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17. November 2021 Paar, das ein digitales Tablet benutzt, während es zu Hause auf dem Sofa seine Papiere durchgeht

Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, welche eine Vermögenssteuer für Privatpersonen kennt. Die Vermögenssteuer wird nur auf der Ebene der Kantone und der Gemeinden erhoben – nicht hingegen beim Bund. Zwischen den Kantonen und auch unter den Gemeinden innerhalb eines Kantons bestehen teilweise erhebliche Unterschiede in der Belastung des steuerbaren Vermögens. Insbesondere im heutigen Umfeld, in dem Banken Negativzinsen auf Bankguthaben erheben, stellt die Vermögenssteuer eine schmerzhafte Belastung dar. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Vermögenssteuern zu reduzieren. Die nachfolgenden Ausführungen richten sich an natürliche Personen mit Privatvermögen.

Was ist die Vermögenssteuer?

Die Vermögenssteuer ist eine direkte Steuer, welche von den Kantonen und Gemeinden erhoben wird. Grundsätzlich sind alle Aktiven steuerbar, soweit sie nicht aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe explizit von der Steuerpflicht ausgenommen sind. Besteuert wird das gesamte Reinvermögen, d.h. die steuerbaren Aktiven nach Abzug allfälliger Schulden und pauschaler Abzüge.

Welches Vermögen ist zu versteuern?

Als steuerbare Aktiven gelten einerseits alle geldwerten Rechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen, also z.B. Goldbarren, Grundstücke oder die Nutzniessung an Grundstücken. Andererseits gehören dazu auch alle geldwerten Reche an Forderungen, Beteiligungen und am Vermögen von Personengesellschaften (z.B. Erbengemeinschaften). Allerdings sind diese Aktiven nur steuerbar, wenn sie einen Marktwert/Geldwert aufweisen, also verkauft werden könnten oder wenn sie für den Eigentümer einen Gebrauchs- oder Nutzungswert haben. Gegenstände, welche zum Beispiel lediglich einen ideellen Wert haben, sind nicht steuerbar.

Der Hausrat und persönliche Gegenstände sind von der Vermögenssteuer ausgenommen und werden nicht besteuert. Unter dem Hausrat ist all das zu verstehen, was dem Wohnzweck dient und sich tatsächlich im Haus oder in der Wohnung befindet. Dabei es unerheblich, ob sich die Gegenstände in der Erst- oder Zweitwohnung, der Garage oder im Garten befinden. Persönliche Gebrauchsgegenstände wiederum sind alle Gegenstände, die dem Steuerpflichtigen vorwiegend im Alltag und nicht primär als Kapitalanlage dienen. Allerdings sind die Praxen der kantonalen Steuerverwaltungen zu der Frage, was als Hausrat und was als persönliche Gegenstände gilt, uneinheitlich. In Grenzfällen lohnt es sich daher, die entsprechenden Wegleitungen und Praxishinweise der kantonalen Steuerverwaltungen zu studieren und allenfalls im Zweifelsfall ein Ruling einzuholen.

Auch das in der beruflichen Vorsorge oder der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) angesparte Vermögen bleibt von der Vermögenssteuer verschont, wohingegen Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert zum steuerbaren Vermögen zählen.

Ein Spezialfall sind Anteile an kollektiven Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz, also z.B. Anteile an Immobilienfonds, welche ihre Liegenschaften direkt halten. Der Wert der von diesen Fonds gehaltenen Liegenschaften wird bereits auf Stufe des Fonds besteuert. Besitzt eine steuerpflichtige Person nun solche Anteile, unterliegt daher nicht der gesamte Wert dieser Anteile der Vermögensbesteuerung, sondern nur derjenige Wert, welcher den Wert der anteilig gehaltenen Liegenschaften übersteigt. Der anteilige Wert der vom Fonds direkt gehaltenen Liegenschaften ist von der Vermögensbesteuerung ausgenommen.

Wie wird das Vermögen bewertet?

