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25. Januar 2018 Droht nun doch das Ende der Inhaberaktie?

Erst 2015 hat die Schweiz die Empfehlungen der Groupe d'action financière (GAFI) umgesetzt. Nun droht schon wieder eine Verschärfung der Transparenzvorschriften. Worum geht es?

Von der Aufhebung der Anonymität …
Am 1. Juli 2015 wurde die bis dahin bestehende Anonymität der Inhaberaktionäre aufgehoben. An diesem Tag traten im Rahmen der Geldwäschereibekämpfung neue Transparenzvorschriften in Kraft, die der Bundesrat als Reaktion auf die Empfehlungen der GAFI aus dem Jahr 2012 vorgeschlagen hatte. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung dieser Bestimmungen sicherstellen, dass Finanzintermediäre die ihnen durch das Geldwäschereigesetz auferlegte Pflicht, die an ihren Vertragspartnern wirtschaftlich berechtigten Personen festzustellen, überhaupt erfüllen können.

Eine wichtige Änderung betraf die Inhaberaktionäre nicht börsenkotierter Gesellschaften. Deren Anonymität wurde aufgehoben. Wer auch nur eine Inhaberaktie erwirbt, muss seither der Gesellschaft den Erwerb, seinen Vor- und Nachnamen oder seine Firma sowie seine Adresse melden. Der Erwerber muss sich gegenüber der Gesellschaft identifizieren (durch amtlichen Ausweis mit Foto oder durch einen Handelsregisterauszug). In der Folge muss der Aktionär der Gesellschaft jede Änderung seines Vor- oder Nachnamens oder seiner Firma sowie seiner Adresse melden. Anders als im Börsenrecht gibt es keine Schwellenwerte für diese Meldevorschriften. Zudem muss der Verwaltungsrat ein Verzeichnis über die Inhaberaktionäre sowie die der Gesellschaft gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen führen, welches neben dem Vor- und Nachnamen oder der Firma und der Adresse auch die Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum enthält. Die Vorgaben des Gesetzgebers gehen damit über das hinaus, was das Gesetz im Fall von Namenaktien verlangt.

… zur Abschaffung der Inhaberaktie
Die neuen Schweizer Transparenzvorschriften wurden vom Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) geprüft. Mitte 2016 hatte das Global Forum seinen Bericht vorgelegt und Änderungen empfohlen. Der Bundesrat hat am 17. Januar 2018 die Vernehmlassung zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum eröffnet. Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, dass die Schweiz im Rahmen der nächsten Länderüberprüfung eine gute Note erhält und somit schädliche Gegenmassnahmen anderer Staaten vermieden werden können.

Ein gewichtiger Teil des Massnahmenpakets bildet die Abschaffung der Inhaberaktie. Diese Massnahme wurde bereits mehrfach diskutiert, wobei bis heute an den Inhaberaktien festgehalten wurde. Da die mit dem GAFI-Gesetz am 1. Juli 2015 in Kraft getretenen Vorschriften für Inhaberaktien im Ergebnis strenger waren als jene für Namenaktien, haben zahlreiche Aktiengesellschaften ihre Inhaberaktien bereits freiwillig in Namenaktien umgewandelt.

Nun sieht der derzeitige Gesetzentwurf konkret vor, dass nicht börsenkotierte Gesellschaften nur noch über Namenaktien verfügen dürfen. Per Inkrafttreten des Gesetzes sollen die bestehenden Inhaberaktien von Gesetzes wegen in Namenaktien umgewandelt werden. Obwohl die mit dem GAFI-Gesetz eingeführten neuen Bestimmungen bereits eine Angleichung der Inhaberaktien an die Namenaktien bewirkten, dürfte die nun vorgesehene gänzliche Abschaffung der Inhaberaktien viele, insbesondere kleinere Aktiengesellschaften, überraschen. Dies umso mehr, als dass die Folgen für Inhaberaktionäre, welche sich auch innert 18 Monaten ab Inkrafttreten des neuen Rechts nicht gegenüber der Gesellschaft identifiziert haben, erheblich sind. Alle Rechtsansprüche sollen endgültig verfallen und die nichtgemeldeten Aktien sollen nichtig werden.

Bei Meldepflichtverletzung droht Busse
Bereits 2015 hatte der Entwurf des GAFI-Gesetzes Strafbestimmungen vorgesehen. Diese wurden im Parlament jedoch als unverhältnismässig erachtet und gestrichen. Eine Sistierung und Verwirkung von Mitgliedschaftsrechten des Aktionärs wurden als ausreichend erachtet:

Solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachkommt, ruhen die entsprechenden Stimm- und andere Mitgliedschaftsrechte. Er kann ausserdem die entsprechenden Vermögensrechte (insb. das Recht auf Dividende) nicht geltend machen. Hervorzuheben ist, dass die Vermögensrechte des Aktionärs verwirken, wenn er seinen Meldepflichten nicht innert Monatsfrist seit Erwerb nachkommt. Holt der Aktionär die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nach, kann er trotzdem nur noch die ab dem Meldezeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen.

