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Kategorien: Immigration, Blog
Zurzeit können Bürgerinnen und Bürger aus einer Vielzahl von Drittstaaten ohne Visum für einen Aufenthalt von 90 Tagen in den Schengen Raum einreisen. Um die Kontrolle an den Schengen-Aussengrenzen zu verbessern und die Sicherheit innerhalb des Schengen-Raums zu verstärken, verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der EU die Verordnung (EU) 2018/1240 über die Einrichtung eines automatisierten Sicherheitskontrollsystems für die Einreise in den Schengen-Raum ("ETIAS"), welche weitgehende Ähnlichkeiten mit dem elektronischen Reisegenehmigungssystem ESTA der Vereinigten Staaten aufweist.
Die Schweiz als Schengen-Mitglied ist verpflichtet, diese Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zu übernehmen. Am 10. Oktober 2018 hiess der Bundesrat die Übernahme der Verordnung gut. Zurzeit laufen die parlamentarischen Schlussabstimmungen zu den notwendigen Änderungen im nationalen Recht. Die Inbetriebnahme des ETIAS ist frühestens für das Jahr 2022 vorgesehen.
ETIAS steht für "European Travel Information and Autorization System" und umfasst ein automatisiertes Sicherheitskontrollsystem für die Einreise in den Schengen-Raum. Visumsbefreite Drittstaatsangehörige müssen zukünftig vor Antritt ihrer Reise in den Schengen-Raum eine Reisegenehmigung beantragen. Das Gesuch kostet für Erwachsene sieben Euro, wohingegen minderjährige Antragsteller von der Gebühr befreit sind. Die Autorisierung gilt für einen Zeitraum von drei Jahren oder so lange, bis der Reisepass abläuft.
ETIAS ermittelt, ob die Einreise des gesuchstellenden Drittstaatsangehörigen ein Risiko für die innere Sicherheit, die illegale Einwanderung oder die öffentliche Gesundheit darstellt. Eine Einreisebewilligung an sich garantiert aber noch kein automatisches Recht auf Einreise oder Aufenthalt im Schengen-Raum, sondern stellt bloss eine zusätzliche Bedingung für die Einreise von nicht-visumspflichtigen Drittstaatsangehörigen dar. Die Genehmigung der Einreise liegt letztlich weiterhin im Ermessen der nationalen Grenzkontrollen.
Um eine Reisegenehmigung beantragen zu können, muss ein Online-Antragsformular ausgefüllt werden. Dabei wird die Antragstellerin oder der Antragsteller aufgefordert, eine Vielzahl von personenbezogenen Daten (wie etwa Name, E-Mail-Adresse, gültiges Reisedokument, Staatsangehörigkeit, Bildung, berufliche Tätigkeit etc.) anzugeben. Zusätzlich müssen Fragen zum persönlichen Hintergrund beantwortet werden, wie bspw. in Bezug auf vergangene Aufenthalte in Kriegs- oder Konfliktgebieten sowie allfällige Strafregistereinträge. Dabei wird bei der Einreichung des Gesuchs die IP-Adresse erfasst, von welcher aus das Gesuch eingereicht wird.
Der ETIAS-Autorisierungsprozess bearbeitet die Antragsdatensätze und gleicht diese mit den bestehenden Schengen- und Dublin-Informationssystemen ab. Mittels bestimmten ETIAS-Prüfungsregeln wird sodann ermittelt, ob die Einreise mit Risiken verbunden ist.
Ergibt die automatisierte Bearbeitung keinen Hinweis auf eine Gefährdung, so wird innert weniger Minuten die Reisegenehmigung automatisch durch das System ausgestellt, wobei diese bei Bedarf nachträglich annulliert oder aufgehoben werden kann. Sofern konkrete Gefährdungshinweise vorliegen, wird das Antragsgesuch einer ETIAS-Zentralstelle für eine zusätzliche manuelle Prüfung weitergeleitet, welche bis zu maximal zwei Wochen in Anspruch nehmen kann. Falls die Genehmigung verweigert wird, erhält die Antragstellerin oder der Antragsteller eine begründete Ablehnungsbenachrichtigung, gegen die Beschwerde erhoben werden kann.
Damit eine ETIAS-Genehmigung korrekt eingesetzt wird, muss die oder der Reisende zuerst durch das Land einreisen, für welches der Antrag ausgestellt worden ist. Erst nach der Einreise in das erste Land wird der Zugang in alle weiteren Schengen-Mitgliedsstaaten möglich.
Die unterschiedlichen europäischen Datenbanken, die bereits heute existieren, sind zurzeit nicht miteinander verknüpft, weshalb die Kontrollen an der Schengen-Aussengrenze bisher lückenhaft waren. Die neue Verordnung soll nun Interoperabilität zwischen den Informationssystemen (SIS II, VIS, Eurodac, EES, ECRIS-TCN und ETIAS) herstellen. Unter Interoperabilität versteht sich ein verbesserter Austausch und Abgleich von Daten zwischen den Informationssystemen. Damit soll letztlich zu einer besseren Bekämpfung von Schwerkriminalität und Terrorismus, einer verbesserten Migrationssteuerung und einer verstärkten Sicherheit im Schengen-Raum beigetragen werden.
Die im ETIAS erfassten personenbezogenen Daten dürfen nicht länger gespeichert werden, als es für die Zwecke, zu denen die Daten verarbeitet werden, notwendig ist. Grundsätzlich werden diese Daten während der dreijährigen Gültigkeitsdauer der ETIAS-Reisegenehmigung gespeichert. Für den Fall einer Verweigerung, Annullierung oder eines Widerrufs der ETIAS-Genehmigung, werden die Daten für fünf Jahre ab der letzten Entscheidung über die Reisegenehmigung hinterlegt. Die Daten dürfen nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Reisegenehmigung für maximal weitere drei Jahre erfasst bleiben, sofern die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller dies ausdrücklich verlangt, um die Einreichung eines neuen ETIAS-Gesuchs zu erleichtern.
Bei Fragen und für weiterführende Hinweise steht Ihnen das Immigrationsteam gerne zur Verfügung.
Der Autor dankt BLaw Fabienne Trümpy für ihre wertvolle Mitarbeit bei der Verfassung dieses Blogbeitrags.
Autor: Urs Haegi
Rechtsanwalt
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