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Kategorien: Arbeitsrecht, Blog
Der Monat Juni steht im Zeichen der LGBTIQ+-Bewegung (sog. Pride Month); mit Feiern oder auch Protestaktionen wird weltweit auf die Rechte von und andere Themen betreffend LGBTIQ+-Personen aufmerksam gemacht. Doch welche Rechte und welcher Schutz kommen LGBTIQ+-Personen gemäss Schweizer Arbeitsrecht zu? Obwohl die LGBTIQ+-Community auch in der Schweiz wächst und an Gehör gewinnt, gibt es hierzulande nur vereinzelte (arbeitsrechtliche) Gesetzesbestimmungen, die direkt den Schutz von LGBTIQ+-Personen zum Gegenstand haben. In der Bundesverfassung findet sich zwar ein allgemeines Diskriminierungsverbot (Art. 8 BV). Inwiefern das Gleichstellungsgesetz (GlG), welches die direkte und indirekte Diskriminierung von Mitarbeitenden aufgrund ihres Geschlechtes, namentlich unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder – bei Arbeitnehmerinnen auf eine Schwangerschaft verbietet, auf LGBTIQ+-Personen Anwendung findet, ist jedoch nicht abschliessend geklärt. Die Anwendbarkeit wird von der herrschenden Lehre und den zuständigen Schlichtungsbehörden zwar bejaht. Das Bundesgericht hatte aber noch vor rund zwei Jahren entschieden, dass das Gleichstellungsgesetz nicht auch den Schutz vor direkter Diskriminierung von homosexuellen Personen umfasse (vgl. BGer 8C_594/2018). Mittlerweile gibt es zudem vereinzelte Personalgesetze und Gesamtarbeitsverträge, welche explizit eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbieten. Studien zeigen, dass insbesondere LGBTIQ+-Personen am Arbeitsplatz (dennoch) oftmals diskriminiert werden.
Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgeber einen offenen und auch proaktiven Umfang mit dem Thema LGBTIQ+ pflegen und darauf achten, dass Personen unabhängig von ihrem Geschlecht und/oder ihrer sexuellen Orientierung weder im Bewerbungsprozess noch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung diskriminiert werden.
Gemäss Art. 328 OR hat der Arbeitgeber die Persönlichkeit der Mitarbeitenden zu achten und zu schützen, auf deren Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Dies gilt nicht nur für gegenwärtige Mitarbeitende, sondern auch für Kandidaten im Bewerbungsprozess. Der Arbeitgeber muss insbesondere dafür sorgen, dass Mitarbeitende nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexueller Belästigung keine weiteren Nachteile entstehen. Nach Art. 328b OR darf der Arbeitgeber sodann Daten über (zukünftige) Mitarbeitende zudem nur bearbeiten, soweit sie deren Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind.
Gestützt auf diese Bestimmungen sind Fragen zur Geschlechtsidentität und/oder zur sexuellen Orientierung im Bewerbungsgespräch grundsätzlich nicht zulässig, ebenso wie Fragen zur familiären Situation. Stellt der (zukünftige) Arbeitgeber dennoch entsprechende Fragen, müssen diese nicht wahrheitsgemäss beantwortet werden.
Daten betreffend die sexuelle Orientierung qualifizieren zudem als besonders schützenswerte Personendaten und dürfen grundsätzlich – da sie kaum je die Eignung des Mitarbeitenden für die Stelle oder die Durchführung des Arbeitsverhältnisses betreffen – nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Mitarbeitenden erhoben und bearbeitet werden.
Während dem Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber schliesslich dafür zu sorgen, dass (LGBTIQ+-)Personen nicht aufgrund ihres Geschlechts und/oder ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt, gemobbt oder belästigt werden. Einerseits sind Arbeitgeber somit dazu verpflichtet, alle Mitarbeitenden gleich zu behandeln und gleich zu fördern (z.B. in Bezug auf Beförderungen, Entlöhnung, Aufgabenzuteilung, etc.). Dazu kann auch gehören, dass die Sensibilität der Mitarbeitenden in Bezug auf LGBTIQ+-Themen gefördert wird und der Arbeitsplatz LGBTIQ+-Mitarbeitenden angemessen Rechnung trägt (z.B. auch in Bezug auf Umkleideräume, Toiletten).
Andererseits ist der Arbeitgeber verpflichtet einzugreifen, sobald er feststellt, dass Mitarbeitenden aufgrund ihres Geschlechtes und/oder der sexuellen Orientierung benachteiligt oder ausgeschlossen werden. Kommt der Arbeitgeber diesen Verpflichtungen nicht nach, kann er nach Art. 328 OR schadenersatzpflichtig werden oder bei – einer massiven Persönlichkeitsverletzung – sogar zu einer Genugtuungszahlung verpflichtet werden. Solche Schadenersatz- und Genugtuungsprozesse sind für die betroffenen Mitarbeitenden in der Regel aber sehr aufwändig und schwierig. Aber auch gestützt Art. 5 Abs. 3 GlG kann im Falle einer Diskriminierung durch sexuelle Belästigung eine Entschädigung geltend gemacht werden. So kann ein Gericht eine Entschädigung zusprechen, wenn der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er die Massnahmen getroffen hat, die zur Verhinderung sexueller Belästigung nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind und die ihm billigerweise zugemutet werden können.
Eine Kündigung, welche der Arbeitgeber (einzig) aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts eines Mitarbeitenden ausspricht, qualifiziert zudem als missbräuchlich (Art. 336 Abs. 1 lit. a OR/Art. 5 Abs. 2 GlG). In diesem Fall hat der betreffende Mitarbeitende, soweit er während der Kündigungsfrist Einsprache gegen die Kündigung erhebt, einen Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen. Die entsprechende Klage muss innert 180 Tage nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der zuständigen Schlichtungsbehörde eingereicht werden. Die Höhe der (allfälligen) Entschädigung wird vom Gericht sodann unter Würdigung der gesamten Umstände festgesetzt.
Auch im Schweizer Arbeitsrecht gibt es somit Bestimmungen, welche (auch) den Schutz von LGBTIQ+-Personen zum Gegenstand haben. Es ist jedoch wichtig, dass Arbeitgeber diese nicht nur beachten, sondern darüber hinaus mit dem Thema LGBTIQ+ – zeitgemäss – einen offenen Umgang pflegen und betreffenden Mitarbeitenden gebührenden Schutz gewähren.
Unser Arbeitsrechtsteam steht Ihnen bei Fragen zu diesem Thema gerne zur Verfügung.
Autoren: Marc Ph. Prinz, Jeannine Dehmelt
Rechtsanwalt
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