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Kategorien: Arbeitsrecht, Blog
Über das Wochenende wurde der Bundesgerichtsentscheid BGer 4A_533/2018 vom 23. April 2019, wonach dem im Home-Office beschäftigten Arbeitnehmer ein (anteilsmässiger) Entschädigungsanspruch für die Mietauslagen zusteht, in den Medien umfassend thematisiert. Dieser Entscheid ist bereits über ein Jahr alt und kann nicht unbesehen auf die aktuelle Situation (COVID-19) übertragen werden, in welcher viele Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer ausnahmsweise und vorübergehend im Home-Office beschäftigen:
Sofern ein Arbeitnehmer (teilweise) im Home-Office arbeitet, hat der Arbeitgeber ihn mit den notwendigen Arbeitsgeräten und –materialien, wie einem Computer (samt Bildschirm und Maus etc.), einem Telefon und Büroeinrichtungsgegenständen etc., auszurüsten (oder ihn dafür angemessen zu entschädigen; Art. 327 OR). Den Parteien des Arbeitsvertrages steht es aber frei, abweichende Vereinbarung betreffend die Bereitstellung bzw. Kostentragung für die Arbeitsgeräte und –materialien zu treffen. In der Praxis finden sich gelegentlich vertragliche Bestimmungen, wonach der Arbeitnehmer entschädigungslos seine privaten Arbeitsmittel und Materialien zu verwenden hat.
Zudem hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich die ihm durch die Home-Office-Tätigkeit entstehenden notwendigen Auslagen zu ersetzen (Art. 327a OR). Dazu zählen unter anderem Kosten für Telefonie, Internet, Strom, Heizung sowie – gemäss dem vorgenannten Entscheid – auch (ein Teil der) Mietkosten. Diese Bestimmung unterliegt grundsätzlich nicht der Parteidisposition. Sofern die Home-Office-Tätigkeit im Interesse des Arbeitgebers erfolgt, hat er dem Arbeitnehmer die entsprechenden notwendigen Kosten (zwingend) zu ersetzen. Dabei ist immerhin die Vereinbarung einer Pauschalentschädigung zulässig, sofern diese alle notwendig entstehenden Auslagen deckt.
Die Arbeit im Home-Office liegt immer dann im Interesse des Arbeitgebers, wenn dieser dem Arbeitnehmer gar keinen oder keinen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Vor diesem Hintergrund ist auch der nun diskutierte Bundesgerichtsentscheid BGer 4A_533/2018 zu sehen. Das Gericht hiess die geltend gemachte Entschädigung für die (anteilsmässigen) Mietkosten für das Home-Office nämlich nur gut, da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gar keinen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hatte.
In den letzten Monaten haben zwar viele Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden angehalten/verpflichtet, vorübergehend im Home-Office zu arbeiten. Diese Home-Office-Arbeit ist jedoch nicht auf das Fehlen eines (geeigneten) durch den Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Arbeitsplatzes zurückzuführen, sondern dient primär dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und der Umsetzung der vom Bundesart in diesem Zusammenhang erlassenen Empfehlungen. Die Home-Office-Tätigkeit liegt somit nicht (nur) im des Interesses des Arbeitgebers. Vielmehr befinden wir uns im Moment in einer Ausnahmesituation, in welcher sowohl erhöhte Fürsorgepflichten der Arbeitgeber als auch erhöhte Treuepflichten der Arbeitnehmer gelten.
Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich unserer Ansicht nach momentan eine differenzierte Anwendung der vorgenannten gesetzlichen Regelungen: Soweit ein Arbeitnehmer über geeignete Arbeitsmaterialen und –geräte für die Home-Office-Tätigkeit verfügt, hat er diese gestützt auf seine Treuepflicht entschädigungslos zur Verfügung zu stellen bzw. zu nutzen. Ebenso hat er die notwendigen Auslagen (z.B. für Miete, Strom oder Internet) selbst zu tragen, soweit ihm diese (in gleichem oder ähnlichem Umfang) auch ohne die Home-Office-Tätigkeit anfallen. Nur sofern dem Arbeitnehmer eine passende Infrastruktur (inkl. Räumlichkeiten, Internetanschluss etc.) fehlt, hat der Arbeitgeber ihm die entsprechenden Geräte, technischen Mitteln oder Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen bzw. die betreffenden Kosten zu übernehmen.
Aufgrund der zwingenden Natur insbesondere der Bestimmung betreffend die Entschädigung der notwendigen Auslagen, kann aber nicht abschliessend beurteilt werden, wie die Gerichte die Kostentragungspflicht im Zusammenhang mit aufgrund von COVID-19 angeordnetem Home-Office beurteilen werden.
Soweit Arbeitgeber das nun oftmals gut etablierte Home-Office langfristig beibehalten wollen, sind die vorgenannten Bestimmungen zudem zwingend zu beachten und es sind entsprechende Vereinbarungen betreffend die Entschädigung des Arbeitsmaterials sowie der Kosten zu treffen.
Bei Fragen zum Thema steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit gerne zur Verfügung.
Autoren: Jeannine Dehmelt, Marc Ph. Prinz
Rechtsanwältin
Rechtsanwalt
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