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Kategorien: Restrukturierung und Insolvenz, Blog
Die COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht hat die Voraussetzungen dazu geschaffen, dass eine COVID-19 bedingte Überschuldung der Gesellschaft nicht zur Konkursanzeige durch den Verwaltungsrat führen muss (vgl. dazu unser Blogbeitrag "COVID-19 Aufschub der Überschuldungsanzeige").
Indem der Verwaltungsrat die Überschuldungsanzeige aufschieben kann, hat er jedoch das Liquiditätsproblem der Gesellschaft noch nicht gelöst. Unbefriedigte Gläubiger können das Unternehmen nach wie vor durch Betreibungen in den Konkurs führen, wenn das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.
Deshalb hat der Bundesrat die COVID-19-Stundung eingeführt, damit sich kleinere und mittlere Unternehmen, welche vor der COVID-19 Krise gut aufgestellt waren und deren Geschäftsmodel funktionierte, sich vor COVID-19 bedingten Betreibungen und der Konkurseröffnung schützen können.
Einzige Voraussetzung für die Bewilligung der COVID-19-Stundung ist, dass das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht überschuldet war; oder – falls es überschuldet war, Rangrücktritte von Unternehmensgläubigern im vollen Umfang der Überschuldung vorlagen.
Die COVID-19-Stundung wurde für kleinere und mittlere Unternehmen geschaffen. Als solche gelten Unternehmen, die zwei der folgenden Schwellenwerten im 2019 nicht überschritten: (a) Bilanzsumme von CHF 20 Mio.; (b) Umsatzerlös von CHF 40 Mio.; (c) 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.
Diesen Unternehmen soll während drei Monaten (einmal um höchstens drei Monate verlängerbar), die Möglichkeit geschaffen werden, sich ohne Gläubigerdruck zu reorganisieren und sich auf die Zeit nach der COVID-19 Krise aufzustellen.
Sie gilt sowohl für Einzelunternehmen, als auch für Personengesellschaften wie die Kollektivgesellschaft und juristische Personen wie die AG und GmbH. Selbst Kleinstunternehmen welche über keinen Eintrag im Handelsregister verfügen, können sich auf die COVID-19-Stundung berufen.
Publikumsgesellschaften und grosse Unternehmen können die COVID-19-Stundung hingegen nicht beantragen. Ihnen steht lediglich die Nachlassstundung nach SchKG offen. Der Grund dafür liegt darin, dass diese wegen der wirtschaftlich grösseren Bedeutung über eine nötige Kontrolle während der Stundung bedürfen.
Der COVID-19-Stundung unterliegen diejenigen Forderungen, welche vor der Stundung entstanden sind. Diese von der Stundung erfassten Forderungen dürfen während der bewilligten Stundung vom Unternehmen nicht bezahlt werden.
Die nach der Stundung entstandenen Forderungen sind nicht erfasst und dürfen somit auch nach Bewilligung der Stundung beglichen werden. Somit kann das Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb nach der Bewilligung der Stundung weiterführen.
Die COVID-19-Stundung ist jedoch nicht für sämtliche Forderungen wirksam. Insbesondere sind Lohnforderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Stundung ausgenommen, weil der Bundesrat diese Forderungen für die Arbeitnehmer als existenzsichernd betrachtet hatte.
Will das Unternehmen auch Lohnforderungen und andere von der COVID-19-Stundung ausgenommene Forderungen von der Stundung erfasst wissen, muss das Unternehmen prüfen, ob alternativ eine Nachlassstundung nach SchKG in Betracht kommt (vgl. dazu unseren Blogbeitrag "Nachlassstundung unter COVID-19").
Die COVID-19-Stundung hat weitgehend die gleiche Wirkung wie die ordentliche Nachlassstundung.
Die wichtigste Wirkung ist, dass während der Stundung gegen das Unternehmen für von der Stundung erfasste Forderungen keine Betreibung eingeleitet oder fortgesetzt werden kann. Ausgenommen sind die Betreibungen auf Pfandverwertung für grundpfandgesicherte Forderungen, wobei die Verwertung des Grundpfandes ausgeschlossen bleibt.
Zwar werden Lohnforderungen von der Stundung nicht erfasst, für sie ist jedoch nicht mehr die Betreibung auf Konkurs, sondern nur noch eine Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung zulässig.
Vereinbarte das Unternehmen vor der Stundung die Abtretung einer künftigen Forderung und entsteht die Forderung erst nach der Bewilligung der Stundung, so entfaltet diese Abtretung keine Wirkung. Damit wird dem Unternehmen ermöglicht, die eingehenden Mittel für die Sanierung einzusetzen, anstatt für die Bezahlung der abgetretenen künftigen Forderungen.
Das Unternehmen leitet die COVID-19-Stundung ein, indem es beim zuständigen Nachlassgericht einen entsprechenden Antrag stellt. Die Gerichte stellen Formulare für die Gesuchseinreichung zur Verfügung (z. B. COVID-19 Stundung).
Dem Gesuch sind die Bilanz per 31. Dezember 2019 und die Erfolgsrechnung per 31. Dezember 2019 beizulegen. Diese können provisorisch sein und müssen nicht revidiert sein. Falls diese Unterlagen (noch) nicht vorliegen, muss die Vermögenslage anderweitig dargelegt werden.
Im Unterschied zur provisorischen Nachlassstundung wird die Bewilligung und Verlängerung der COVID-19-Stundung in jedem Fall öffentlich bekannt gemacht. Diese Transparenz erfolgt vor allem auch, weil das Unternehmen die Stundung fast voraussetzungslos erhält und kein Sachwalter zur Überwachung des Unternehmens eingesetzt wird. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich auch, dass das Unternehmen seine Gläubiger über die bewilligte COVID-19-Stundung aktiv informiert. Somit können auch unnötige Betreibungen von Gläubigern vermieden werden, welche keine Kenntnis von der COVID-19-Stundung durch die Bekanntgabe erhielten. Will das Unternehmen auf diese Transparenz verzichten, muss es eine provisorische Nachlassstundung nach SchKG beantragen und den Antrag stellen, auf die Veröffentlichung zu verzichten. In begründeten Fällen kann dann auf die öffentliche Bekanntmachung verzichtet werden, sofern der Schutz Dritter gewährleistet ist.
Mit der COVID-19 Stundung kann sich ein Unternehmen mehr Luft und Zeit zur erfolgreichen Reorganisation verschaffen. Unternehmen unabhängig ihrer Rechtsform, welche wegen Liquiditätsengpässen mit Betreibungen oder Konkursandrohungen von Gläubigern konfrontiert sind, empfehlen wir deshalb zu prüfen, ob sie eine COVID-19-Stundung beantragen sollen.
Leitet der Verwaltungsrat die COVID-19-Stundung rechtzeitig ein, erfüllt er auch gleichzeitig die Pflicht zur Einreichung der Überschuldungsanzeige. Somit kann dem Verwaltungsrat nicht vorgeworfen werden, dass er die Pflicht zur Konkursanmeldung verletzt hatte, und kann er sich der zivil- und strafrechtlichen Haftung entziehen.
Bei Fragen im Zusammenhang mit der COVID-19-Stundung steht Ihnen unser Restrukturierungs- und Insolvenzrechtsteam gerne zur Verfügung.
Autor: Lukas Züst
Rechtsanwalt
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