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18. Januar 2017 Crowdfunding als Finanzierungsquelle für Schweizer Start-ups

Digital Business Law Bites # 15

Mit der Reihe "Digital Business Law Bites" geben wir einen kleinen Einblick in die Fülle unserer Erfahrungen und Klientenprojekte rund um digitale Geschäftsprozesse.

Crowdfunding kann eine alternative Finanzierungsquelle für Start-up-Unternehmen sein. Noch bremst das Schweizer Bankengesetz die Entwicklung, jedoch zeichnet sich der Abbau von Hürden am Horizont ab.

Was ist Crowdfunding?

Die Digitalisierung und das Internet haben die Gemeinschaftsfinanzierung zu einem Massenphänomen werden lassen. Beinahe jeden Tag kann man von einem Projekt lesen, welches durch Crowdfunding finanziert wird. Als Crowdfunding (auch Schwarmfinanzierung) werden Formen der Finanzierung über Internetplattformen mithilfe einer Vielzahl von Investoren bezeichnet. Dabei investieren die einzelnen Investoren häufig jeweils vergleichsweise geringe Beträge. Etabliert hat sich Crowdfunding vor allem im kulturellen Bereich und bei der Finanzierung von Start-up-Unternehmen.

Crowdfunding nimmt unterschiedliche Formen an. Das gemeinsame Kennzeichen aller Formen des Crowdfunding ist, dass keine Bank in die Finanzierung einbezogen wird, sondern vielmehr die Investoren und Kapitalnehmer über das Internet direkt miteinander in Kontakt treten. Im Grundsatz können folgende vier Finanzierungsformen unterschieden werden:

  • Crowddonating (Unterstützung via Spenden);
  • Crowdsupporting (Unterstützung durch Sponsoring, d. h. Erhalt von Sachgegenleistungen wie CDs, Konzerttickets, personalisierten Produkten etc.);
  • Crowdinvesting (zur Verfügung stellen von Eigenkapital);
  • Crowdlending (zur Verfügung stellen von Fremdkapital).

Verbreitung und Bedeutung in der Schweiz

Der Crowdfunding-Markt in der Schweiz ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Gemäss dem von der Hochschule Luzern publizierten «Crowdfunding-Monitoring 2016» hat sich das Volumen der vermittelten Gelder seit 2011 fast verneunfacht und betrug im Jahr 2015 rund CHF 27.3 Mio. Die eindrücklichen Wachstumszahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die absoluten Beträge weiterhin sehr tief sind.

Plattformen für Crowdsupporting wie z. B. www.100-days.net und www.wemakeit.com sind in der Schweiz bereits seit Jahren etabliert. Spendenplattformen erleben in neuerer Zeit einen Aufschwung. So ist z. B. die Raiffeisengruppe mit www.lokalhelden.ch in diesem Bereich aktiv geworden. Hingegen steckt das eigentliche Crowdlending in der Schweiz immer noch in den Kinderschuhen.

Bankengesetz als Hürde

Dass die Volumina der Schweizer Crowdlending-Plattformen im internationalen Vergleich noch gering sind, ist nicht nur den kleineren Marktverhältnissen geschuldet, sondern auch eine direkte Folge der Finanzmarktregulierung in der Schweiz. Als Hürde erweist sich dabei insbesondere das Bankengesetz.

Wer Darlehen von mehr als 20 Darlehensgebern entgegennimmt, ohne einen Prospekt erstellt zu haben, macht sich strafbar. Da das Erstellen eines Prospekts erhebliche Kosten verursacht, ist dies gerade für Privatpersonen und kleinere Unternehmen keine Option. Die typische Finanzierung durch eine Vielzahl von Personen – der Crowd – ist somit gerade nicht zulässig.

Auch die Plattformbetreiber sind mit dem Bankengesetz konfrontiert: Bei der Entgegennahme der Gelder aus der Crowd zwecks Weiterleitung an die Projektinitianten stellt sich die Frage, wann die Schwelle der bewilligungsfreien Tätigkeit überschritten wird. Weiter sind in diesem Zusammenhang auch steuerliche Aspekte zu berücksichtigen.

Politik hat Handlungsbedarf erkannt

Positiv ist festzuhalten, dass die Politik den Handlungsbedarf erkannt hat.

