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Kategorie: Steuern
Laut Gesetzesentwurf sollen gewisse Trusts neu wie Stiftungen besteuert werden. Damit drohen Doppelbelastungen, wie ein aktueller BGer zeigt.
Zuwendungen an eine Stiftung durch einen in der Schweiz ansässigen Stifter unterliegen im Regelfall der Erbschafts- oder Schenkungssteuer, je nachdem ob die Zuwendung zu Lebzeiten als Schenkung oder durch letztwillige Verfügung auf den Tod hin als Vermächtnis erfolgt. Anwendbar ist in der Regel der höchste Tarif für Nicht-Verwandte. Keine Steuerfolgen haben hingegen grundsätzlich Zuwendungen an steuerlich transparente Stiftungen, da das übertragene Vermögen steuerlich weiterhin dem Stifter zugerechnet wird. Eine Stiftung wird steuerlich transparent behandelt, wenn keine endgültige Vermögensentäusserung stattfindet, da der Stifter weiterhin über die Vermögenswerte der Stiftung verfügen kann. Man spricht in diesem Fall von einer kontrollierten Stiftung. Dogmatisch wird die steuerlich transparente Behandlung mit der Rechtsfigur des Durchgriffs begründet, die im Privat- und Steuerrecht Anwendung findet, wenn sich eine natürliche Person rechtsmissbräuchlich der Abschirmwirkung einer juristischen Person bedient.
Leistungen einer Stiftung unterliegen beim Begünstigten, wenn es sich bei diesem um eine natürliche Person mit Wohnsitz in der Schweiz handelt, in der Regel der Einkommenssteuer. Abweichend unterliegen Leistungen einer kontrollierten Stiftung aufgrund ihrer transparenten Behandlung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer und zwar konsequenterweise zum für das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Stifter und Begünstigtem massgeblichen Tarif.
Gewinn und Reinvermögen der Stiftung unterliegen der Gewinn- respektive Kapitalsteuer. Bei der Gewinnsteuer gilt für Stiftungen ein ermässigter Tarif, ausserdem werden Zuwendungen in das Stiftungsvermögen nicht zum steuerbaren Gewinn gerechnet.
Eine Erblasserin hat zu Lebzeiten eine von ihr im Fürstentum Liechtenstein errichtete Anstalt, die für Schweizer Steuerzwecke wie eine Stiftung behandelt wird, als alleinige Begünstigte ihres Nachlasses eingesetzt und sich selbst mit Beistatut als alleinige Begünstigte der Anstalt zu Lebzeiten mit einer Nachfolgeregelung für den Fall ihres Ablebens bezeichnet. Die Nachfolgeregelung sieht Leistungen von insgesamt CHF 1'000'000 in zehn jährlichen Tranchen an einen Begünstigten in der Schweiz vor. Die Anstalt wurde zu Lebzeiten der Erblasserin wie eine kontrollierte Stiftung steuerlich transparent behandelt. Die nach dem Ableben der Erblasserin von der Anstalt ausgerichteten Leistungen wurden von der zuständigen Veranlagungsbehörde dem steuerbaren Einkommen des Begünstigten aufgerechnet und in Anwendung der Einkommensgeneralklausel mit der Einkommenssteuer erfasst.
