VISCHER ist eine Schweizer Anwaltskanzlei, die sich der rechtlichen Lösung von Geschäfts-, Steuer- und Regulierungsfragen widmet.
SWISS LAW AND TAX
Dienstleistungen
Immaterialgüterrecht
Life Sciences, Pharma, Biotechnologie
Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit
Lernen Sie unser Team kennen
Unser Know-how, unsere Expertise und unsere Publikationen
Alle anzeigen
Events
Blog
Wir entwickeln nicht nur juristische Lösungen für unsere Klientinnen und Klienten, wir entwickeln auch neue Formate dafür.
VISCHER Legal Innovation Lab
Red Dragon
Karriere
Kategorien: Immaterialgüterrecht, Medien und Unterhaltung, Blog
Das Vereinigte Königreich (UK) ist seit 1. Februar 2020 nicht mehr Teil der Europäischen Union (EU). Da sich UK und die EU knapp vor Ende der Übergangsfrist noch über ein Handels- und Kooperationsabkommen einigen konnten, trat der teils gefürchtete "No-Deal-Brexit" nicht ein. Trotzdem gelten auch für Marken der EU im Vereinigten Königreich neue Regeln. Wir haben bereits vor dem Brexit die wichtigsten Informationen zu EU-Marken zusammengestellt. Jetzt, nach dem vollständigen Brexit, zeigen wir, welcher Handlungsbedarf für Markeninhaber besteht.
Markenregistrierungen, die Schutz für die EU insgesamt beanspruchen (sogenannte Unionsmarken, kurz EUTM) beziehen sich neu zwar nicht mehr auf UK. Das UK-Markenamt hat per 1. Januar 2021 für die am 31. Dezember 2020 registrierten Unionsmarken jedoch eine nationale "Kopie" im UK-Markenregister erfasst als sogenannte "comparable UK trademark". Dieser Vorgang erfolgte ohne Gesuch und für den Markeninhaber gebührenfrei. Das UK-Markenamt informiert darüber nicht. Falls Sie nicht sicher sind, ob Ihre Unionsmarke einen solchen UK-Zwilling erhalten hat, prüfen Sie dies zeitnah unter https://www.gov.uk/search-for-trademark.
Keine automatische Übernahme erfolgte für hängige Gesuche in der EU. Für die per 1. Januar 2021 noch hängigen Unionsmarkenanmeldungen kann und muss eine separate UK-Marke beantragt werden. Das entsprechende Gesuch muss bis am 30. September 2021 gestellt werden (vgl. unseren früheren Beitrag) – in gewissen Fällen sogar früher. Ein solches Gesuch muss die Details der Unionsmarkenanmeldung übernehmen. Der Gesuchsteller kann sein Gesuch aber einschränken und z.B. für die UK-Marke nur einen Teil der in der EU beanspruchten Waren oder Dienstleistungen anmelden. Der Vorteil gegenüber einer Neuanmeldung ist die Übernahme des für die Unionsmarkenanmeldung relevanten Anmeldedatums. Es fallen jedoch nationalen Gebühren für die UK-Registrierung an. Prüfen Sie, ob Sie über hängige Anmeldungen für eine Unionsmarke verfügen und falls ja, ob Sie die Marke teilweise oder vollständige für das Vereinigte Königreich schützen lassen möchten. Bereiten Sie das Gesuch so rasch als möglich vor.
Eingetragene UK-Marken bzw. deren Anmeldungen sind vom Brexit unberührt und gelten unverändert weiter (vgl. unseren Beitrag). Prüfen Sie bei dieser Gelegenheit trotzdem den Status Ihrer UK-Markenanmeldung bzw. -registrierung.
Für die neue UK-Marke regelt das UK-Markenrecht die Gebühren und Fristen. Für die zehnjährige Laufzeit übernimmt das UK-Markenamt das EU-Schutzablaufdatum. Normalerweise sendet das UK-Markenamt den Inhabern nationaler Registrierungen sechs Monate vor Ablauf ein Erinnerungsschreiben zur anstehenden Verlängerung. Für diejenigen Marken, deren Ablaufdatum in die Zeit zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2021 fällt, wird das Amt dies nicht bewerkstelligen können. Daher stellt das UK-Markenamt dem Inhaber in solchen Fällen eine sechsmonatige Nachfrist zur Verlängerung der Marke ohne die sonst üblichen Zusatzgebühren. Prüfen Sie die Ablauffristen Ihrer UK-Marken und entscheiden Sie zeitnah über die 2021 anstehenden Verlängerungen.
