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Kategorien: Banken- und Finanzmarktrecht, Medien und Unterhaltung, Blog
Am 30. November 2018 hat der Bundesrat die angepasste Bankenverordnung mit den langersehnten Ausführungsbestimmungen zur neuen FinTech-Lizenz publiziert. Die Regeln zur neuen Bewilligungskategorie werden auf den 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Ist die Umsetzung damit gelungen? Hat die FinTech-Lizenz das Potential, Innovationen zu beflügeln, oder ist ein weiterer Papiertiger entstanden?
Unternehmen, die sich ausserhalb der Kerntätigkeit von Banken bewegen, können ab dem 1. Januar 2019 unter bestimmten erleichterten Voraussetzungen eine Bewilligung erhalten, um gewerbsmässig Publikumseinlagen bis zu maximal 100 Millionen Franken entgegenzunehmen (FinTech-Lizenz). Diese Massnahme ist Teil der Bestimmungen zur Innovationsförderung, welche das Parlament am 15. Juni 2018 in das Bankengesetz aufgenommen hat. Bereits per 1. August 2017 in Kraft getreten sind die Verlängerung der Haltefrist für Abwicklungskonten und der bewilligungsfreie Innovationsraum (Sandbox).
Weiterführende Hinweise zur FinTech-Lizenz enthält auch unser Blog Post vom 19. Juli 2017.
Der Bundesrat hat nun klargestellt, welche Bewilligungsvoraussetzungen an den Erhalt der FinTech-Lizenz nach dem neuen Art. 1b des Bankengesetzes geknüpft sind. In der Bankenverordnung wird konkretisiert, von welchen Pflichten die Inhaber einer FinTech-Lizenz befreit werden. Alle übrigen Gesetze, die aufgrund ihrer Tätigkeit zur Anwendung gelangen (insbesondere betreffend Geldwäscherei und Datenschutz), gelten aber auch für sie.
Die Erleichterungen umfassen im Wesentlichen folgenden Punkte:
Das Mindestkapital von Personen nach Art. 1b des Bankengesetzes beträgt 3% der entgegengenommenen Publikumseinlagen, jedoch mindestens 300'000 Franken. Die Verwendung dieses Mindestkapitals unterliegt Beschränkungen. So darf es z.B. nicht in Beteiligungen investiert werden, die von nahestehenden Personen beherrscht werden.
Neben dem Ausschluss der Einlagensicherung finden auch die Bestimmungen der Eigenmittel- und der Liquiditätsverordnung keine Anwendung. Die Einlagen unterliegen aber einem Anlage- und Verzinsungsgebot. Dies bedeutet, dass sie bis zur Rückzahlung oder zur bestimmungsgemässen Weiterleitung auf eine Art gehalten werden müssen, die Risiken für Kunden weitgehend ausschliesst. Die Vermögenswerte müssen entweder getrennt von den eigenen Mitteln verwahrt oder so in den Büchern erfasst werden, dass sie jederzeit separat von den eigenen Mitteln ausgewiesen werden können. Die blosse buchhalterische Trennung bedingt jedoch die Durchführung einer ordentlichen Revision.
Eine analoge Deckung der entgegengenommenen Publikumseinlagen mit Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wäre ebenfalls möglich, würde aber voraussetzen, dass Inhaber einer FinTech-Lizenz über ein Girokonto bei der SNB sowie über eine Zulassung zum Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing (SIC) verfügen. Die Entscheidung dieser Frage wurde vom Bundesrat ausdrücklich offengelassen und wird in der Kompetenz der SNB liegen.
Analog zu den Bestimmungen für Banken müssen auch Inhaber einer FinTech-Lizenz mit einer Compliance-Funktion ausgestattet sein. Der Umfang und die konkrete Ausgestaltung hängt aber im Wesentlichen vom konkreten Einzelfall ab. Zudem müssen die für Compliance und Risikomanagement zuständigen Stellen vom ertragsorientierten Kerngeschäft unabhängig sein. Von dieser Auflage kann die FINMA bei Geschäftsmodellen mit geringem Bruttoertrag (d.h. unter 1.5 Mio. Franken) und geringen Risiken Erleichterungen gewähren.
Weiter wurden die organisatorischen Anforderungen konkretisiert. Eine FinTech-Lizenz erlangen können lediglich Kapitalgesellschaften mit Sitz und tatsächlicher Verwaltung in der Schweiz. Ihre Oberleitungsorgane müssen mindestens drei Mitglieder umfassen, von welchen mindestens ein Drittel unabhängig von der Geschäftsleitung sein muss. Von diesen organisatorischen Vorgaben kann die FINMA in besonderen Situation von Startups im FinTech-Bereich abweichen.
Schliesslich wurde die FinTech-Lizenz mit besonderen Informationspflichten verknüpft. Inhaber einer FinTech-Lizenz müssen ihre Kunden in verständlicher Sprache über die mit ihrem Geschäftsmodell verbundenen Risiken informieren. Auch das Nichtbestehen der Einlagensicherung muss den Kunden mitgeteilt werden. Die Informationen müssen schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zugänglich gemacht werden. Ein schlichter Hinweis in den AGBs genügt diesen Anforderungen nicht.
Auch wenn der Bundesrat dem Innovationsgeist gerade durch das strenge Anlage- und Verzinsungsgebot gewisse Grenzen gesetzt hat, besteht mit der FinTech-Lizenz doch eine spannende, neue Option für innovative Geschäftsmodelle. Ob sie FinTech-Unternehmen wie erhofft Flügel verleihen kann, wird sich zeigen. Dies wird auch davon abhängen, wie die FINMA die neuen Bestimmungen anwendet. Diese wurde bereits aktiv und hat eine Wegleitung zur Beantragung der FinTech-Lizenz veröffentlicht. Der Ball liegt nun bei den interessierten Marktteilnehmern: die FinTech-Lizenz steht ab dem 1. Januar 2019 bereit zum Praxistest.
Bei Fragen und für weiterführende Hinweise steht das Finanzmarktrechtsteam gerne zur Verfügung.
Autorin: Jana Essebier
Rechtsanwältin
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