Das Vermögen wird in der Regel zum Verkehrswert bewertet. Als Verkehrswert gilt der Wert, der bei einer Veräusserung am Markt erzielt werden könnte. Der Verkehrswert kann nur dann sicher bestimmt werden, wenn die jeweiligen Aktiven regelmässig an einer Börse gehandelt werden. Beispiele dafür sind kotierte Wertpapiere, Rohstoffe und Währungen – inkl. Kryptowährungen. Bei anderen Aktiven wie zum Beispiel Liegenschaften, nicht kotierten Wertschriften, Kunstgegenständen, Bildern und Schmuck muss der Verkehrswert geschätzt werden.

Der Steuerwert der Liegenschaften wird jeweils von den kantonalen Steuerverwaltungen festgelegt. Dieser wird je nach Kanton sehr unterschiedlich berechnet. Grundsätzlich wird der Steuerwert aber eher vorsichtig geschätzt und liegt normalerweise unter dem aktuellen Verkehrswert.

Auch bei nichtkotierten Wertschriften liegt kein Börsenkurs vor. Der Verkehrswert wird hier grundsätzlich auf Basis der sogenannten "Praktikermethode" berechnet. Dabei wird auf ein gewichtetes Mittel aus Substanz- und Ertragswert abgestellt. Der Substanzwert entspricht grundsätzlich dem Eigenkapital des Unternehmens. Der Ertragswert wiederum orientiert sich an den in der Vergangenheit erwirtschafteten Unternehmensgewinnen. Ausnahmen bestehen bei Startups, bei Immobilien-, Holding- und Vermögensverwaltungsgesellschaften.

Bei Kunstgegenständen, Bilder und Schmuck, welche den Wert des gewöhnlichen Hausrats bzw. der persönlichen Gebrauchsgegenstände übersteigen, wird der Vermögenswert anhand von Gutachten, Versicherungswerten, Kaufpreisen oder Auktionserlösen ermittelt.

In jedem Fall ist sicherzustellen, dass sämtliche steuerbaren Vermögenswerte deklariert werden und die Steuererklärung vollständig ist. Ist der Marktwert eines Gegenstandes nicht bekannt oder ist man sich nicht sicher, ob ein Gegenstand steuerbar ist, empfiehlt es sich, den Gegenstand nicht "pro memoria", sondern ohne Wertangabe in der Steuererklärung zu deklarieren und so die vollständige Deklaration des Vermögens sicherzustellen. Die Deklaration bleibt in diesem Falle unvollständig und eine allfällige Wertbestimmung ist der Steuerbehörde überlassen. (1) Bei einer "pro memoria" Deklaration hingegen besteht das Risiko einer Unterbesteuerung. Eine eigene Schätzung des Wertes eines Gegenstandes ist nur sinnvoll, wenn die steuerpflichtige Person über das entsprechende Wissen zur Bewertung verfügt.

Welche Abzüge können getätigt werden?

Vom Bruttovermögen können verschiedene Abzüge geltend gemacht werden, welche das steuerbare Vermögen verringern. Diese unterteilen sich in Schulden- und Sozialabzüge. Schulden, dazu gehören auch Steuerschulden, können grundsätzlich vollumfänglich in der Höhe ihres Nominalwertes vom Bruttovermögen abgezogen werden, woraus das Reinvermögen resultiert. Vom Reinvermögen können dann zusätzlich weitere Abzüge, sogenannte Sozialabzüge, getätigt werden. Sozialabzüge sind pauschale Abzüge, welche der Familiensituation und deren Auswirkung auf die finanzielle Leistungsfähigkeit Rechnung tragen. Welche Sozialabzüge getätigt werden können, ist abhängig vom jeweils anwendbaren kantonalen Steuergesetz. Die meisten Kantone sehen einen persönlichen Abzug in unterschiedlicher Höhe je nach Zivilstand, sowie einen Abzug je Kind vor. Gewisse Kantone kennen anstelle oder zusätzlich zum persönlichen Abzug ein steuerfreies Minimum, was dazu führt, dass die Vermögenssteuerpflicht erst ab einer bestimmten Vermögenshöhe beginnt. Die Höhe der Abzüge unterscheidet sich je nach Kanton sehr stark, weshalb sich auch hier ein Blick auf die verschiedenen Kantone lohnen kann.

