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22. März 2021 Elektronische Unterschriften im Arbeitsrecht

Die Digitalisierung der Arbeitswelt bietet viele neue technische Möglichkeiten. Eine davon ist die Unterzeichnung von Dokumenten mithilfe neuer Tools, die elektronische Unterschriften generieren. In der Praxis werden elektronische Signaturen bereits rege genutzt. Dabei sind gewisse gesetzliche Regeln, insbesondere Formvorschriften und die gesetzlichen Anforderungen an eine gültige elektronische Unterschrift zu beachten.

Grundsatz: Keine Formvorschriften

Als allgemeine Regel gilt, dass Verträge gemäss Art. 11 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) nicht schriftlich vereinbart werden müssen, um gültig zu sein. Erforderlich ist einzig der Konsens, d.h. gegenseitige übereinstimmende Willenserklärungen aller beteiligten Parteien. Die Schriftlichkeit ist nur dann erforderlich, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist oder wenn die Parteien vertraglich eine solche Formvorschrift vereinbaren.

Auch für den Abschluss eines gewöhnlichen Arbeitsvertrags gilt keine Formvorschrift. Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist grundsätzlich gültig und bindend. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweiskraft sind mündliche Arbeitsverträge jedoch eher selten. In der Praxis werden die meisten Verträge schriftlich abgeschlossen. Damit soll die Rechtssicherheit und die Beweiskraft in Bezug auf den Abschluss und Inhalt eines Vertrags erhöht werden.

Wird kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich über den Mindestinhalt des Vertrages (d.h. Vertragsparteien und -beginn, Funktion, Lohn und Lohnzuschläge sowie die wöchentliche Arbeitszeit) zu informieren.

Schliesslich kann ein Arbeitsvertrag auch ohne entsprechende Willenserklärungen der Parteien aufgrund der gesetzlichen Vermutung von Art. 320 Abs. 2 OR zu Stande kommen. Ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis entsteht, wenn der Arbeitgeber Arbeit als Dienst entgegennimmt, deren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist.

Ausnahme: Formvorschriften im Arbeitsrecht

Bestimmte Verpflichtungen eines typischen Arbeitsvertrags müssen nach dem Gesetz jedoch in einfacher Schriftlichkeit zwischen den Parteien vereinbart werden, damit sie gültig sind. Dies setzt voraus, dass der Vertrag die eigenhändige Unterschrift sämtlicher Parteien trägt, die mit dem Vertrag gebunden sein wollen.

Diese Formvorschrift gilt insbesondere für die in der Praxis relevante Abtretung von Rechten an geistigem Eigentum des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber (Art. 165 Abs. 1 OR, Art. 332 Abs. 2 OR), den Ausschluss der Kompensation für Überstundenarbeit (Art. 321c Abs. 3 OR), die Verlängerung der Probezeit über einen Monat (Art. 335b Abs. 2 OR), die Verlängerung der Kündigungsfrist (Art. 335b Abs. 2 OR) sowie Einschränkungen, die nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten sollen, wie z.B. nachvertragliche Konkurrenz- oder Abwerbeverbote. Zusätzlich gelten gewisse Formvorschriften für besondere Arbeitsverträge (z.B. Lehrverträge, Verträge über Leih- und Temporärarbeit, Handelsreisendenverträge, etc.).

Schliesslich beinhalten Arbeitsverträge oft vertragliche Formvorschriften in Bezug auf die Beendigung oder eine Änderung des Vertrags, z.B. dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Besteht ein solcher Schriftformvorbehalt, gilt die Vermutung, dass die Parteien vor dessen Erfüllung nicht verpflichtet sein wollen (Art. 16 Abs. 1 OR).

Elektronische Unterschriften

Für den Fall, dass die Schriftform erforderlich (oder sinnvoll) ist, kann die Unterschrift auch in elektronischer Form erfolgen. Elektronische Unterschriften sind im Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) regelt. Eine elektronische Signatur bestätigt im Wesentlichen die Identität der unterzeichnenden Person und die Nachvollziehbarkeit der signierten Informationen, d.h. den Gegenstand der Signatur und ob der Inhalt seit der Signierung verändert wurde.

Es werden vier verschiedene Formen der elektronischen Signatur unterschieden, die unterschiedliche technische Merkmale aufweisen: Die 'einfache' elektronische Signatur; die fortgeschrittene elektronische Signatur, die geregelte elektronische Signatur und die qualifizierte elektronische Signatur.

Nach Schweizer Recht ist gemäss Art. 14 Abs. 2bis OR nur die qualifizierte elektronische Signatur, die mit einem qualifizierten elektronischen Zeitstempel versehen ist, einer eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Nur diese Form der elektronischen Signatur erfüllt die Formvorschrift der einfachen Schriftlichkeit – wobei abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelungen vorbehalten sind.

Wichtig ist: Die qualifizierte elektronische Signatur muss von einem anerkannten Anbieter von Zertifizierungsdiensten ausgestellt werden. Die Schweizerische Akkreditierungsstelle (SAS) akkreditiert die Anerkennungsstellen, die ihrerseits für die Anerkennung von Anbietern von Zertifizierungsdiensten zuständig sind (vgl. Art. 5 Abs. 1 ZertES). Die derzeit einzige Anerkennungsstelle ist die KPMG AG. Zurzeit gibt es in der Schweiz nur vier anerkannte Anbieter von Zertifizierungsdiensten: Die Swisscom (Schweiz) AG, QuoVadis Trustlink Schweiz AG, SwissSign AG und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT).

Achtung bei elektronischen Unterschriften

Grundsätzlich gilt: Ist die Schriftlichkeit gesetzlich vorgeschrieben oder vertraglich als Formerfordernis vereinbart worden, muss der betreffende Vertrag die eigenhändige Unterschrift der beteiligten Parteien beinhalten (Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 OR). Ist dies nicht der Fall, ist der Vertrag nicht gültig (Art. 11 Abs. 2 OR). Dies gilt auch für einseitige Erklärungen, z.B. eine Kündigung, für die ein Schriftformvorbehalt gilt.

Nicht jede elektronische Unterschrift erfüllt die gesetzlichen Formerfordernisse und nicht jede elektronische Unterschrift ist mit der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Eine gültige elektronische Unterschrift ist nicht dasselbe, wie eine Unterschrift, die mit mechanischen Mitteln, z.B. durch einen Stempel, durch Druck oder durch Faksimile, reproduziert wird.

Wir empfehlen deshalb, allfällige Formvorschriften sowie die Art der elektronischen Unterschriften vor der Unterzeichnung von Dokumenten abzuklären. So lässt sich sicherstellen, dass die verwendete elektronische Signatur die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und das Dokument gültig unterzeichnet wird. Bei Dokumenten, die bereits mit einer elektronischen Signatur versehen sind, lohnt es sich, genauer hinzuschauen und die Gültigkeit der Unterschriften zu prüfen.

Unser Arbeitsrechtsteam steht Ihnen bei Fragen zu diesem Thema gerne zur Verfügung.

Autorin: Anela Lucic

Autorin