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Kategorien: Arbeitsrecht, Blog
Seit dem 27. April 2020 erlaubt der Bundesrat unter Auflagen die Wiedereröffnung diverser zuvor geschlossener Geschäfte. Nach Abschwächung der ersten Welle an COVID-19 Erkrankungen in der Schweiz soll und muss eine schrittweise Rückkehr zur Normalität erfolgen – auch am Arbeitsplatz. Arbeitgeber sind gefordert, ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden mit betrieblichen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Viele öffentlich zugängige Betriebe wurden vom Bundesrat zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie geschlossen. So z.B. Restaurants, Bars, Diskotheken, Märkte, Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe. Einige zuvor geschlossene Geschäfte (z.B. Bau- und Gartenmärkte, Coiffeursalons, Selbstbedienungseinrichtungen) dürfen seit dem 27. April 2020 wieder ihre Tore öffnen, sofern sie durch Schutzkonzepte gewährleisten, dass das Übertragungsrisiko für Kunden und Arbeitnehmende minimiert wird. Standard-Schutzkonzepte sind online abrufbar.
An erster Stelle steht die Sicherheit der Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber muss im Rahmen seiner Fürsorgepflicht alle zumutbaren, angemessenen Massnahmen ergreifen, um seine Mitarbeitenden vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz zu schützen. Dabei hat immer eine Interessenabwägung im Einzelfall zu erfolgen.
Gemäss Bundesamt für Gesundheit ("BAG") sind folgende Grundprinzipien zur Verhütung von Übertragungen von COVID-19 zu beachten:
Das BAG hat detaillierte Empfehlungen für die Arbeitswelt herausgegeben.
Die grundsätzliche Reihenfolge der verhältnismässigen Schutzmassnahmen solle sich gemäss BAG nach dem STOP-Prinzip richten:
S. Substitution (z.B. Home Office); T. Technische Massnahmen (z.B. Plexiglaswände, getrennte Arbeitsplätze); O. Organisatorische Massnahmen (z.B. getrennte Teams, Schichten); P. Persönliche Schutzmassnahmen (z.B. Hygienemasken, Handschuhe).
Behördliche Empfehlungen und rechtliche Verpflichtungen der Arbeitgeber sind zu unterscheiden. Verpflichtet sind die Arbeitgeber grundsätzlich nur zu verhältnismässigen Schutzmassnahmen, soweit keine besonderen Regelungen gelten. Obwohl beispielsweise Home-Office wo immer möglich empfohlen wird, besteht keine generelle Pflicht dazu. Hygienemasken werden nur dort empfohlen und müssen nur dort getragen werden, wo ein naher Kontakt zu Kunden oder Mitarbeitenden nicht vermieden werden kann. So z.B. bei Coiffeur- oder Gesundheitsbetrieben.
Als durch COVID-19 besonders gefährdete Personen gelten solche ab 65 Jahren, oder mit gewissen Formen von chronischen Erkrankungen betreffend die Atemwege, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf, Krebs oder Immunschwäche.
Besonders gefährdeten Personen ist zwingend zu ermöglichen, ihre Arbeit im Home-Office zu verrichten. Ist dies nicht möglich, weist der Arbeitgeber ihnen eine gleichwertige Ersatzarbeit zu, die von zu Hause aus erledigt werden kann.
Nur wenn ihre Präsenz vor Ort unabdingbar ist, dürfen besonders gefährdete Personen in ihrer angestammten Tätigkeit im Betrieb beschäftigt werden. Dazu muss entweder der enge Kontakt mit anderen Personen ausgeschlossen sein (klar abgegrenzter Arbeitsbereich mit 2 Meter Mindestabstand). Ist dies nicht möglich, müssen angemessene Schutzmassnahmen nach dem STOP-Prinzip ergriffen werden.
Werden die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt, können Arbeitnehmende die Arbeit verweigern. Ebenso, wenn sie trotz erfüllter Voraussetzungen die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus aus besonderen Gründen als zu hoch für sich erachten. Hier ist primär an psychische Erkrankungen zu denken (z.B. Angststörungen).
Der Arbeitgeber kann betreffend besondere Gefährdung oder besondere Gründe ein Arztzeugnis verlangen.
Arbeitnehmende müssen Weisungen ihrer Arbeitgeber betreffend Schutzmassnahmen einhalten, soweit zumutbar. Im Widerhandlungsfall drohen verhältnismässige Disziplinarmassnahmen bis hin zur Kündigung.
Umgekehrt können Arbeitnehmende die Arbeit unter Umständen verweigern, wenn ihr Arbeitgeber es trotz Aufforderung pflichtwidrig unterlässt, verhältnismässige Schutzmassnahmen zu ergreifen.
Jede Verarbeitung von Mitarbeiterdaten durch den Arbeitgeber muss die Eignungsabklärung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sein (sog. Arbeitsplatzbezug). Zudem müssen die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (z.B. Transparenz, Verhältnismässigkeit) eingehalten werden.
Unseres Erachtens besteht schon aufgrund der gesetzlichen Treuepflicht eine Meldepflicht der Mitarbeitenden über COVID-19 Symptome oder Fälle in ihrem nahen Umfeld. Der Arbeitgeber hat ein überwiegendes Interesse, von solchen Fällen zu erfahren, um die betroffenen Mitarbeitenden isolieren zu können (z.B. Home-Office). Eine solche Meldung sollte abgesehen von den betroffenen Mitarbeitenden soweit möglich auf anonymer Basis (ohne Angabe von Personendaten Dritter) ermöglicht werden.
Hingegen dürfte die vom Arbeitgeber vorgeschriebene Installation von COVID-19-Tracking-Apps (welche Kontakte zu anderen Personen speichern), einen zu weitgehenden Eingriff darstellen.
Bei Fragen zum Thema steht Ihnen unser Arbeitsrechtsteam jederzeit gerne zur Verfügung.
Autoren: Marc Ph. Prinz, Gian Geel
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