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Kategorien: Gesellschafts - und Handelsrecht, Blog
Update seit dem 27. März 2020:
Der Bundesrat hat am 27. März 2020 mit dem Entwurf der COVID 19 Verordnung Miete und Pacht die Frist bei Zahlungsrückstand von 30 auf 90 Tage verlängert. Aber Vorsicht: Diese Fristverlängerung gilt nur, sofern sich ein Mieter "aufgrund der Massnahmen des Bundesrates zur Bekämpfung des Coronavirus mit der Bezahlung von Mietzinsen oder Nebenkosten, die zwischen dem 13. März 2020 und dem 31. Mai 2020 fällig werden, in Rückstand" gerät.
Das heisst nicht, dass die vertraglich vereinbarten Zahlungsfristen für den Mietzins nun automatisch verlängert wurden. Nein, es wird einzig die Frist bei Zahlungsrückstand gemäss Art. 257d Abs. 1 OR, bevor ein Vermieter die Kündigung aussprechen kann, verlängert – und dies so oder so nur, wenn der Zahlungsrückstand auf die Massnahmen des Bundes zurück zu führen ist.
Wann ein Zahlungsrückstand trotz des umfangreichen Hilfspakets des Bundes als auf die Massnahmen des Bundes zurück zu führen ist, und wer dafür im Streitfall beweispflichtig ist, ist unklar. Wir raten den Mietern daher an, sich nicht darauf zu verlassen, dass diese Fristverlängerung für sie im Ernstfall gilt. Sofern Mieter und Vermieter keine abweichenden Vereinbarungen getroffen haben, muss der Mieter den Mietzins weiterhin vertragsgemäss (in der Regel monatlich oder quartalsweise im Voraus) bezahlen.
Die aktuellen Betriebsschliessungen können sowohl für die Mieter als auch für die Vermieter von existentieller Bedeutung sein. Die rechtliche Beurteilung der aktuellen Lage durch die Mieter- und Vermietervertreter ist diametral entgegengesetzt und führt zu grosser Unsicherheit.
Hier finden Sie die Antwort auf die fünf wichtigsten Fragen zu COVID-19 und Miete:
Ein Mangel liegt dann vor, wenn der wirkliche Zustand des Mietobjektes vom vertragsgemäss geschuldeten Zustand negativ abweicht, oder wenn der Mieter im vertragsgemässen Gebrauch der Mietsache gestört ist. Liegt ein Mangel vor, kann der Mietzins verhältnismässig herabgesetzt werden.
Müssen auf Veranlassung des Bundesrates Veranstaltungen abgesagt und ganze Betriebe geschlossen werden, fällt der eigentliche Grund für die Miete solcher Räumlichkeiten in der Regel weg. Das Mietobjekt kann vom Mieter nicht mehr zweckgemäss verwendet werden.
Für Vermietervertreter sind derartige Betriebseinschränkungen ein Teil des Unternehmerrisikos des Mieters, das keinen Mangel darstellt und damit nicht zur Herabsetzung des Mietzinses berechtigt. Die Vermieter argumentieren, dass das Mietobjekt weiterhin tadellos sei und daher kein Mangel an der Mietsache vorliege. Die Betriebseinschränkungen seien nicht objektbezogen und die Betriebsbewilligung fällt so oder so nicht in die Leistungspflicht des Vermieters. Zudem hätten die Vermieter ebenfalls erhebliche Kosten (Unterhalt, Hypotheken, etc.), die sie weiterhin tragen müssen.
Im Gegensatz dazu machen die Mietervertreter geltend, dass mit dem vom Bundesrat verordneten Betriebsverbot ein (rechtlicher) Mangel an der Mietsache bestehe, der eine Herabsetzung des Mietzinses zu 100% rechtfertigen würde. Der Vermieter könne den vertraglich vereinbarten Zweck der Miete, beispielsweise den Betrieb eines Restaurants oder eines Ladengeschäfts, nicht mehr erfüllen. Die Mietervertreter fordern für den "Lock Down" eine vollumfängliche Herabsetzung des Mietzinses.
Auf der einen Seite leuchtet es ein, dass der eigentliche Zweck des Mietverhältnisses ganz wegfällt und daher ein (rechtlicher) Mangel vorliegt. Andererseits trifft es auch zu, dass die Mietsache selber keinen Mangel aufweist. Zudem kann der Vermieter die Mietsache kurzfristig nicht anders vermieten, er trägt weiterhin seine laufenden Kosten und der Mieter bleibt auch während des Lock Downs in den Räumlichkeiten drin. Des Weiteren kann der Mieter allenfalls Teile des Mietobjekts auch während des Lock Downs als Lager oder Büros nutzen.
Da es keine Gerichtsurteile zu vergleichbaren Fällen gibt, ist es schwierig abzuschätzen, wie einstweilen eine Schlichtungsstelle oder ein Gericht über das Vorliegen eines Mangels aufgrund der angeordneten Schliessungen entscheiden wird. Sowohl die Mieter als auch die Vermieter haben jedenfalls einige Argumente auf ihrer Seite. Das Beste ist darum, eine vernünftige Verhandlungslösung zu suchen.
Ein Mieter kann eine Mietzinsreduktion gegenüber Vermieter jederzeit geltend machen. Er muss dafür gegenüber dem Vermieter zeitnah eine (schriftliche) Mängelrüge erheben und die (vorübergehende) Herabsetzung des Mietzinses verlangen. Dabei muss er darlegen, dass ein Mangel an der Mietsache besteht. Der Vermieter muss zwingend so rasch als möglich über den behaupteten Mangel in Kenntnis gesetzt werden (selbst, wenn der Mieter diesen selber als offensichtlich betrachtet), da erst ab dem Zeitpunkt der Mitteilung an den Vermieter überhaupt eine Reduktion der Miete in Frage kommt.
