunternehmen getätigt, sondern können auch in der Praxis von kleineren Industrieunternehmen (NFC-) eine Rolle spielen, etwa Swaps zur Absicherung von Zinsrisiken eines Kreditvertrages oder Währungsrisiken bei Exportgeschäften.
Um die Pflichten nach FinfraG zu erfüllen, muss jede Schweizer Gesellschaft zunächst genau prüfen, ob sie Derivatgeschäfte tätigt oder nicht. Werden tatsächlich keine Derivatgeschäfte getätigt, ist dies in einem Beschluss schriftlich festzuhalten. Zuständig dafür ist der Verwaltungsrat bei der Aktiengesellschaft bzw. die Geschäftsführung bei der GmbH.
Stellt sich heraus, dass Derivatgeschäfte getätigt werden (sollen), sind schriftlich die Abläufe zu dokumentieren, mit denen die Umsetzung der Pflichten nach dem FinfraG im Zusammenhang mit dem Derivatehandel sichergestellt werden (sollen). Typischerweise wird eine interne Weisung erstellt.
Seit 2017 (für das Geschäftsjahr 2016) prüfen die Revisionsstellen, ob die Schweizer Gesellschaften ihre Pflichten im Derivathandel einhalten. Stellt die Revisionsstelle Verstösse fest, setzt sie der Gesellschaft eine Frist für die Behebung an. Wiederholte oder nicht rechtzeitig behobene Verstösse muss sie dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) anzeigen. Achtung: Meldung an schweizerisches oder ausländisches Transaktionsregister? Schliesst eine NFC- mit einer Schweizer Bank ein Derivatgeschäft ab, so muss die Bank eine FinfraG-konforme Derivatemeldung an das Transaktionsregister erstatten. Bislang hat die FINMA ein schweizerisches Transaktionsregister bewilligt (SIX Trade Repository AG, Zürich) und ein ausländisches Transaktionsregister für die Meldung nach FinfraG anerkannt (Regis-TR S.A., Luxemburg).
Schliesst die NFC- das Derivatgeschäft hingegen mit einer ausländischen Bank (z.B. mit Sitz in der EU) ab, dann wird diese zwar eine Derivatmeldung vornehmen, aber in aller Regel nur an das ausländische (EU-)Register gemäss dem auf sie anwendbaren ausländischem Recht (EMIR). Die Praxis zeigt, dass die ausländische Bank meist nicht (auch nicht noch zusätzlich) an ein von der FINMA zugelassenes Transaktionsregister meldet. Die Meldung an ein nicht von der FINMA, wenn auch unter EU-Recht zugelassenes Transaktionsregister genügt aus Sicht des Schweizer Rechts für die Erfüllung der Pflichten nach FinfraG aber gerade nicht. Genau diese Handhabung führte in der Praxis zu grösseren Schwierigkeiten der NFC- bei der Umsetzung ihrer Meldepflicht, wie die FINMA in ihrer Aufsichtsmitteilung 5/2017 feststellte. Vielfach bestand die Erwartung, dass die ausländische FC mit ihrer Derivatmeldung an ein EU-Transaktionsregister nach dem EU-Recht auch die Meldepflicht der Schweizer NFC- nach FinfraG mit erfüllte. Die Derivatemeldepflicht nach FinfraG bleibt damit für viele Schweizer NFC- unerfüllt, was diesen oftmals gar nicht bewusst ist. Derivatemeldepflicht nach FinfraG beginnt für NFC- neu am 1. Januar 2019 Zutreffend hat die FINMA erkannt, dass die NFC- nun mehr Zeit brauchen, um sich für die Umsetzung ihrer Meldepflicht nach FinfraG vorzubereiten. Die FINMA hat daher dem in der Praxis vielfach geäusserten Wunsch entsprochen, die bestehende Übergangsfrist für die Derivatemeldepflicht (siehe Art. 130 FinfraV) um neun Monate auf den 1. Januar 2019 zu verlängern. Offene Derivatgeschäfte muss ein NFC- somit spätestens ab 2019 nach FinfraG melden, wobei Derivatgeschäfte zwischen zwei NFC- (was in der Praxis freilich selten sein dürfte) nicht gemeldet werden müssen.
Autoren: Jana Essebier, Peter Kühn
Rechtsanwältin
Rechtsanwalt
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