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18. März 2025 Änderung Art. 209 Abs. 4 ZPO: "ich bin dann mal weg"!

Update Letter Nr. 163

Arrestprosequierung Art. 209 Abs. 4 ZPO: "ich bin dann mal weg"

18. März 2025

Art. 209 aZPO (bis 31. Dezember 2024) regelte die Klagebewilligung im Zivilprozess. Diese berechtigte nach Eröffnung während dreier Monate zur Einreichung der Klage beim Gericht. Vorbehalten waren Streitigkeiten aus Miete und Pacht (Klagefrist: 30 Tage) sowie besondere gesetzliche und gerichtliche Klagefristen (Art. 209 Abs. 4 aZPO). Als gesetzliche Klagefrist galt gemäss Bundesgericht die Frist für die Einreichung der Arrestprosequierungsklage (BGE 140 III 561 = Pra 2015 Nr. 65). Demgemäss musste diese nach Erhalt der Klagebewilligung innert 10 Tagen (und nicht innert 3 Monaten) dem Gericht eingereicht werden. 

Ab 1. Januar 2025 gilt Folgendes

1.    
Mit der Änderung der ZPO per 1. Januar 2025 wurde der Vorbehalt "gesetzliche und gerichtliche" Klagefristen gestrichen. Bei den "gerichtlichen" Klagefristen macht dies Sinn, weil Art. 198 lit. h ZPO bei derartigen Klagefristen gar kein Schlichtungsverfahren vorsieht. 

2.    
Gemäss Botschaft zur Änderung der ZPO vom 26. Februar 2020, S. 2757 f., gehen "gesetzliche Klagefristen", z.B. die Arrestprosequierungsfrist, der 3-Monatefrist von Art. 209 ZPO vor - so wie bisher. Daran sollte offenbar nichts geändert werden. Konsultiert man dagegen die Protokolle des Nationalrates, heisst es gegenteilig: Il n’y aura plus de délais plus courts pour introduire au fond, après l’échec de la conciliation, même pour l’action en validation du séquestre selon l’article 279 LP (Es wird nach dem Scheitern der Schlichtung keine kürzeren Fristen für die Klage in der Hauptsache mehr geben, auch nicht für die Arrestprosequierungsklage nach Artikel 279 SchKG; vgl. BSK ZPO-Infanger, Art. 209 N 24).

3.    
Was gilt, wenn ein Gesetzestext, der gemäss Botschaft (weiterhin) gelten soll, im Gesetz gestrichen wird? In der Botschaft fehlt z.B. eine Erklärung, wonach Art. 209 Abs. 4 ZPO gar keine Gesetzesgrundlage darstellt und daher gestrichen werden kann, weil darin nur der Vorbehalt angebracht wird, dass an einem anderen Ort (Art. 279 Abs. 1 SchKG) bereits eine Gesetzesgrundlage besteht. In jedem Fall dürfte bei einer gerichtlichen Auslegung dieser Klausel dereinst nicht auf einen klaren Willen des Gesetzgebers abgestellt werden können.

4.    
Um der Vorsicht Genüge zu tun, empfiehlt es sich daher wie bis anhin, bei Arrestprosequierungen im ordentlichen Verfahren nach Erhalt einer Klagebewilligung die begründete Klage innert 10 Tagen einzureichen.

5.    
Bei der Arrestprosequierung durch Schiedsverfahren besteht eine ähnliche Problematik. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes muss der Arrestgläubiger innert 10 Tagen alle Vorkehrungen zur Ernennung der Schiedsrichter treffen und nach Konstituierung des Schiedsgerichtes - unabhängig von der Regelung in der Schiedsordnung - die begründete Klage einreichen (BGE 143 III 578 = Pra 2018 Nr. 119). arrestpraxis.ch update 105

6.    
Diese Rechtsprechung zur Arrestprosequierung durch Schiedsverfahren und durch ordentliche Klagen nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens wird von der Lehre mit überzeugenden Argumenten und zu Recht kritisiert (Mladen Stojiljković, Arrestprosequierung mittels Schiedsklage, ZZZ 2020 S. 21 ff.). 

Weitere Gesetzesänderungen per 1.1.2025

 

Zitiervorschlag: Felix C. Meier-Dieterle, www.arrestpraxis.ch - update 163 / 18.03.2025

 

Autor: Felix C. Meier-Dieterle

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