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6. Juni 2018 Ambush Marketing: Werbung im Umfeld von Grossveranstaltungen

Werbung darf sich in der Schweiz grundsätzlich auf Grossanlässe beziehen, auch wenn der beworbene Anbieter weder Veranstalter noch Sponsor ist. Werbetreibende müssen bei dieser Bezugnahme aber einige Spielregeln beachten.

Ambush Marketing als Spielstrategie
"Ambush Marketing" (eigentlich "hinterhältige Werbung" mit Synonymen wie "Schmarotzerwerbung" oder "Trittbrettfahrer-Marketing) bezeichnet Werbeaktivitäten, welche die mediale Aufmerksamkeit einer fremden Grossveranstaltung, z.B. einer Fussballweltmeisterschaft, für das eigene Angebot nutzbar machen, wobei der Werbetreibende keinerlei rechtliche Verbindung zur Veranstaltung hat. Werbung mit einer übermässigen Bezugnahme und Imagetransfer durch Dritte kann die Exklusivitätswirkung von Sponsoren-Engagements beeinträchtigen und die Einnahmen für Veranstalter schmälern. Veranstalter, Teilnehmende, Sponsoren und andere Vertragspartner der Organisatoren können darum ein berechtigtes Interesse daran haben, Dritte von der Werbung im Umfeld der Veranstaltung auszuschliessen. Gleichzeitig darf die Bekanntheit eines Grossanlasses nicht zu einer überschiessenden Monopolisierung führen, welche Dritte in ihrem Marketing unverhältnismässig beeinträchtigt.

Spielregel Nr. 1: Verwendung fremder Kennzeichen nur mit Lizenz oder zur Information
Kennzeichen im Zusammenhang mit einem Anlass können durch das Markenrecht z.B. in der Form von Wörtern, Bildern oder Kombinationen davon geschützt sein (z.B. "FIFA", "WORLD CUP", Titel von Veranstaltungen, Abbildungen von Maskottchen). Die Schutzwirkung von (Wort-)Marken mit Hinweis auf einen Veranstaltungsort bzw. Zeitpunkt ist allerdings umstritten (z.B. "Russia 2018"). Der Markeninhaber kann Dritten die Verwendung identischer oder ähnlicher Zeichen für gleichartige Waren und Dienstleistungen untersagen, sofern sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Dritte dürfen fremde Marken aber verwenden, um über das eigene Angebot zu informieren (z.B. für zutreffende Vergleiche, Hinweise auf kompatible Systeme etc.). Oft verwenden Dritte jedoch nicht direkt die eingetragenen Marken, sondern beziehen sich subtiler auf das Grossereignis.

Das Firmenrecht kann ebenfalls einen gewissen Schutz für Veranstalter mit gleichlautender Firma und Veranstaltung bieten. Domainregistrierungen bieten einen faktischen Schutz vor kollidierenden Internetauftritten Dritter.

Spielregel Nr. 2: Verwendung fremder Werke nur mit Lizenz
Urheberrechtlich geschützt sind geistige Schöpfung der Literatur oder Kunst, welche einen individuellen Charakter aufweisen, z.B. der FIFA WM Pokal, Maskottchen, Filmaufnahmen, offizielle Titelsongs von Veranstaltungen, Logos, in der Regel nicht jedoch Titel). Das Public Viewing bedingt eine Lizenz, die in der Schweiz der kollektiven Verwertung unterliegt.  

Spielregel Nr. 3: Keine Irreführung über Sponsoring oder andere Beziehungen
Sich in der eigenen Werbung auf einen Grossanlass zu beziehen und damit dessen erhöhte Aufmerksamkeit zu nutzen, ist nicht an sich unlauter. Das Schweizer Lauterkeitsrecht untersagt insbesondere unrichtige, irreführende oder täuschende Werbeaussagen. Unlauter sind auch Marketingmassnahmen, die zu Verwechslungen mit dem Angebot oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen führen können. Nicht erlaubt sind z.B. Aussagen, durch die der Werbetreibende vorgibt, es bestehe eine geschäftliche Beziehung (z.B. eine Sponsoring- oder Lieferbeziehung) zum Anlass bzw. Veranstalter. Wer z.B. nach einem Sportsieg in der Werbung eine Sponsoring- oder andere nahe Verbindung zur Siegerin suggeriert, kann deren Persönlichkeitsrechte verletzen. Die Abgrenzung ist unscharf. Massgebend ist der Gesamteindruck, den die Werbung beim Publikum hinterlässt.  

Spielregel Nr. 4: Berücksichtigung vertraglicher Vorgaben des Veranstalters
Vertraglich können die Veranstalter gegenüber ihren Sponsoren und andere Partnern (z.B. Service- und Verpflegungsdienstleister) Regeln aufstellen, inklusive Konventionalstrafen zur Absicherung. Auch Vereinbarungen für Ticketkäufe und Nutzungsbedingungen für Stadions verpflichten die Besucher (z.B. mittels Verbot von fremden Werbemitteln im Stadion). Diese Vorschriften haben aber nur gegenüber den Vertragspartnern (z.B. Besuchern und Lieferanten) direkte Wirkung.

Mittels Konzession können Veranstalter öffentlichen Grund vorübergehend exklusiv zur Sondernutzung erhalten. Damit können Veranstalter auch Dritte räumlich z.B. von der stadionnahen Werbung ausschliessen. Die gleiche Wirkung erzielt auch der Aufkauf von Werbeflächen im geografischen und zeitlichen Umfeld des Anlasses.

Platzverweis und Spielverlust bei Regelverstoss
Überschreitet die Werbung das zulässige Mass der Bezugnahme, können die berechtigten Veranstalter und Sponsoren insbesondere (gerichtliche) Verbote und Schadenersatzforderungen (z.B. entgangener Gewinn) erwirken. Da Grossanlässe zeitlich begrenzt sind, wollen Veranstalter unzulässige Werbung rasch beseitigen. Dazu bieten sich superprovisorische Massnahmen (ohne Anhörung der Gegenseite) oder vorsorgliche Massnahmen (mit kurzfristiger Möglichkeit zur Stellungnahme) durch ein Zivilgericht an. Auch strafrechtliche Sanktionen (z.B. Bussen, Einziehung und Vernichtung aber auch Freiheitsstrafen) sind je nach Verstoss möglich. Gegen unlautere werbliche Kommunikation kann auch die Selbstregulierungsbehörde der Kommunikationsbranche, die Schweizerische Lauterkeitskommission, auf Beschwerde Dritter hin zwar keine verbindlichen Urteile fällen, ihre Empfehlungen jedoch veröffentlichen – in gewissen Fällen auch unter Namensnennung.

Weltmeisterliche Werbung setzt auf eigene Werte
Zulässige und Werbung im Umfeld von Grossereignissen bedient sich zurückhaltend der geschützten Kennzeichen und urheberrechtlichen Werke Dritter, versucht keine Verbindung zu den Veranstaltern oder Sponsoren zu suggerieren, wo keine besteht, hat eine Werbeaussage, die nicht allein von der Bezugnahme auf den fremden Anlass lebt, fokussiert auf die eigene Leistung und ist für die eigene Profilierung nicht abhängig vom Grossanlass und den Leistungen der Veranstalter und Sponsoren.

Autorin: Delia Fehr-Bosshard