Der Begünstigte vermochte vor Bundesgericht [1] mit seinem Begehren, die Leistungen der Anstalt seien als steuerfreie Zuflüsse, konkret als Vermächtnis oder Schenkung, zu qualifizieren, nicht durchzudringen, da es diesen nach Auffassung des Gerichts an Freiwilligkeit bzw. am Schenkungswillen seitens der Anstalt gefehlt hat. Auch seinem Eventualbegehren, die Einsetzung als "Secondary Beneficiary" stelle eine lebzeitige Schenkungsanweisung bzw. lebzeitig arrangierte Zuwendung der Erblasserin auf den Todesfall dar, oder es sei eine Querschenkung der Erblasserin durch die Anstalt anzunehmen, wobei im Umfang seines Anspruchs gegen die Anstalt diese als steuerlich transparent zu betrachten sei, folgte das Gericht nicht, da es zwischen Erblasserin und Begünstigtem weder eine rechtliche Beziehung noch eine direkte Zuwendung gegeben hat. Eine Zurechnung der Leistung der Anstalt an die Erblasserin lehnte das Bundesgericht ab. Das Steuerrecht gehe wie das Privatrecht von der rechtlichen Selbständigkeit juristischer Personen aus. Diese werde nur ausnahmsweise durchbrochen. Die Rechtsfigur des Durchgriffs basiere auf dem Rechtsmissbrauchsverbot und erlaube es, durch den Schleier einer juristischen Person hindurchzugreifen, wenn sich die Berufung auf deren rechtliche Selbständigkeit durch die dahinter stehende natürliche Person als rechtsmissbräuchlich erweist. Dem Steuerpflichtigen sei es allerdings verwehrt, sich von sich aus zu seinen eigenen Gunsten auf den Durchgriff zu berufen. Wer sich einer juristischen Person bedient, müsse sich deren Selbstständigkeit bzw. Abschirmwirkung entgegenhalten lassen.
Dass im Ergebnis die durch letztwillige Verfügung der Erblasserin angeordnete Zuwendung an die Anstalt zum Maximaltarif mit der Erbschaftssteuer und anschliessend die Leistung der Anstalt an den Begünstigten vollumfänglich mit der Einkommenssteuer erfasst wird, erscheint stossend, ist aber steuersystematisch richtig. Die Benutzung von juristischen Personen kann zu Doppelbelastungen führen. Da es sich aber nicht um verpönte Doppelbesteuerungen, verstanden als die mehrfache Besteuerung des gleichen Substrats bei demselben Subjekt mit gleichartigen Steuern, handelt, sind diese hinzunehmen. Offen gelassen hat das Gericht, wie die Steuerfolgen ausgefallen wären, wenn die Zuwendung an die Anstalt zu Lebzeiten als Schenkungen erfolgt wäre. Da die Anstalt zu Lebzeiten der Erblasserin wie eine kontrollierte Stiftung behandelt wurde, hätte die Zuwendung zu Lebzeiten richtigerweise keine Schenkungssteuerfolgen gehabt. Fraglich ist indes, ob in diesem Fall bei Ableben der Erblasserin Erbschaftssteuern erhoben worden wären, da die Anstalt spätestens dann nicht mehr als kontrollierte Anstalt bzw. Stiftung qualifiziert hat.
Mit der geplanten Einführung des Rechtsinstituts des Trusts ins Obligationenrecht – die Vernehmlassung des Vorentwurfs wurde am 30. April 2022 abgeschlossen – soll erstmals auch die Besteuerung des Trusts gesetzlich normiert werden. Bislang erfolgte die Besteuerung von Trusts anhand der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen. Zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis hatte die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) bereits am 22. August 2007 das Kreisschreiben Nr. 30 (KS-SSK Nr. 30) publiziert, das auch von der Eidgenössischen Steuerverwaltung übernommen wurde. Das KS-SSK Nr. 30 unterscheidet drei Arten von Trusts:
Bei Errichtung eines Revocable Trusts fehlt es an einer definitiven Vermögensentäusserung, weshalb das auf den Trust übertragene Vermögen weiterhin dem Settlor zugerechnet wird. Beim Irrevocable Fixed Interest Trust ist die Vermögensentäusserung definitiv und auch die Begünstigten stehen bereits fest. Daher wird das auf den Trust übertragene Vermögen den Begünstigten zugerechnet. Beim Irrevocable Discretionary Trust ist die Vermögensentäusserung zwar ebenfalls definitiv, aber die Begünstigten stehen noch nicht fest. Diese Variante des Trusts bereitet in Bezug auf die steuerliche Behandlung am meisten Schwierigkeiten. Schon das Leistungsfähigkeitsprinzip gebietet, dass das auf einen Irrevocable Discretionary Trust übertragene Vermögen nicht mehr dem Settlor zugerechnet wird. Es kann aber auch nicht den Begünstigten zugerechnet werden, da diese noch nicht feststehen. Die geltende Verwaltungspraxis sieht vor, dass das auf einen Irrevocable Discretionary Trust übertragene Vermögen überhaupt nicht der laufenden Besteuerung unterliegt, allerdings nur, wenn der Settlor bei Errichtung des Trusts seinen Wohnsitz im Ausland hat. Hat der Settlor bei Errichtung des Trusts Wohnsitz in der Schweiz, wird das Vermögen systemwidrig weiterhin dem Settlor zugerechnet.
