
Das Vereinigte Königreich (UK) ist am 31. Januar 2020 aus der EU ausgetreten. Am 31. Dezember ist auch die zwischen dem UK und der EU vereinbarte Übergangsperiode ausgelaufen, während der die EU das UK weiterhin wie einen EU-Staat behandelt hat und die zwischen der Schweiz und der EU vereinbarten bilateralen Verträge auch auf das UK anwendbar geblieben sind. Ab dem 1. Januar 2021 gelten die Nachfolgeregelungen, darunter insbesondere mehrere neue schweizerisch-britische Abkommen, sofern diese bereits fertigverhandelt sind; andernfalls gelten die Abkommen, die vor der EU zwischen der Schweiz und UK bestanden haben. In Bezug auf Steuern und Sozialversicherungen ist ab dem Jahreswechsel nun insbesondere Folgendes zu beachten.
Steuern
Das zwischen der Schweiz und dem UK bestehende DBA gilt weiterhin. Trotz des Alters dieses DBA ist es für Steuerpflichtige grundsätzlich vorteilhaft. Es gewährt unter anderem die verrechnungssteuerfreie Ausschüttung von Dividenden an eine im UK ansässige Gesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar mindestens 10 % am Gesellschaftskapital der dividendenzahlenden Gesellschaft hält. Zudem bietet es bei Doppelbesteuerungskonflikten zwischen der Schweiz und dem UK Zugang zu einem Verständigungsverfahren. Können sich die beiden Staaten nicht einigen, kann ausserdem ein Schiedsverfahren initiiert werden, in welchem sich die Staaten einigen müssen. Kommt ein Schiedsverfahren zur Anwendung, wird eine Doppelbesteuerung vermieden.
Der automatische Informationsaustausch (AIA) sowie der Informationsaustausch auf Ersuchen zwischen dem UK und der Schweiz findet weiterhin statt. Basis des Informationsaustauschs auf Ersuchen ist das multilaterale Übereinkommen des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, welches beide Staaten unterschrieben haben. Der AIA wird seit dem 1. Januar 2021 gestützt auf die Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA) weitergeführt.
Sozialversicherungen
Ab dem 1. Januar 2021 sind das Freizügigkeitsabkommen (FZA) und damit die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009, welche die Unterstellung im Bereich Sozialversicherungen regeln, im Verhältnis zwischen der Schweiz und UK nicht mehr anwendbar.
Um die Rechte, die unter dem FZA erworben wurden, auch ab dem 1. Januar 2021 weiterhin zu gewährleisten, hat die Schweiz mit UK das "Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommen" abgeschlossen. Dieses Abkommen sowie der ergänzende Beschluss des gemischten Ausschusses EU-Schweiz schützt die bis am 31. Dezember 2020 unter dem FZA erworbenen Rechte von Schweizer-, UK- und EU-Staatsangehörigen. Für diese Personen ändert sich nichts, solange sie in einer grenzüberschreitenden Situation bleiben, das heisst solange aufgrund der Staatsangehörigkeit, der Tätigkeit oder des Wohnsitzes ein Bezug zu beiden Staaten besteht.
Für alle anderen Personengruppen, welche neu in eine internationale Situation mit der Schweiz und UK kommen, gilt ab dem 1. Januar 2021 jedoch bis auf weiteres das bilaterale Sozialversicherungsabkommen von 1968 für eine voraussichtlich kurze Übergangsperiode, bis die zukünftigen Regelungen in Kraft treten werden. Dieses Abkommen sieht im Gegensatz zu den unter dem FZA geltenden Verordnungen keine Unterstellung unter das Sozialversicherungssystem ausschliesslich eines einzigen Staates vor. Grundsätzlich ist nach diesem Abkommen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit jeweils in dem Staat zu versichern, in welchem es erarbeitet wurde (Arbeitsortsprinzip). Es ermöglicht aber trotzdem, dass Arbeitnehmende, welche von Unternehmen in den anderen Staat entsendet werden, während eines Zeitraums von mindestens 24 Monaten weiterhin dem Sozialversicherungssystem des Entsendestaates unterstellt bleiben. Somit kann der Versicherungsschutz auch bei Entsendungen von Arbeitnehmenden, deren Einsatz ab dem 1. Januar 2021 beginnt, sichergestellt werden.
Fazit
Der Brexit führt in Bezug auf die Steuern und auch für Schweizer-, UK- und EU-Staatsangehörige, welche sich bereits vor dem 1. Januar 2021 in einer grenzüberschreitenden Situation befanden zu keinen wesentlichen Änderungen. Für alle anderen Personengruppen, welche neu in eine internationale Situation mit der Schweiz und UK kommen gilt ab dem 1. Januar 2021 jedoch bis auf weiteres das bilaterale Sozialversicherungsabkommen von 1968. Es ist vorgesehen, dass die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem UK durch neue Koordinierungsvorschriften raschmöglichst geregelt werden. Diese neuen Bestimmungen werden derzeit aber noch verhandelt. Unternehmen mit Arbeitnehmenden, welche sowohl in der Schweiz als auch in UK tätig sind, empfehlen wir, sich über die Entwicklungen und neue Abkommen zwischen der Schweiz und dem UK auf dem Laufenden zu halten.
Autor: Adrian Briner