Wie berechnet sich die Höhe der Vermögenssteuer?

Vergleicht man die Steuertarife der Kantone und deren Gemeinden, so sind erhebliche Unterschiede zwischen den Kantonen, aber auch den Gemeinden innerhalb eines Kantons zu erkennen. Die untenstehenden Tabellen dienen zur Veranschaulichung der Unterschiede und vergleichen die Steuerbelastung in verschiedenen Kantonen an deren Kantonshauptorten auf Basis der ordentlichen Vermögenssteuersätze.

Autor: Adrian Briner

 

Die Werte machen deutlich, dass die Wahl des Wohnsitzes die Höhe der Vermögenssteuern stark beeinflusst. Bei der Beurteilung der Vermögenssteuersituation ist allerdings nicht nur der ordentliche Vermögenssteuertarif zu beachten. So sehen die Kantone Bern, Luzern, Basel-Stadt, Aargau, Waadt, Wallis und Genf eine Belastungsobergrenze vor, bei welcher die Gesamtbelastung durch die Einkommens- und Vermögenssteuer einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf. So können zum Beispiel Steuerpflichtige im Kanton Basel-Stadt, deren Steuern auf dem Vermögen und dem Vermögensertrag 50% des Vermögensertrages übersteigen, eine Herabsetzung der Vermögenssteuer auf diesen Betrag, höchstens jedoch auf 0.5% des steuerbaren Vermögens verlangen. Um von der Belastungsgrenze im Kanton Basel-Stadt profitieren zu können, wäre somit das Vermögen möglichst so anzulegen, dass ein tiefer Vermögensertrag (Dividenden, Mieterträge) und ein hoher Kapitalertrag (Kapitalgewinne aus Veräusserung von Wertschriften) resultiert, dies wäre jedoch im Einzelfall zu prüfen. Im Kanton Basel-Landschaft sieht das Gesetz keine Belastungsobergrenze vor. Es ist jedoch möglich, in Bezug auf die Bewertung wesentlicher Beteiligungen an Unternehmen einen begründeten Antrag auf Ermässigung der Vermögenssteuer zu stellen. In jedem Fall sind aber neben der steuerlichen Optimierung Vermögens, immer auch die Risiko- und Renditeaspekte der Vermögensanlage im Auge zu behalten.

Fazit

Die Höhe der Vermögenssteuersätze ist kantonal sehr unterschiedlich. Je nach Wohnort unterscheiden sich die Steuersätze bis zum Achtfachen. Daneben sind auch die Höhe der kantonal geltenden Sozialabzüge oder anwendbaren Steuerfreigrenzen zu beachten, wobei diese bei hohen Vermögen die Vermögenssteuerbelastung nur minimal reduzieren. Zusätzlich sind besondere Mechanismen einzelner Kantone bei der Berechnung der Vermögenssteuer zu berücksichtigen. In gewissen Konstellationen, wie bei hohen Vermögen ohne wesentliche Vermögenserträge, z.B. bei gesperrten Unternehmensanteilen, welche sich nicht realisieren lassen, ist ein Kantonswechsel manchmal die einzig gangbare Lösung. Dabei ist aber zu beachten, dass in Liegenschaften angelegtes Vermögen stets am Ort der Liegenschaft besteuert wird. Falls Sie einen Wohnsitzwechsel in Betracht ziehen, beraten wir Sie gerne bei der steuerlichen Analyse.
In den meisten Fällen ist ein Wohnsitzwechsel aber nicht notwendig, um die Vermögenssteuer zu reduzieren. Welche Massnahmen es sonst noch gibt, werden wir im zweiten Teil unseres Beitrages aufzeigen.

Co-Authorin: Annika Lundin

Fussnote:

(1) Vgl. hierzu und zu Folgendem: Stephan Metz, Steuerliche Aspekte im Umgang mit Kunstgegenständen, in: Steuer Revue 72/2017 S. 661

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