Der Bundesrat fordert nun das Parlament auf, auf den ursprünglichen Entscheid zurückzukommen und Strafbestimmungen einzuführen. Sowohl die Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur Meldung von wirtschaftlich berechtigten Personen auf Stufe der Gesellschafter als auch die Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten zur Führung von Verzeichnissen auf Stufe der Gesellschaft sollen unter Strafe gestellt werden. Nach Ansicht des Bundesrates sind diese Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum unabdingbar.

Keine Strafe ohne Bestimmtheit
Es mag hier dahingestellt sein, ob die Einführung von Strafbestimmungen für eine wirksame Aufsicht über Gesellschaften tatsächlich unabdingbar ist oder nicht. Jedenfalls sollte auch in diesem Bereich gelten, dass es keine Strafe geben darf ohne hinreichende Bestimmtheit der geltenden Regeln.

Die Praxis hat gezeigt, dass die Regeln zur Transparenz bei Gesellschaften im Obligationenrecht, soweit sie den wirtschaftlich Berechtigten betreffen, gerade nicht hinreichend bestimmt sind. Banken können sich bei der Umsetzung der Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes auf die VSB 2016 und den dazu veröffentlichten offiziellen Kommentar stützen. Gesellschaften müssen demgegenüber einen einzigen Satz im Obligationenrecht interpretieren und auf den jeweiligen Sachverhalt anwenden. Den Rechtsunterworfenen dient die VSB 2016 nur sehr eingeschränkt als Hilfestellung bei der Auslegung, weichen doch die Wortlaute der relevanten Bestimmungen voneinander ab. Wenn eine Strafbestimmung eingeführt wird, dann sollte sie von der Einführung einer gesetzlichen Definition des wirtschaftlich Berechtigten begleitet sein, die dem Legalitätsprinzip gerecht wird.

Weitere erhebliche Änderungen - Die Pflicht, ein Schweizer Bankkonto zu eröffnen
Gestützt auf eine neue Bestimmung im Obligationenrecht sollen Einzelunternehmen mit mehr als 100'000 Franken Umsatzerlös, Personengesellschaften, juristische Personen und Zweigniederlassungen von Unternehmen mit Hauptsitz im Ausland über ein Konto bei einer Schweizer Bank verfügen müssen. Damit soll eine wirksame Aufsicht über die Gesellschaften sichergestellt werden, denn die Banken müssen für die Gesellschaften jeweils die wirtschaftlich Berechtigten identifizieren. Zum Zwecke der indirekten Kontrolle sollen Banken und Behörden auch das Recht haben, in die Verzeichnisse über die Anteilsrechte und die wirtschaftlich Berechtigten Einsicht zu nehmen, soweit dies der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben dient. Dies soll die Feststellung allfälliger Regelverstösse erleichtern und Gesellschaften dazu veranlassen, ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten zur Führung der Verzeichnisse zu erfüllen.

Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der von der neuen Bestimmung erfassten Gesellschaften bereits heute über eine Kontoverbindung bei einer schweizerischen Bank verfügt. Dennoch scheint die vorgeschlagene Massnahme dem Schweizer Recht wesensfremd und könnte die Kundenbeziehung zwischen Banken und Unternehmen belasten. Hinzu kommt die Frage, welche Banken Unternehmen zu welchen Kosten als Kunden aufnehmen müssen.

Als verworfene Alternativmassnahmen diskutierte der Bundesrat ein elektronisches Zentralregister über die Inhaber von Aktien und die wirtschaftlich Berechtigten, wie dies z.B. Grossbritannien kennt, oder die Pflicht der Gesellschaft, die gesellschaftsrechtlich zu erstellenden Verzeichnisse der Steuererklärung beizulegen. Es bleibt abzuwarten, zu welcher Auffassung das Parlament gelangen wird.

Was ist zu tun
Sind die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen tatsächlich notwendig? Sind nicht vielleicht doch verworfene Massnahmen vorzuziehen? Gibt es noch nicht geprüfte Massnahmen als Alternativen? Eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Massnahmenpaket im Rahmen der Vernehmlassung ist zu wünschen. Die Vernehmlassung dauert bis zum 24. April 2018.

Aktiengesellschaften, welche noch Inhaberaktien ausstehend haben, sollten prüfen, ob sie nicht bereits jetzt und ohne Zeitdruck eine Umwandlung vornehmen wollen. Allen anderen Gesellschaften ist zu raten, den Ausgang des Gesetzgebungsprozesses aufmerksam zu verfolgen. Die neuen Regeln sollen bereits bis Mitte 2019 in Kraft gesetzt werden.

Für weitere Fragen steht Ihnen unser Finanzmarktrechtsteam gerne zur Verfügung.

Autorin: Jana Essebier

Autorin