Die nun gemäss Vorentwurf geplante gesetzliche Normierung sieht bei der steuerlichen Behandlung des Revocable Trusts und des Irrevocable Fixed Interest Trusts keine materiellen Änderungen vor. Beim Irrevocable Discretionary Trust soll hingegen die bisherige Unterscheidung danach, ob der Settlor bei Errichtung im Ausland oder im Inland wohnhaft ist, aufgehoben werden. Ausserdem soll der Irrevocable Discretionary Trust neu als Steuersubjekt qualifizieren und wie eine Stiftung besteuert werden, sofern der Settlor oder mindestens ein Begünstigter Wohnsitz in der Schweiz haben. Die Aufhebung der rein fiskalisch motivierten Unterscheidung der steuerlichen Behandlung des Irrevocable Discretionary Trusts je nachdem, wo der Settlor im Zeitpunkt der Errichtung seinen Wohnsitz hat, ist zweifellos richtig. Allerdings würde die neue Regelung den Schweizer Trust steuerlich unattraktiv machen, weil auch bei ausländischem Wohnsitz des Settlors im Zeitpunkt der Errichtung das Trustvermögen und das Trusteinkommen in der Schweiz besteuert würden und Ausschüttungen des Irrevocable Discretionary Trusts stets, das heisst auch bei der Ausschüttung von eingelegter Substanz, der Einkommenssteuer unterliegen würden. Bei diesen Steuerfolgen käme ein Irrevocable Discretionary Trust immer dann von vornherein nicht in Frage, wenn ein Begünstigter in der Schweiz wohnhaft ist, da zunächst die Übertragung auf den Trust und hernach die Ausschüttung beim Begünstigten besteuert würde, mithin eine Doppelbelastung wie im dem erwähnten Bundesgerichtsentscheid zugrundenliegenden Fall resultieren würde. Angesichts der Problematik der Doppelbelastungen bei Vermögensstrukturierungen mit Stiftungen täte man gut daran, den Vorteil des Trusts, dass es sich bei diesem nicht um eine juristische Person und mithin nicht um ein eigenständiges Steuersubjekt handelt, nicht durch eine steuerliche Gleichsetzung mit der Stiftung aufzugeben.
Es ist kaum damit zu rechnen, dass die gesetzliche Normierung gemäss Vorentwurf umgesetzt wird. Eher wird wohl auf eine gesetzliche Normierung gänzlich verzichtet und die bestehende Verwaltungspraxis weitergeführt. Übergangsrechtlich sieht der Vorentwurf übrigens vor, dass für bereits bestehende Trusts die bisherige Regelung weiterhin anwendbar ist (Grandfathering), ausser es werden den Trusts nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung zusätzliche Vermögenswerte zugewendet.
Das VISCHER-Team berät Sie gerne umfassend bei Vermögensstrukturierungen und Nachlassplanungen.
[1] Bundesgerichtsentscheid vom 9. Mai 2022 (2C_799/2021)
dipl. Steuerexperte
Rohner, Tobias / Fisch, Patrik, Emissionsabgabe bei Sanierungen, in: zsis) 2/2024, A9, S. 40 - 54.
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