Am 20. April 2016 gab der Bundesrat im Rahmen einer Stellungnahme bekannt, dass er das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt habe, den regulatorischen Handlungsbedarf im Bereich innovativer Finanztechnologien zu prüfen. Gleichzeitig machte er auf einen Beschluss aufmerksam, wonach FinTech-Unternehmen unter folgenden Voraussetzungen von der Bankenverordnung ausgenommen werden können: Sie dürfen 1) Gelder allein zum Zweck der Weiterleitung entgegennehmen, 2) keinen Zins dafür verlangen und 3)  die Abwicklung solcher Gelder muss vorgängig bestimmt sein. Diese Ausnahme ist insbesondere für Plattformbetreiber von grosser Bedeutung.

Die Zeitspanne, innert welcher die Gelder nun weitergeleitet werden müssen, um unter den Ausnahmetatbestand zu fallen, ist damit jedoch noch nicht bestimmt. Die Rechtsunsicherheit in diesem Bereich dauert daher fort.

Am 2. November 2016 hat der Bundesrat nun angekündigt, dass eine Vernehmlassungsvorlage vorbereitet wird, welche die Markteintrittshürden verringert.

Einführung einer 60 Tage-Frist für das Halten von Geldern auf Abwicklungskonten

Die Vernehmlassungsvorlage soll explizit festhalten, dass keine bewilligungspflichtige Tätigkeit vorliegt, wenn Gelder auf Abwicklungskonten bis zu 60 Tagen gehalten werden. Wenn diese Bestimmung in Kraft tritt wird somit die Rechtsunsicherheit für die Plattformbetreiber beseitigt und zugleich die Flexibilität für die Geschäftsmodelle erhöht.

Abschaffung der 20er-Regel bei Publikumseinlagen bis CHF 1 Mio.

Zukünftig soll keine bewilligungspflichtige Tätigkeit vorliegen, wenn ein Unternehmen lediglich Publikumseinlagen bis zu einem Gesamtwert von CHF
1 Mio. entgegennimmt. Die 20er-Regel soll hierfür nicht mehr gelten. Wenn diese neue Ausnahme in Kraft tritt, wird es somit zukünftig erlaubt sein, bis zu diesem Gesamtwert von 100, 5'000 oder sogar mehr Anlegern Gelder entgegenzunehmen. Diese Ausnahme wird insbesondere für kleine Unternehmen eine grosse Bedeutung erlangen.

Regulierung ist auf das notwendige Mass zu senken

Crowdlending im Bereich von mittelständischen Unternehmen wird jedoch erst dann eine ernst zu nehmende Alternative sein, wenn die 20er-Regel auch bei grösseren Darlehensbeträgen durch eine differenziertere Regelung ersetzt wird und somit tatsächlich die «Crowd» als Darlehensgeberin zur Verfügung steht.

Die regulierungsbedingten Kosten müssen auf das notwendige Mass gesenkt werden. Der Gesetzgeber sollte sich daher folgende Fragen stellen:

  • Wie risikofähig ist der durchschnittliche Anleger in der Schweiz? In welchem Umfang ist Anlegerschutz daher tatsächlich nötig?
  • Wie kann der Anlegerschutz verwirklicht werden, ohne dass die daraus resultierenden Kosten das Geschäftsmodell von vornherein unrentabel machen?
  • Wie kann der technische Fortschritt dabei helfen?

Möglich wäre beispielsweise die Anhebung der Anzahl von Darlehensgebern von 20 auf 150. Anstelle des Prospektes, den die Anleger ohnehin nur selten lesen, könnten die Plattformen zudem verpflichtet werden, bei jedem Log-in eines Anlegers auf die fehlende Regulierung und die Risiken aufmerksam zu machen.

Wann treten die geplanten Änderungen in Kraft?

Die Vernehmlassungsvorlage ist für Anfang Februar 2017 angekündigt. Die hier relevanten Änderungen der Bankenverordnungen können vom Bundesrat ohne Gesetzesänderung in Kraft gesetzt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie, wie angekündigt, im Sommer 2017 in Kraft treten werden.

Autoren: Stefan Grieder, Jana Essebier

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