Falls der Inhaber einer registrierten Unionsmarke keine UK-Kopie wünscht, muss er sich gegen die Umwandlung wehren mittels "Opt-out" (vgl. unseren Beitrag). Das Opt-out ist mit einem gewissen Aufwand verbunden. Mindestens drei Monate vor entsprechendem Gesuch muss interessierten Dritten das geplante Opt-out mitgeteilt oder deren Zustimmung eingeholt werden. Die Voraussetzung gilt nur für registrierte Drittinteressen, z.B. Verpfändungen oder Lizenzen. Das Opt-out selbst ist ebenfalls zeitnah vorzubereiten, da diese Möglichkeit mit Übertragung oder Lizenzierung der Marke sowie im Falle von anhängig gemachten Verfahren entfällt. Falls Sie auf die UK-Marke verzichten möchten, prüfen Sie, ob es registrierte Drittinteressen gibt und bereiten Sie zeitnah den Antrag auf Opt-out vor.
Belege zum Markengebrauch im Vereinigten Königreich nach dem Ende der Übergangsphase, können die Unionsmarke nicht mehr gegen Angriffe wegen angeblichen Nichtgebrauchs schützen. Für den Erhalt der Markenrechte an der UK-Marke akzeptiert das Vereinigte Königreich Gebrauchsnachweise aus der EU für die Zeit vor dem 1. Januar 2021. Für die Zeit danach ist die Benutzung der Marke in der EU oder sonst wo ausserhalb des Vereinigten Königreichs nun grundsätzlich nicht mehr relevant für die UK-Marke. Sammeln Sie Belege für den separaten Gebrauch Ihrer Marken in der EU und im Vereinigten Königreich.
Für hängige Verfahren oder wirksame behördliche oder gerichtliche Anordnungen stellen sich Zuständigkeitsprobleme zwischen den Ämtern und Gerichten der EU und des Vereinigten Königreiches. Prüfen Sie, ob Ihre Marke in der EU oder in UK Gegenstand laufender Verfahren oder gültiger Anordnungen ist.
Vertragliche Bezugnahmen auf die EU bzw. Unionsmarken decken, vom Wortlaut her, das Vereinigte Königreich und dessen nationale Marken nicht zwingend mit ab. Je nach Formulierung und Auslegung sind Anpassungen ratsam. Prüfen Sie Ihre Verträge auf Bezugspunkte zur EU und dem Vereinigten Königreich.
Registrierungen in UK für bestehende Lizenzen an Unionsmarken sind innerhalb von zwölf Monaten möglich. Die Registrierung für die neue UK-Marke kann Vorteile bringen. Prüfen Sie, ob es bestehende Lizenzen an Unionsmarken gibt, die nun auch für die neue UK-Marke gelten sollen und zu registrieren sind.
Bei Parallelimporten von Markenartikeln, die im Vereinigten Königreich vom Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung vermarktet werden, gelten diese in der EU und dem EWR nicht mehr als erschöpft (sogenannte "regionale Erschöpfung"). Ein Export aus dem Vereinigten Königreich in den EWR bedarf daher der Zustimmung des Markeninhabers. Da die Schweiz für die internationale Erschöpfung von Markenrechten nicht an die Zugehörigkeit zur EU oder zum EWR anknüpft, ändert sich im Verhältnis Schweiz-UK nichts. Prüfen Sie, ob für einen Export von Markenartikeln aus dem Vereinigten Königreich in die EU bzw. den EWR die notwendigen Zustimmungen und Vereinbarungen vorliegen.
Vorläufig behandelt UK Parallelimporte von Markenartikeln aus dem EWR weiterhin als erschöpft. Anpassungen insbesondere zum Thema Erschöpfung sind seitens des Vereinigten Königreichs zur Vernehmlassung in 2021 angekündigt.
Wir beraten Sie gerne bei Ihrer rechtlichen Markenstrategie und den Massnahmen zum Markenschutz in der Schweiz und im Ausland. Kontaktieren Sie unser Immaterialgüterrechtsteam für Unterstützung zum Schutz Ihrer Marken.
Autorin: Delia Fehr-Bosshard