Lehnt der Vermieter das Gesuch um Mietzinsreduktion ab, kann der Mieter an die Mieterschlichtungsstelle gelangen.
Ob und wie weit eine mögliche Mietzinsreduktion konkret gehen könnte, ist naturgemäss umstritten. Wirtschaftlich wäre daher unter den gegebenen Umständen eine Vergleichslösung – je nach konkretem Einzelfall – irgendwo zwischen den beiden Extrempositionen vertretbar.
Der allgemeine Grundsatz, dass Verträge eingehalten werden müssen (pacta sunt servanda), gilt natürlich auch im Bereich des Mietrechts.
Wenn jedoch eine nachträgliche Veränderung in den Umständen, die weder voraussehbar noch vermeidbar war, zu einem groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung geführt hat, kann der Richter den Vertrag nach dem Grundsatz "clausula rebus sic stantibus" anpassen. Er kann entweder eine Leistung erhöhen oder die andere Leistung herabsetzen. Da ein Mietvertrag in der Regel keine vertraglichen Regelungen für die aktuellen Umstände beinhaltet, liegt wohl eine Lücke vor, die je nach Einzelfall vom Richter geschlossen werden muss.
Aber aufgepasst: Eine einseitige Vertragsanpassung ist auf jeden Fall nicht möglich. Allerdings kann der Mieter den Vermieter aufgrund der stark veränderten Umstände auffordern die Höhe der Gegenleistung – sprich den Mietzins - für die Dauer des Lock Downs anzupassen. Finden die Parteien keine einvernehmliche Lösung, könnte die Frage der Vertragsanpassung dem Richter vorgelegt werden.
Die Forderung über die Reduktion des Mietzinses aufgrund der Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung, sowie ein mögliches Verhandlungsangebot, kann in ein und demselben Schreiben wie die Mängelrüge und das Gesuch um Herabsetzung des Mietzinses vorgebracht werden.
Ein Mieter von Geschäftsräumlichkeiten kann mit einer Frist von sechs Monaten aus wichtigem Grund kündigen, wenn so gravierende Umstände vorliegen, dass dem Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Die vom Bundesrat angeordnete Betriebsschliessung dauert aktuell bis am 19. April 2020. Sie ist daher (noch) befristet und wohl noch nicht derart langfristig, als dass sie eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen würden. Sollten die Massnahmen des Bundesrates jedoch verlängert werden, wäre es denkbar, dass die Situation für gewisse Mieter als unzumutbar und daher als Grundlage für eine Kündigung aus wichtigem Grund erachtet würde.
Die finanziellen Folgen werden in diesem Fall vom Richter festgelegt.
Die beiden Hauptleistungspflichten des Mietvertrages, Überlassung zum Gebrauch gegen Mietzinszahlung, sind weiterhin möglich. Ein Grossteil der Geschäftsmietverträge wird langfristig und für eine befristete Dauer (in der Regel für fünf oder zehn Jahre) abgeschlossen. Unklar ist daher, ob die vorübergehende (rechtliche) Unmöglichkeit zum Gebrauch für einen bestimmten Zweck zur nachträglichen, objektiven Unmöglichkeit des gesamten (langfristigen) Mietvertrages führt. Dies ist zurzeit wohl eher noch zu verneinen.
Die Rechtsfolgen einer Unmöglichkeit wären jedenfalls gravierend, denn das Mietverhältnis würde per sofort – und automatisch – beendet, womit der Mieter per sofort das Mietobjekt räumen müsste.
Wir raten beiden Parteien ganz allgemein zur Vorsicht, in den Verhandlungen die "Unmöglichkeit" als Argument für eine Mietzinsreduktion heranzuziehen. Die Rechtsfolge der Unmöglichkeit ist nicht eine Mietzinsreduktion, sondern die sofortige Beendigung des Mietvertrages, was im Allgemeinen kaum gewollt ist.
Der Bundesrat führte am Dienstag 24. März 2020 einen "Runden Tisch" mit den Interessenvertretern im Mietbereich durch und setzte eine Task Force ein. Er verzichtete jedoch vorderhand darauf, notrechtliche Massnahmen im Mietrecht zu ergreifen, womit die aktuellen mietrechtlichen Fragen anhand der oben beschriebenen allgemein geltenden Grundsätze beurteilt werden müssen. Da wir uns zurzeit in einer Ausnahmesituation befinden, kann für die obenstehende Analyse kaum auf gefestigte Lehrmeinungen und Gerichtsurteile abgestellt werden.
Unter diesen Umständen raten wir den Mietern und Vermietern miteinander das Gespräch zu suchen und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Ein langwieriger Rechtsstreit wäre in der aktuellen Lage für beide Seite umso belastender.
Bei einer Verhandlungslösung könnten neben einer Mietzinsherabsetzung auch Mietzinsstundungen, längere Zahlungsfristen und mögliche Überbrückungskredite des Bundes in die Lösung einbezogen werden.
Bei Versicherungsschutz ist eine einvernehmliche Lösung mit der Versicherung abzustimmen, da der Versicherungsnehmer in der Regel zur Schadensminderung (und damit auch zur vollständigen Geldendmachung allfälliger Mängelrechte) verpflichtet ist. Wie weiter vorzugehen ist, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Bei Fragen oder für eine vertiefte Beratung stehen Ihnen Ihre normalen Ansprechpartner bei VISCHER sowie die Mitglieder des Immobilienteams von VISCHER gerne zur Verfügung.
Autor: Moritz Jäggy
Advokat
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